Ron Cobert und Nicola Amar in TAXI INS GLÜCK. |
Zwischen 1987 und 1993 drehte der Italiener Fabrizio De Angelis unter seinem üblichen Regiepseudonym „Larry Ludman“ die Filme KARATE WARRIOR, KARATE WARRIOR 2, KARATE WARRIOR 3, KARATE WARRIOR 4, KARATE WARRIOR 5, und – das ist wie mit der offenen Chipstüte – KARATE WARRIOR 6. Ach ja, und ein Streifen namens KARATE ROCK war auch dabei. Unter allen Lesern, die da einen roten Faden erkennen können und einen Kommentar hinterlassen, verlose ich eine Wunschrezension eines kernigen Italo-Rip-Offs nach Wahl.
Jedenfalls schien De Angelis nach dieser schönen Reihe – vergessen wir auch nicht diesen weiblich besetzten Karate-Revenge-Klopper, der aus unerfindlichen Gründen nicht THE KARATE GIRL, sondern THE IRON GIRL heißt! – plötzlich die Lust am Kampfsport verloren zu haben. Er drehte einfach mal so eine Liebesgeschichte namens TAXI INS GLÜCK, in der tatsächlich niemand auch nur im Entferntesten an Karate denkt. Ein höchst ambitioniertes Unterfangen, wo es doch so einfach gewesen wäre, vertrauten Mustern zu folgen und einen anheimelnden Film namens KARATE INS GLÜCK zu drehen. Im Original ist von einem Taxi übrigens gar keine Rede: Der italienische Titel lautet SOGNO D’AMORE (quasi: Liebestraum), unter alternativem Verleihtitel tauchte der Film bei uns auch als THE ROMANTIC RED SUITCASE auf. Weil mal jemand einen roten Koffer packt, ist doch klar.
Donna (Nicole Amar) wartet auf ihr Taxi ins Glück. |
TAXI INS GLÜCK dreht sich um die schöne, einsame Donna, die in einer einsamen Bar in einem einsamen Kaff bei Chicago herumkellnert. Donna ist herzensgut und spendiert einem gelegentlich auftauchenden Bettler, den sie „Professor“ nennt, auch schon mal einen Muffin. Der belohnt sie dafür nicht etwa mit Karatestunden, sondern mit der richtigen Antwort bei einem Fernsehquiz, in dem man einen einwöchigen Urlaub in Miami gewinnen kann. Und so verabschiedet sich die einsame Donna von ihrer alten Chefin und ihrer einzigen Freundin, die praktischer- und budgetschonenderweise auch in derselben Bar kellnert, packt ihren romantischen roten Koffer und freut sich auf die sonnige Stadt Miami – wahrscheinlich, weil sie dort die Drehorte namhafter Streifen wie KARATE WARRIOR 2, KARATE WARRIOR 3, KARATE WARRIOR 4 sowie ein paar anderer besuchen kann, die mir gerade nicht einfallen.
Direkt vor dem Eingang des Flughafens in Miami wartet gerade der fesche Michael in seiner Limousine, um seine Frau Mutter abzuholen. Er erspäht die hübsche Donna und kapert prompt ein Taxi, dessen Fahrer kurz mal für kleine Karatekämpfer weggegangen ist. Michael gibt sich als Taxifahrer aus, während er seinen Chaffeur beauftragt, sowohl den echten Fahrer zu besänftigen als auch die Mama herumzukutschieren. So kann Michael Donna also ein bißchen durch Miami fahren, seinen Charme spielen lassen und sich heimlich darum kümmern, daß Donna in ein Luxushotel verfrachtet wird und nicht etwa in den normalen Schuppen, der von den Wettbewerbsveranstaltern vorgesehen wurde. Man sieht, wie ernst es De Angelis ist, neue Pfade zu beschreiten: In einem teuren Hotel trifft man garantiert keine Chargen aus billigen italienischen Kampfsportfilmen.
„Ich wußte, ich krieg‘ dich mit ein paar Teilen KARATE WARRIOR rum!“ |
Michael lädt Donna auch prompt noch zum Abendessen ein. Die zögert zunächst, aber als sie dann merkt, daß der Film TAXI INS GLÜCK heißt und nicht DONNA ALLEIN IM HOTEL, sagt sie gerne zu. So verbringen die beiden also die folgende Woche mit Sightseeing in Miami, schauen sich die Delphine im Seaquarium an, lauschen wohligen Synthfunk-Klängen und unterhalten sich über so ziemlich gar nichts – abgesehen davon, daß er ihr beständig vorflunkert, als Chauffeur und Gebrauchtwagenhändler zu arbeiten, weshalb er so viele Leute kennt und ständig Zugang zu allem hat. Andere Filmemacher würden die fehlenden Karateeinlagen vielleicht durch Kung Fu, Ninjitsu, Taek Won Do oder Minigolfturniere ersetzen, aber De Angelis verzichtet komplett auf ein Substitut und läßt stattdessen gar nichts passieren. Das verdient absoluten Respekt.
Die Woche ist bald vorbei, und Donna verabschiedet sich am Flughafen mit einem Kuß und einem „Lebewohl“ von Michael. Ein Wiedersehen ist offenbar keine Option. Kaum ist sie im Flugzeug, läßt Michael auch schon seine Beziehungen spielen und düst per Privatjet Richtung Chicago los, um noch vor ihr anzukommen. Sie ist natürlich ganz baff, ihn dort wiederzusehen, aber auch diesmal erzählt er ihr nicht, daß er in Wahrheit ein unglaublich wohlhabender Geschäftsmann ist, sondern erfindet eine Geschichte, wie er umsonst nach Chicago kommen konnte. Sie glaubt’s, und so verbringen beide eine romantische Nacht zusammen.
Aber natürlich wird’s jetzt kompliziert. Am nächsten Tag fliegt Michael zurück, während sich Donna ganz bodenständig gibt und sofort ihren Job in der Bar kündigt, um nach Miami ziehen zu können. „Ich kann ohne ihn nicht mehr leben“, erklärt sie ihrer Freundin, die sich enorm für sie freut und keinesfalls zaghaft anfragt, ob Donna noch alle Gürtel im Dojo beisammen hat. In Miami will Donna Michael überraschen und erfährt aber aus der Ferne die Wahrheit über ihn. Tief beleidigt reist sie wieder ab und zieht nach New York, wo sie die nächsten Filmminuten traurig aus dem Fenster schauen wird (wenn sie nicht gerade traurig durch den Park läuft).
Läuft da etwa noch das Taxameter? |
Zum Glück gibt Michael nicht so schnell auf. Er reist ebenso nach New York und heuert einen Privatdetektiv an, um Donna zu finden. Weil die gerade schon wieder ausgezogen ist und Richtung Flughafen unterwegs ist – man bekommt den leisen Verdacht, die gute Frau ist ein wenig flatterhaft – hetzt er mit dem Taxi hinterher und mobilisiert alle anderen New Yorker Taxis, ihm bei der Suche nach ihr zu helfen (ein Bündel Geldscheine hilft dabei, den Taxifahrer dazu zu überreden, daß er seinen Funk verwenden darf). Sie treffen sich bei der Brücke, alles ist wieder gut. Kuß und Schluß. Nicht mal hier sieht man Menschen, die Ziegelsteine mit der Handkante zertrümmern!
Um ganz aufrichtig zu bleiben, darf ich noch anmerken, daß TAXI INS GLÜCK nicht uncharmant ist. Hauptdarstellerin Nicole Amar sieht aus wie Darryl Hannah mit weicheren Gesichtszügen und ist sympathisch; der strahlende Märchenprinz Michael setzt zwar in seinen Eroberungsbemühungen immense Mengen an Geld und Privilegien ein, ist aber irgendwie in seinen andauernden Anstrengungen auch ganz knuffig. Die Inszenierung ist freilich ganz sparsam, die harmlose Geschichte tuckert im Fußgängerzonentempo dahin, aber gerade der völlige Mangel an Aufregung gibt dem Prozedere auch einen recht wohligen Touch. Sagen wir es mal so: Ich habe schon Filme gesehen, bei denen mir der Kampfsport stärker abgegangen wäre.
Taxi ins Glück (Italien 1994)
Regie: „Larry Ludman“ (= Fabrizio De Angelis)
Buch: „Jeanpaul Brown“ (= Gian Paolo Brugnoli)
Musik: Enrico Topel
Kamera: „Chris Verrillo“ (= Cristo Verrillo)
Darsteller: Nicole Amar, Ron Cobert, Irene O’Connor, William Rothmell, Saadia Persad, Le Roy
Die Bilder wurden von der Website cinema.de gemopst.
Ich vermute. dass der rote Faden Karate ist. Wobei es dabei ja um Kontakt geht. So wie bei der Liebe. Darf ich mir jetzt was wünschen?
Ja, sofern sich jetzt nicht noch andere melden, die einen roten Faden erkennen wollen. Dann entscheidet das Los, welchen Wunsch ich erfülle.