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SHAOLIN – EINE FAUST DIE TÖTET: Unterhaltsamer Kung-Fu-Quickie mit Krimiplot

Man kennt das ja: Da lässt man sich von einem maskierten Mann als Auftragskiller anheuern, und dann stellt sich heraus, dass der Bursche, den man abends erledigt, der eigene Bruder war. Da muss man eigentlich aufpassen, wem man anschließend Rache schwört, bevor man grob wird. Lung Chun San, der Held des sportlichen Dramas SHAOLIN – EINE FAUST DIE TÖTET, kommt aber nicht ins Grübeln: Er will sich an der Goldenen Maske rächen, jenem mysteriösen Auftraggeber, der eine Komplettübersicht über all seine Feinde als großes Brett mit runden Spielsteinen pflegt. Als Lung zum Hauptquartier des Schurken zurückkehrt, sind da aber schon alle Wachen tot – sie stehen zwar noch in der Gegend herum, fallen aber dann, vermutlich vom Windhauch angestupst, der Reihe nach um.

Die Suche nach der Goldenen Maske gestaltet sich schwierig, aber immerhin bietet jeder Ort, an dem Lung auftaucht, einen neuen Hinweis und Gelegenheit, sich mit anderen Menschen zu prügeln. Irgendwann ist Lung (Chi Kuan-Chun, der früher bei Chang Cheh unter Vertrag stand) in eine hochkomplexe Intrige zwischen verschiedenen Parteien verstrickt – darunter ein mysteriöser Fremder, der stets dort auftaucht, wo auch Lung hingeht (Wang Kuan-Hsiung), ein zwielichtiger Geschäftsmann, eine Prostituierte, ein Bürgermeister und seine Tochter (Lung Chun-Erh, DUELL DER GIGANTEN), ein alter Meister und ein Fürst mit seinem kränklichen Sohnemann (Tung Wai, hier auch Kampfchoreograph, ebenso wie später z.B. bei John Woos CITY WOLF alias A BETTER TOMORROW). Wer beim Titel SHAOLIN – EINE FAUST DIE TÖTET mit einer großen Anzahl an Mönchen rechnet, liegt daneben – aber immerhin einen gibt es, der mit Lung zur Begrüßung ein paar Fausthiebe wechselt. Überhaupt wird lieber gekämpft als geredet, was auch daran liegen könnte, dass Lung eher schweigsamer Natur ist, niemanden freundlich grüßt und Fragen nicht mal dann beantwortet, wenn er einer Straftat bezichtigt wird – so barsch, wie der Mann überall auftritt, könnte man glatt meinen, er sei eigentlich aus Wien.

Der gebrechliche Fürst und sein ebenso kränklicher Sohn (Tung Wai, auch Kampfchoreograph).

THE GOLDEN MASK (so der englische Titel – alternativ und Wu-Tang-tauglich auch GOLDEN KILLAH) stammt von dem taiwanesischen Regisseur Ting Chung, der als Regieassistent für Joseph Kuo arbeitete und dann in den Siebzigern selber eine ganze Reihe an munteren Klopperfilmen inszenierte. Er hält das Spektakel mit Energie am Laufen und wirft auch immer wieder nette Überraschungen in das Geschehen – ob das die umfallenden Wachen sind oder der heitere Endkampf gegen die Goldene Maske, die mit diversen Doubles und fliegenden Guillotinen antritt. Spaß macht auch der Plot, der ein bisschen zu verzwackt ist, um ihn ständig ganz zu durchblicken, aber stets für Bewegung und Wendungen sorgt – und wenn der Film im letzten Drittel dann plötzlich zum Krimi wird, weil sich die Protagonisten im Palast verschanzt haben und herauszufinden versuchen, wer von ihnen die Goldene Maske sein könnte, dann ist man involvierter, als man anfangs bei dem schnell heruntergedrehten Martial-Arts-Streifen gedacht hätte.

 

Shaolin – Eine Faust die tötet (Taiwan/Hong Kong 1977)
Englischer Titel: The Golden Mask
Alternativtitel: Golden Killah
Regie: Ting Chung
Buch: „Wai Shing“ (= Wei Hsin)
Produktion: Ting Shu Chuan
Darsteller: Chea Kwin Chwn (= Chi Kuan-Chun), Lung Chun Ern (= Lung Chun-Erh), Wang Kwn Shong (= Wang Kuan-Hsiung), Tung Wai

Die Screenshots stammen von der DVD von MIB (C) N.M.D. – ESP. Die DVD, die einzeln oder als Teil des 3-Film-Sets „Eastern Collection“ erhältlich ist, ist um eine geschlagene Viertelstunde geschnitten. Das bei TVP erschienene BluRay-Mediabook ist ungeschnitten.

Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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