Wenn Models irgendwohin reisen, sind Panik und Grauen ja meist nicht fern. Das liegt nicht etwa an vergeblich erhofften Photographien, die Heidi Klum dann doch nicht verteilt. Vielmehr gehören Fotomodelle zumindest im Film zur gefährdeten Spezies: Hübsche Frauen zählen nun mal zu den beliebtesten Horror-Opfern. Fahren die Damen nach Alaska, wartet dort ein mutierter Eisbär. Wenn sie nach Südamerika reisen, treffen sie wie in AMAZONAS – GEFANGEN IN DER HÖLLE DES DSCHUNGELS auf Kannibalen. Und wenn wie in DIE MUMIE DES PHARAO Ägypten auf dem Flugticket steht, steht mal eben eine alte Mumie aus ihrem Grab auf und knabbert zusammen mit seinen untoten Wächtern an den liebreizenden Frauen.
Wenn ich ein alter Pharao wäre und die letzten 4981 Jahre (der Film ist aus dem Jahre 1981, die Beisetzung des ägyptischen Herrschers wird im Vorspann auf exakt 3000 v.Chr. datiert) in meinem Sarkophag herumgelegen wäre, würde ich mich ja durchaus über Besuch freuen. Ein wenig Gesellschaft hebt die Stimmung, und wenn dann auch noch gleich ein paar ansehnliche junge Mädels durch die Gruft hüpfen, dürften die Lebensgeister doch gleich umso schneller geweckt werden.
Pharao Sefirama ist nicht gar so erfreut über den plötzlichen Trubel von Egypt’s Next Topmodel. Vielleicht würde er ein wenig gute Konversation dem hektischen Blitzlichtgewitter der schönen Frauen und ihres diktatorischen Photographen vorziehen. Vielleicht ist er enttäuscht, dass die Mannequins leider nicht für eine anregende Publikation wie das Penthouse knipsen, sondern offenbar eher für etwas Seriöseres – Cosmopolitan vielleicht, oder die Bravo. Aber vielleicht liegt es auch an dem Fluch, der noch vor dem Vorspann ausgesprochen wird: Ein jeder, der das Grab entweiht, soll unendliche und grausame Qualen erleiden. Weil 3000 v.Chr. die Amigos noch nicht auf Tour waren, erfolgt die Strafe auf altmodische Art und Weise: Die zombieartigen Lakaien von Sefirama verspeisen Arme, Beine und Gedärme der Übeltäter.
Es dauert ein wenig, bis sich Sefirama erhebt. Zunächst werden einigen dahergelaufenen Grabräubern von giftigen Dämpfen die Gesichter verätzt. Dann schaut sich der Pharao das Photoshooting eine ganze Zeitlang an und saftelt im Scheinwerferlicht nur ein wenig vor sich hin. Als er sich nach viertausendneunhunderteinundachtzigjährigem Schlaf schließlich doch aufrichtet, erheben sich seine untoten Freunde im malerischen Sonnenuntergang aus dem Wüstensand.
Zunächst richten die altägyptischen Wiederkehrer ihre Rache nur gegen Einzelpersonen – zum Beispiel begrüßt Sefirama einen blonden Grabräuber namens Rick, der beim Fund des Pharao-Goldschatzes derart freudig ausflippt, dass man für kurze Zeit annimmt, er würde höllische Schmerzen erleiden. Aber schon in dieser Phase des Fluchs zeigt sich, dass Mullbinde Sefirama und seine modrigen Genossen die Pendelarbeit nicht scheuen: Obwohl sie sich nur langsam schleichend fortbewegen, tauchen sie mal in den Grabkammern, dann an der nächstgelegenen Oase oder im abgelegenen Ort auf. In letzterem schlägt Sefirama beispielsweise höchstselbst einem Kollegen von Rick ein Metzgerbeil in den Schädel und hängt den Fleischer an einem Haken zwischen den ganzen Schweinehälften auf.
Erst zum Schluss leitet der misanthrope Pharao einen Großeinsatz gegen alle Bewohner des erwähnten Dorfes. Womöglich will er sich nun nicht mehr nur für die gestörte Grabruhe rächen, sondern auch für die Tatsache, dass jeder bei seinem Anblick stets lautstark und hysterisch schreit – sowas muss ja Spuren beim Selbstwertgefühl hinterlassen. Sefiramas Auftritt lohnt sich jedenfalls: Seine Zombie-Kameraden verspachteln das halbe Dorf während einer Hochzeitsfeier – inklusive der hübschen Braut, die wie zum Hochzeitsbuffet auf dem Tisch drapiert und langsam ausgeweidet wird.
Es wäre wohl dies der geeignetste Zeitpunkt, um festzuhalten, dass DIE MUMIE DES PHARAO – im Original DAWN OF THE MUMMY, um Verwandtschaft mit DAWN OF THE DEAD zu suggerieren – ein höchst preiswertes Spektakel ist. Regisseur Frank Agrama (eigentlich Farouk Agrama), mit der britisch-deutschen KING-KONG-Parodie QUEEN KONG als Trashspezialist bekannt, drehte in seiner ägyptischen Heimat offenbar mit amerikanischem Geld und italienischer Crew – und den beinahe besten Schauspielern, die man für kein Geld kriegen kann. Die Darsteller grimassieren und kreischen, der zur Mordszene verwendete Dummy des Metzgers gibt sichtlich nach, als ihn das Hackebeil trifft, das Tempo weht meditativ mit dem Wüstensand. Dazu kommen hinten überraschend blutige Effekte (Fulci-Geselle Maurizio Trani war als Makeup-Designer an Bord) und ein hübsch pulsierender Score von POWER-RANGERS-Produzent Shuki Levy.
Es soll natürlich ebenso wenig verschwiegen werden, dass ich ein Herz für solch schöne C-Filme habe.
Die Mumie des Pharao (USA 1981)
Alternativtitel: Die Rache der Mumie
Originaltitel: Dawn of the Mummy
Regie: Frank Agrama
Buch: Daria Price, Ronald Dobrin & Frank Agrama
Kamera: Sergio Rubini
Musik: Shuki Y. Levy
Darsteller: Brenda King, Barry Sattels, George Peck, John Salvo, Ibrahim Khan, Joan Levy, Ellene Faison, Diane Beatty
Die Screenshots stammen von der DVD (C) 1999 Laser Paradise.