Harold Ramis im Jahr 2009 (Quelle: Wikipedia). |
Einer der lustigsten Menschen der Welt ist heute gestorben. Zugegeben: Ich kannte Harold Ramis gar nicht persönlich und habe keine Ahnung, ob er privat witzig war oder nicht. Ich weiß aber, daß er als Schauspieler, Autor und Regisseur bei einigen der witzigsten Filme aller Zeiten involviert war.
Ende der Siebziger und Anfang der Achtziger steckte Ramis hinter drei absoluten Kultkomödien, die lustvoll die Anarchie pflegten und mit brillanter Absurdität nur so um sich warfen. Er schrieb die John-Belushi-Collegekomödie ANIMAL HOUSE (bei uns: ICH GLAUB, MICH TRITT EIN PFERD), deren wahnwitziges Vergnügen eine ganze Legion an Nachahmern inspirierte. Als Regisseur drehte er die Golfercomedy CADDYSHACK, die sich kaum die Mühe macht, ihre sketchhaften Miniaturen mit Chevy Chase, Bill Murray und Rodney Dangerfield in ein Narrativ zu packen: Hier werden einfach nur schräge Vögel auf eine Nobelgesellschaft losgelassen, und Ramis schaut mit liebevoller Hingabe zu. Auch die Chevy-Chase-Komödie VACATION (bei uns: DIE SCHRILLEN VIER AUF ACHSE) geht auf Ramis‘ Konto – dieser unvergeßliche Trip der Familie Griswold durch die Vereinigten Staaten, bei der einfach alles schiefgeht, was nur schiefgehen kann, bis Chase dann mit irrem Gelächter seine an einem Herzinfarkt gestorbene Schwiegertante oben auf das Autodach bindet, um den Familienurlaub weiter genießen zu können.
Harold Ramis in GHOSTBUSTERS II (1989). |
Als Schauspieler ist Ramis hauptsächlich aus GHOSTBUSTERS bekannt, den er zusammen mit Dan Aykroyd auch schrieb. Sein Egon Spengler ist der verschrobene Wissenschaftler der Runde, der mit trockenem Humor das Geschehen kommentiert („Don’t cross the streams. It would be bad“). Später geriet Ramis‘ Schauspieltätigkeit ein wenig in den Hintergrund, weil er sich auf das Inszenieren konzentrierte, aber dennoch war er immer wieder zumindest in Gastauftritten zu sehen – zum Beispiel als unfreiwillig zugekiffter Dekan in Jake Kasdans ORANGE COUNTY oder als Vater in Judd Apatows BEIM ERSTEN MAL.
Harold Ramis (links) mit Schuyler Fisk und Colin Hanks in ORANGE COUNTY (2002). |
Ramis‘ wundervollste Hinterlassenschaft – als würden die genannten Filme noch nicht reichen! – ist aber die Bill-Murray-Komödie UND TÄGLICH GRÜSST DAS MURMELTIER. Hier mischt sich in Ramis‘ verschrobenen Humor auch eine philosophische Komponente, weil die Geschichte von einem Mann, der immer wieder denselben Tag erleben muß, einerseits als Läuterungsstory funktioniert, andererseits auch als Lebensallegorie gelesen werden kann. Wie sehr sich der Film ins allgemeine Bewußtsein gegraben hat, läßt sich schnell feststellen, wenn man den Filmtitel in Zusammenhang mit einer Wiederholung von Vorgängen nennt – die meisten Menschen wissen, wovon man redet.
Auch danach schrieb und inszenierte Ramis Filme, die sich größter Beliebtheit erfreuen – auch wenn ich REINE NERVENSACHE mit Billy Crystal und Robert De Niro „nur“ amüsant finde, darf man doch den Hut davor ziehen, wie Ramis hier erstmalig De Niro gegen den Strich besetzt hat (der dann zur Strafe immer wieder Komödien drehen mußte, bis der Gag verpufft war). Auch TEUFLISCH mit Brandan Fraser und Elizabeth Hurley hat seine witzigen Momente. Ein Ramis-Film, den ich noch sehr schätze, ist die Rodney-Dangerfield-Komödie MACH’S NOCHMAL, DAD, zu der Ramis das Drehbuch beisteuerte – und auch hier betrachtet er seinen anarchischen Antihelden, der sich als Millionär einen Studienplatz erkauft, damit er mit seinem Sohn zusammen studieren kann, so liebevoll und mit so ansteckendem Humor, daß man den Film immer wieder sehen kann.
Nachdem Ramis gleich hinter mehreren meiner Lieblingsfilme steckt, die ich schon als Jugendlicher zigfach gesehen habe, kann ich aus heutiger Sicht kaum mehr trennen, ob er einfach meinen Humor getroffen hat, oder ob mein Humor durch seine Arbeit mitgeprägt wurde. Vielleicht ist es eine Mischung aus beidem. Es steckt etwas gutmütig Rebellisches in Ramis‘ Welt: Er lacht mit denen, die die rigiden Strukturen der Welt niederreißen – versehentlich oder absichtlich. Und wie bei Mel Brooks – dessen Stil mit Ramis‘ Humor sonst gar nicht viel zu tun hat – zieht sich die Ansicht durch die Ramis-Filme, daß man alles aus einem komischen Winkel betrachten kann. Gerade letzteres spricht mich stark an, weil ich selber die Welt immer gerne heiter sehe.
Ramis ist heute im Alter von nur 69 Jahren aufgrund der Autoimmunkrankheit Vaskulitis gestorben. Die Nachricht macht mich traurig – aber dann denke ich an das ganze Vergnügen, das er uns hinterlassen hat, und muß schmunzeln. Wo immer Harold Ramis jetzt ist: Ich bin mir sicher, er bringt die Leute dort herzhaft zum Lachen.