Das Vergnügen an THE DOUBLE 0 KID beginnt schon auf dem Backcover, wo sehr heiter die Werbetrommel gerührt wird: „Mit Teenie Star Corey Haim in einem seiner besten Filme und Kultblondine Brigitte Nielsen (RED SONJA)“ heißt es da etwas holprig und bindestrichlos. Immerhin: Das Label hat erkannt, daß es sich keinesfalls um einen der besten Filme mit Brigitte Nielsen handelt – und vielleicht wird auch deswegen der nur moderat gelungene RED SONJA zu ihrem Namen angeführt statt eines schwungvollen Highlights wie ROCKY IV oder BEVERLY HILLS COP II. Und weil die Wühlkisten-Filmographie von Corey Haim nur Menschen mit sehr merkwürdigem Filmgeschmack (so wie mich) zu Begeisterungsstürmen hinreißt, mutet auch der Hinweis, daß THE DOUBLE 0 KID einer seiner besten Filme sei, eher rührend an.
Der Titel verrät es schon: THE DOUBLE 0 KID ist eine Art Bond für jüngere Zuschauer, ein Agentenabenteuer für Teenies. Lassen wir mal die Tatsache beiseite, daß auch viele Bond-Filme kaum Erwachsenenkost darstellen, und kümmern uns um die Handlung: In seiner Phantasie ist Teenager Lance (Corey Haim) ein Top-Agent mit dem Decknamen „Eagle Dawn“, in Wahrheit ist der Jüngling aber nur Laufbursche für ein örtliches CIA-Büro und muß sich um staatstragende Aufgaben wie Kaffeekochen kümmern. Dann kriegt er bei einem Botengang aber eine Schlüsselkarte in die Hand gedrückt, hinter der finstere Rabauken (darunter Brigitte Nielsen) her sind: Damit will der fiese Hacker Cashpot (Wallace Shawn) einen Virus in ein Flugzeug einspeisen, damit das samt den an Bord befindlichen Wissenschaftlern ins Bermuda-Dreieck stürzt. (Wer an dieser Stelle nach dem „Warum“ fragt, muß sich zur Strafe alle Haim-Filme ansehen, die nicht zu seinen besten gehören.)
Hacker Cashpot (Wallace Shawn) und seine Handlangerin (Brigitte Nielsen) am praktischen Heimcomputer. |
Zum Glück muß unser Lance, der in einem schweren Anfall der Neunziger Jahre gern quietschbunte Klamotten trägt und die blondierten Haare passend dazu hochigelt, nicht alleine durch ein solch gefährliches Abenteuer rennen. Auf der Flucht vor einer brutalen Rollerblade-Gang trifft er die hübsche Melinda – beziehungsweise rennt er sie auf der Straße über den Haufen, wo sie gerade, selber mit Rollerblades ausgestattet, ihren Einkaufswagen vor sich herschiebt. Von allen möglichen Fluchtoptionen wählt Lance die naheliegendste: Er setzt sich in Melindas Einkaufswagen und ruft ihr hektisch zu, daß sie endlich Gas geben soll. Weil Melinda von der schnuckeligen BAYWATCH-Schwimmerin Nicole Eggert gespielt wird, die auch privat mit Haim liiert war, hilft sie dem netten Teenieagenten natürlich sofort und bandelt kurz darauf auch mit ihm an.
Die bösen Buben (und die böse Brigitte) haben derweil weniger Freude an Lance, der den Handlangern des Hackers ein ums andere Mal entkommen kann. In einem Hotelzimmer bestellt sich Lance noch beim Zimmerdienst einen Burger, bevor die Rabauken sein Zimmer stürmen. Lance versteckt sich unter dem Servierwagen und schafft es, einen abmontierten Badezimmerspiegel mit sogenannter Nürnberger Schere (ihr ahnt ja nicht, wie lange ich für diesen Begriff recherchieren mußte!) so einzusetzen, daß sich der Gauner, als er unter den Servierwagen greift, die Finger quetscht. Q wäre stolz.
„Hey, Sie kenne ich doch aus RED SONJA!“ |
Irgendwann aber geraten Lance und Melinda in die Fänge von Cashpot – der mit den Bond-Bösewichtern ein gewisses Faible für das Verspielte teilt. Schon in der ersten Filmhälfte haben wir gesehen, wie Cashpot seinem Partner ein neues Rennspiel zeigt: Der gute Mann (John Rhys-Davies!) setzt sich in ein tatsächliches Fahrzeug, lenkt aber nur ein Auto in einem Computerspiel, das in etwa so funktioniert wie TEST DRIVE ohne die entgegenkommenden Fahrzeuge. Dafür ist die Grafik des Games top – was vielleicht daran liegt, daß einfach eine tatsächliche Aufnahme einer Autofahrt verwendet wurde, über die eine Art Monitor-Look gelegt wurde. Rhys-Davies bleibt leider bei dem „Hell on Wheels“ getauften Spiel so erfolglos wie ich bei TEST DRIVE – nur daß bei seinem „Game Over“ das tatsächliche Auto umkippt und ihn unter sich begräbt. Komisch eigentlich, daß „Hell on Wheels“ kein Arcade-Klassiker wurde.
Zum Glück kennt sich Lance mit Computerspielen aus und kann dem Spiel, mit dem Cashpot ihn zur Strecke bringen will, mühelos entkommen. Im Gegenzug startet er nun eine computerisierte Schach-Partie gegen Cashpot, die aus irgendeinem Grund den Upload des Virus blockiert. Gar so aufregend wie „Hell on Wheels“ sieht das Spiel der Könige nicht aus: Bei den müde animierten Figuren würde selbst der Rasenmähermann wieder den C64 vom Dachboden holen.
Corey Haim und Nicole Eggert im unauffälligen Agentenlook. |
Verblüffender ist aber, wie flexibel die Programmierung dieses Schachspiels ist: Lance schafft es nämlich, Cashpots Virus gegen ihn selbst einzusetzen, was im Programm die Meldung „Queen Infected“ hervorruft und eine lustige Animation startet, in der sich die Königin schwer aufbläht. Als Cashpot und seine Kultblondine mit einem Helikopter die Flucht ergreifen, kann Lance sogar den Virus zum Hubschrauber schicken, worauf das Schachprogramm auch brav mit „Move King to Helicopter“ reagiert. Ich vermute, daß Cashpot nach seiner Festnahme bei Google angeheuert und dort das „Smart Home“-Konzept entwickelt hat.
Also, in die Top 40 der Corey-Haim-Filme schafft es THE DOUBLE 0 KID sicher.
Mehr Corey Haim auf Wilsons Dachboden:
DER TOD FÜHRT REGIE
The Double 0 Kid (USA 1992)
Regie: Duncan McLachlan
Drehbuch: Steven Paul & Stuart Paul (Story), Andrea Buck & Duncan McLachlan (Drehbuch)
Musik: Misha Segal
Kamera: Adam Kane
Darsteller: Corey Haim, Nicole Eggert, Wallace Shawn, Brigitte Nielsen, John Rhys-Davies, Karen Black, Basil Hoffman