Sie haben gewissermaßen nachhaltig die Gräber dieser Welt geöffnet: Der Amerikaner George Romero zuerst mit seinem Schwarzweißklassiker DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN von 1968 und dann zehn Jahre später nochmal mit dem perfiden Blutbad ZOMBIE – beide so einflußreich, daß kein folgender Film um sie herumkam – und in Romeros Fahrwasser 1979 der Italiener Lucio Fulci, dessen WOODOO – DIE SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES (in Italien ganz unbekümmert als Sequel zum Romero-Streifen verkauft) dafür sorgte, daß aus der italienischen Horrorproduktion eine ganze Industrie wurde. Plötzlich wankten die Untoten mit bemerkenswerter Vehemenz regelmäßig über die Leinwand: Umberto Lenzi schickte seine flinken Viecher in GROSSANGRIFF DER ZOMBIES zum Angriff, Bruno Mattei zeigte uns die HÖLLE DER LEBENDEN TOTEN, Marino Girolami mischte ZOMBIES UNTER KANNIBALEN, Fulci selbst legte mit DIE GEISTERSTADT DER ZOMBIES und EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL nach, und der gute alte Joe D’Amato verquickte, wie könnte es anders sein, Zombieterror mit Sexeinlagen: IN DER GEWALT DER ZOMBIES. Und freilich wäre dieser Widergänger-Zyklus ohne den vorliegenden Film unvollständig: DIE RÜCKKEHR DER ZOMBIES von Andrea Bianchi.
Bianchi hatte sich zuvor schon mit Streifen wie dem kleidungsarmen Giallo DER GEHEIMNISVOLLE KILLER und der Sex-und-Besessenheits-Mixtur MALABIMBA (mit dem preisverdächtigen deutschen Titel KOMM UND MACH’S MIT MIR) ausgiebigst im Exploitation-Kino niedergelassen. Zusammen mit Autor Piero Regnoli konzentrierte er sich in dieser Zombiesause auf die essentiellsten Bestandteile so einer Untotenparade: Menschen gegen Zombies – und erstere verlieren.
Nicht einmal die ausführlichere Handlungszusammenfassung würde der Geschichte wesentlich mehr Fleisch geben – aus dem einfachen Grund, daß es hier keine Geschichte gibt, nur eine Prämisse: Noch vor dem Vorspann buddelt ein bärtiger Professor in irgendwelchen Höhlen herum und stört mit seinen Nachforschungen offenbar die Ruhe einiger verblichener Etrusker, die sich sogleich über ihn hermachen. Wenig später fahren einige Freunde auf den Landsitz des Professors, wo sie sich fünfzehn Minuten lang sozusagen vorstellen (sagen wir mal, die Zeit wird halbe-halbe zwischen Exposition und Sex aufgeteilt), bevor die Zombiemassen vor der Tür stehen und unsere Helden den Rest des Films ums reine Überleben kämpfen müssen.
Daß die Handlung so dünne ist, daß die Figuren kaum einmal durch minimalste Eigenschaften ausgezeichnet werden, sollte hier keinesfalls als Problem mißverstanden werden: Bianchis Minimalismus ist primär mal konsequent. Immerhin reduziert er den Zombiefilm auf die notwendigsten Elemente und inszeniert daraus einen nicht endenwollenden Todeskampf, den man sich sogar in einer fremden Sprache ohne viele Verluste ansehen könnte.
Wenn der Horrorfilm die spielerische Konfrontation mit den menschlichen Urängsten ist, dann ist der Zombiefilm gleichzeitig die passendste Metapher für die Unausweichlichkeit des Todes wie auch die direkteste Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit: Nicht umsonst enden zahllose Genrefilme mit dem Tod aller Hauptfiguren oder mit der Unabwendbarkeit des Untergangs. Und auch wenn sich zwischendurch die Protagonisten gegen ihr Ableben wehren können, wird ihnen (und uns) doch wieder und wieder demonstriert, wie verletzlich und sterblich ein menschlicher Körper letztlich ist. In diesem Sinne zelebriert DIE RÜCKKEHR DER ZOMBIES die Quintessenz des Zombieplots ganz ohne dekorative Schnörkel: Hier wird keine politische oder gesellschaftskritische Botschaft geboten, hier werden keine menschlichen Beziehungen ausgelotet, hier wird keine Mystik aufgefahren und kein Zivilisationsausblick gegeben – hier wird einfach nur gestorben.
Freilich muß dazu eingeräumt werden, daß Bianchis Film kein düsterer Arthouse-Streifen ist und auch kein transgressiver Terror: DIE RÜCKKEHR DER ZOMBIES ist ein kleiner Low-Budget-Streifen, der Horror- und Splatterfreunden Spaß machen soll. Ein gewisses Faible für europäisches Genreschaffen muß man da natürlich mitbringen – die Effekte sind mitunter billig, die Schauspieler eher zweitklassig, die Inszenierung ist mitunter fahrig. Was nichts daran ändert, daß dieser Zombieaufmarsch primär mal höchst unterhaltsam geraten ist: Wenn die modernden Gesellen zu kosmisch-avantgardistischem Synthgefiepe durch sonnendurchflutete Wälder oder finstere Hausgänge schleichen, tun selbst die mitunter etwas einfachen Zombiemasken der Atmosphäre keinen Abbruch.
Nicht zuletzt – ganz abgesehen von der Packen-wir’s-einfach-an-Machart und dem narrativen Minimalismus – besticht DIE RÜCKKEHR DER ZOMBIES auch mit der Prise Absurdität, die den Italo-Horror so oft auszeichnet. Da spielt ein 25-jähriger Kleinwüchsiger mit eindeutig erwachsenem Gesicht den kleinen Sohn einer der Hauptdarstellerinnen, und als wären seine weit aufgerissenen Augen nicht schon merkwürdig genug, darf er ihr zum Finale – in einer der meistzitierten Szenen des Films – die Brust abbeißen, mit der sie ihn stillen will. Ja, das könnte man als „unsubtil“ bezeichnen – nur ist Subtilität auch sicherlich die letzte Eigenschaft, weshalb wir den italienischen Film schätzen.
Die Rückkehr der Zombies (Italien 1981)
Originaltitel: Le notti del terrore
Alternativtitel: Burial Ground / The Nights of Terror / Zombie 3
Regie: Andrea Bianchi
Drehbuch: Piero Regnoli
Kamera: Gianfranco Maioletti
Musik: Elsio Mancuso, „Burt Rexon“ (= Berto Pisano)
Produktion: Gabriele Crisanti
Darsteller: Karin Well, „Maria Angela Giordan“ (= Mariangela Giordano), Gian Luigi Chirizzi, Simone Mattioli, Antonietta Antinori, Roberto Caporali, Peter Bark, Claudio Zucchett, Anna Valente, Raimondo Barbieri
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