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HOLLYWOOD COPS: Ein ganz beiläufiger Mordfall

Hollywood Homicide (dt. Hollywood Cops)

In einem Club in Hollywood erschießen zwei Attentäter die vier Mitglieder der Rap-Formation H2OKlick während eines Auftritts. Möglicherweise könnte der Musikmogul Antoine Sartain (Isaiah Washington) etwas damit zu tun haben. Die ermittelnden Polizisten der Mordkommission haben aber eigentlich ganz andere Sorgen: Der Veteran Joe Gavilan (Harrison Ford) arbeitet nebenher als Immobilienmakler und sitzt seit geraumer Zeit auf einem teuren Objekt fest. Sein Partner, der junge K.C. Calden (Josh Hartnett), hat einen Zweitberuf als Yogalehrer – und ist sich gar nicht sicher, ob er überhaupt Polizist sein will: Er will Schauspieler werden und übt für die Hauptrolle in Tennessee Williams‘ ENDSTATION SEHNSUCHT.

Schon in seinem vorigen Film DARK BLUE – DIE FARBE DER KORRUPTION hat Regisseur und Autor Ron Shelton eine Cop-Story mit aktuellen Bezügen erzählt. Aber wo der düstere Thriller konkret den Rodney-King-Vorfall einbezog und sich um das kaputte, korrupte System des L.A.P.D. drehte, ist HOLLYWOOD COPS (im Original: HOLLYWOOD HOMICIDE) eine leichtfüßige Komödie im Hochglanzlook. Natürlich ist der Mordfall von den Hip-Hop-Konflikten der späten Neunziger inspiriert, die prominente Opfer wie Tupac Shakur und The Notorious B.I.G. forderten und in die (glaubt man der Theorie des Ermittlers Russell Poole) Plattenboß Suge Knight und ein Ex-L.A.P.D.-Cop verwickelt waren – aber der Film interessiert sich eigentlich gar nicht für seinen Polizeiplot, sondern zeichnet lieber ein amüsantes Bild einer Stadt, in der jeder Kellner eigentlich Schauspieler oder Drehbuchautor ist. „Everybody’s got another life“, erklärt Shelton in seinem Audiokommentar über Hollywood. „Nobody is quite who they seem to be, and nobody wants to be who they seem to be.“

Harrison Ford und Josh Hartnett in HOLLYWOOD COPS
Cops mit Zweitkarrieren: Joe Gavilan (Harrison Ford, l.) und K.C. Calden (Josh Hartnett).

So liegt der Charme des Films dann auch darin, wie beiläufig hier ein eigentlich sensationeller Fall abgehandelt wird, während die Protagonisten ganz andere Anliegen haben. Gavilan kommt beim Gespräch mit dem Clubbesitzer darauf, daß der ein Haus kaufen will, und verwandelt das Verhör flugs in eine Verkaufsverhandlung. Als Calden im Zuge der Ermittlungen bei einem einst legendären, aber mittlerweile nicht mehr gefragten Produzenten landet, legt er ihm schnell ein Skript und eine Einladung zu seiner Theateraufführung auf den Tisch. Während einer Verfolgungsjagd hängt Gavilan auch schon mal am Telefon, um Preisverhandlungen zu einem Immobiliendeal zu führen.

Das klingt nach bissiger, kantiger Satire, aber HOLLYWOOD COPS funktioniert nicht wie SCHNAPPT SHORTY, wo die Absurdität von Hollywood mit geschliffenem Tonfall aufs Korn genommen wurde. Sheltons Film ist quasi der recht entspannte Cousin dazu: Es ist ein liebevoller Blick, den er hier auf die Stadt wirft, und er will um sein Augenzwinkern kein großes Aufhebens machen. Beim Inspizieren des Tatorts ist das erste, das Gavilan notieren lässt, welchen Cheeseburger ihm gebracht werden soll; Yogalehrer Calden kann sich die Namen der vielen schönen jungen Frauen, mit denen er anbandelt, nie merken, aber sie nehmen es ihm auch nie übel. Daß HOLLYWOOD COPS gar nicht auf Satire abzielt, merkt man unter anderem daran, daß da zwar in einer Szene ein Prominenter (Cameo von Eric Idle!), der mit einer Prostituierten erwischt wurde, verhaftet wurde und protestiert, er habe nur Recherchen für ein Projekt betrieben – aber es werden keine Bezüge zu tatsächlichen Klatschblatt-Geschichten rund um Hugh Grant oder Eddie Murphy gezogen. Oder auch der abgehalfterte Produzent (Martin Landau!): Für den stand Robert Evans Pate, aber das merkt man nur, weil Evans ganz generell als Stellvertreter für alle einst hoch fliegenden Produzenten steht (siehe auch ENTOURAGE, wo die ähnlich geartete Figur Bob Ryan auftaucht – ebenfalls von Landau gespielt).

Hip-Hop-Mogul Antoine Sartain (Isaiah Washington).

Wahrscheinlich ist genau diese Beiläufigkeit Schuld daran, daß HOLLYWOOD COPS weit unter den Erwartungen lief: Als Buddy-Cop-Komödie kümmert er zu wenig um das Polizistendasein seiner Protagonisten, als Parodie des Genres setzt er zu wenig Spitzen, als Krimi interessieren ihn die Verwicklungen der Mordverschwörungen viel zu wenig. Der Film blickt eben mit richtig kalifornisch-sonnigem Gemüt auf seine Story und seine Figuren. Angesichts des aufmerksamkeitsheischenden Auftritts ähnlich gelagerter Filme ist das eine hochsympathische Abwechslung.



Hollywood Cops (USA 2003)
Originaltitel: Hollywood Homicide
Regie: Ron Shelton
Buch: Robert Souza & Ron Shelton
Kamera: Barry Peterson
Musik: Alex Wurman
Darsteller: Harrison Ford, Josh Hartnett, Lena Olin, Bruce Greenwood, Isaiah Washington, Lolita Davidovich, Keith David, Master P, Dwight Yoakam, Martin Landau, Eric Idle, Robert Wagner

Die Screenshots stammen von der DVD (C) 2003 Columbia TriStar Home Entertainment.

Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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