In Filmen kann man allerlei lernen. Man lernt etwas über menschliche Erfahrungen, man lernt etwas über vergangene Zeiten und zeitlose Fragestellungen, man lernt etwas über das Filmemachen und über das Leben.
Bei dem Film SIZZLE BEACH, U.S.A. habe ich gelernt, dass ich etwas übrig habe für leichtbekleideten Frauen an altmodischen Telefonapparaten.
Diese zwei Damen machen zwei Drittel des Trios aus, das uns durch den Film leitet – die Blonde heißt Cheryl Reilly (Roselyn Royce) und will Sportlehrerin werden, ihre dunkelhaarige Freundin heißt Janice Johnston (Terry Congie) und strebt eine Karriere als Singer/Songwriterin an. Die Dritte im Bunde ist leider telefonscheu, weswegen wir uns jetzt erstmal auf ein namenloses Fräulein konzentrieren müssen, das so schön telefoniert, dass es dem Film sogar mehrere Einstellungen wert ist:
Die Dame ist eine Liebschaft von Steve, in dessen Haus unsere Ladies unterkommen. Und weil Steve sehr umgänglich ist, kennt er auch noch eine attraktive Frau mit Fernsprechanlage namens Candi:
Und später ruft er dann nochmal bei der asiatischen Schönheit an, obwohl er ihr in der obigen Szene eigentlich erklärt hat, dass er sie aufgrund einer neuen Liebelei nicht mehr treffen kann.
Nebenbei wirft SIZZLE BEACH, U.S.A. bei mir auch die Frage auf, ob ich eventuell auch etwas übrig habe für leichtbekleidete Frauen an altmodischen Stereoanlagen, aber nachdem es nur eine entsprechende Szene gibt, muss das wohl ein anderes Mal geklärt werden.
Worum es in SIZZLE BEACH geht? Danke der Nachfrage! Der Film dreht sich um die Freundinnen Cheryl (oben schon kennengelernt), Janice (dito) und Dit McCoy, die nach Kalifornien kommen, um dort ihre Ambitionen zu verfolgen. Dit (die eine Schauspielkarriere anstrebt) und Cheryl lernen in einem Diner Janice kennen und quartieren sich dann alle beim erwähnten Steve ein – Dits Cousin. Und dann leben sie alle in den Tag hinein, mit und ohne Telefon.
Bekannt wurde der Streifen vor allem deswegen, weil der junge Kevin Costner in einer Nebenrolle auftaucht – es war sein erster Film – und die kleine Produktion dann von der Firma Troma 1986 auf Video veröffentlicht wurde, nachdem Costner mit SILVERADO und FANDANGO Aufmerksamkeit erhalten hatte. Gedreht wurde der Low-Budget-Film Ende der Siebziger über den Zeitraum von ungefähr einem Jahr an den Wochenenden (die IMDB datiert den Dreh auf 1974, was ein wenig gar früh erscheint, und ein Jimmy-Carter-Bild auf dem Schreibtisch eines Schuldirektors passt doch eher zu den Spätsiebzigern). Ursprünglich hieß er MALIBU SUMMER, veröffentlicht wurde er dann als MALIBU HOT SUMMER – bis eben die Videofassung mit großem Costner-Porträt auf dem Cover und dem jetzigen Titel daherkam. Produzent Eric Louzil berichtet, Costner habe versucht, die Rechte am Film zu kaufen, um ihn verschwinden zu lassen, aber die lagen dann schon bei Troma, die den Streifen nicht herausrücken wollten (auch die New Yorker Daily News schrieben 1993 darüber: HIER). Die Costner-Biographie KEVIN COSTNER – DER LETZTE AMERIKANISCHE HELD von Nick Young ordnet den Film eher kurz in seinen Lebenslauf ein: „Die Erfahrung verunsicherte Kevin Costner, und zumindest idealisierte er das Filmgeschäft nicht mehr so, wie er es in manchen Träumen getan hatte. «Die fingen an, die winzigsten Gemeinsamkeiten festzulegen, um noch weniger daraus zu machen», erinnert er sich fast etwas traurig, «sie hatten nicht den geringsten Erfindergeist. Das war der Moment, in dem ich mich entschloß, mich immer nur nach den Besten zu orientieren. […]»„. Es sei an dieser Stelle nicht verschwiegen, dass Costner dann noch einen zweiten Film mit Louzil und dem Team drehte: den Slasher SHADOWS RUN BLACK.
Costner spielt in SIZZLE BEACH, U.S.A. einen jungen Reitlehrer, zu dessen Ranch Schauspielanwärterin Dit geht, und zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte Liebesgeschichte, die dann auch zu einer entsprechenden Liebesszene führt. Überhaupt – die Bilder mögen es schon zart angedeutet haben – spielt die Liebe durchaus eine Rolle in SIZZLE BEACH, und weil der Seventies-Film im sonnigen Kalifornien spielt, ist das mit der Kleidung auch eine recht optional gehaltene Angelegenheit. Ein wirklicher Softsex-Film ist es aber nicht, ebensowenig wie eine Strandklamotte à la BEACH GIRLS: Es gibt fürs Auge zwar durch die Bank Erfreuliches zu sehen, aber dazwischen beschäftigt sich der Streifen auch sehr ausführlich mit dem Alltag der drei Heldinnen. Cheryl beispielsweise lernt am Strand einen netten Mann kennen, der ihr dann aber viel zu früh einen Heiratsantrag macht; Janice sehen wir immer wieder mit leisen Folknummern im Aufnahmestudio und später auch bei einem Musikwettbewerb.
Sympathisch ist dabei vor allem, wie wenig sich der Film (der zwar einen Drehbuchautor gelistet hat – Craig Kusaba – aber von dem Produzent Louzil im Audiokommentar meint, dass sie sich einfach an jedem Wochenende spontan überlegt haben, was sie denn jetzt filmen könnten) um Drama oder Handlung oder überhaupt große Aufregung bemüht. Die Handlung räkelt sich wohlig und müde in der kalifornischen Sonne und macht überhaupt keine Anstalten, irgendwohin zu wollen; selbst beim Wettbewerbsfinale ist es fast witzig, wie gechillt da das Publikum langsamen Gitarrenliedern lauscht – die zwischendurch auch immer wieder relaxt über den Soundtrack spülen.
Ein paar komödiantische Elemente gibt es auch, die den gutmütigen Charakter dieser Wir-filmen-einfach-mal-was-Produktion noch verstärken. Da gibt es eine klassische Szene, wo sich Steve und Janice nachts daran machen müssen, die Rohre an der Spüle zu reparieren – und die an der Tür lauschende Dit glaubt dabei, dass es in dem Gespräch um etwas ganz anderes geht. Dit macht außerdem merkwürdige Erfahrungen im Schauspielstudium (ihre Lösung, eine Banane darzustellen, die sich selbst schält, gefällt der Lehrerin nicht) und beim Vorsprechen bei einer Agentur (deren Chef Ufo-Paranoiker ist). Putzig ist auch ein extrem kleinwüchsiger Herr (Peter Risch) mit großer Corvette, hinter der er beim Aussteigen völlig verschwindet.
Schön auch eine Szene auf einer Party, wo eine ebenso hoffnungsfrohe wie unbekleidete junge Schauspielerin keinesfalls etwas dagegen hat, dass da ein rundlicher Herr ins Zimmer schaut, sobald sie in Erfahrung bringt, dass er Agent ist – und der Mann bemüht sich dann auch wirklich vorbildlich um sie („I really admire your determination!„). Die gar nicht scheue Lady wird übrigens von einer Sylvia Wright gespielt, die als „Jennifer Wright“ auch in ein paar expliziteren Filmen zu sehen war (BAD GIRLS). Und wo wir gerade bei den Schmuddel-Querverbindungen sind: Jennifer Stewart, die als Steves „oriental girlfriend“ (siehe oben) so hübsch den Hörer hält, hat unter Namen wie „Mei Ling“, „Jasmine“ und „Jennifer Wong“ auch diverse Loops mit Seka und Hardcore-Streifen wie CISSY oder GROUPIES GALORE gedreht.
Produzent Eric Louzil arbeitete dann mehrfach für Troma und inszenierte für die Firma u.a. heiter-geschmacklose Reißer wie UNSCHULDIG GEFANGEN und FORTRESS OF AMERIKKKA sowie die herrlich durchgeknallten Sequels WAHNSINNS-TRIP – CLASS OF NUKE ‚EM HIGH 2 und CLASS OF NUKE ‚EM HIGH 3 – ZWEI VERSTRAHLTE HALUNKEN. Auf dem Audiokommentar zu SIZZLE BEACH paßt er sich der Geschwindigkeit des Films an, erzählt in dösigem Tonfall die eine oder andere Anekdote, scherzt, dass sie den Film auch SILICONE SUMMER hätten nennen können, und resümmiert schon recht früh beinahe enthusiastisch: „The girls always kinda looked okay.“ Über die Telefone redet er leider nicht.
Sizzle Beach – Heißer Strand – USA (USA 1981)
Originaltitel: Sizzle Beach, U.S.A.
Alternativtitel: Malibu Summer / Malibu Hot Summer
Regie: Richard Brander
Buch: Craig Kusaba
Kamera: John Sprung
Produktion: Eric Louzil
Darsteller: Terry Congie, Lesley Brander, Roselyn Royce, Robert Acey, Kevin Costner, Larry Degraw, James Pascucci, Peter Risch, Victoria Taft, Sylvia Wright, Jennifer Stewart
Die Screenshots stammen von der DVD (C) 2002 One World Entertainment/Troma.