Ohne große Worte darf ich den folgenden Gastbeitrag ankündigen, in dem der aufrechte Don Arrigone ein Opus aus dem umfassenden Gesamtwerk von Frauenversteher Fred Olen Ray analysiert: WITCH ACADEMY, der sich – ohne viel vorweggreifen zu wollen – fast vollständig mit meiner eigenen Uni-Erfahrung zu decken scheint. Was willst du uns berichten, werter Don?
Daß Hexen nicht unbedingt alte Frauen mit mehr Warzen als Zähnen sein müssen, sondern auch eine gewisse erotische Qualität haben können, wußte man schon im 19. Jahrhundert: Der französische Historiker Jules Michelet beschrieb sie als „jung und blumengleich“, und auch Goethes Schilderung der Walpurgisnacht im ersten Teil von FAUST ist nicht frei von sexuellen Fantasien. In gewisser Weise steht also Fred Olen Ray mit seinem 1991 erschienenen WITCH ACADEMY nicht allein auf weiter Flur, sondern kann sich auf große Vordenker berufen, deren literarische Qualität er selbstverständlich nicht teilt (und auch gar nicht teilen will).
Der Verweis auf Dichter und Denker ist nicht ganz unangemessen, beginnt der Film doch mit einem Zitat von Edgar Allan Poes lange verschollenem Bruder Ted, der Gedichte über Friedhöfe und Riesenbrüste verfaßt hat. Ein perfekter Einstieg für einen Film, der eine seichte Horrorhandlung mit reger Zurschaustellung sekundärer Geschlechtsmerkmale aufpeppen will.
Der Film verschwendet dann auch keinen Zentimeter kostbares Zelluloid: Bereits die erste Einstellung zeigt uns eine junge Dame namens Tara (Michelle Bauer) beim Umkleiden, wobei sie sowohl ihren Hintern als auch ihre Brüste lasziv der Kamera entgegensteckt. Es folgt ein kurzes magisches Scharmützel mit der plötzlich auftauchenden Hexe Wanda (Suzanne Ager), das vollkommen irrelevant für die folgende Handlung ist, da nach dieser Szene keine der beteiligten Damen mehr über Zauberkräfte verfügt.
Vielmehr handelt es sich um ganz normale College-Girls, wie wir sie aus dutzenden Horrorfilmen kennen: leicht bekleidet, leicht blöde, und mit mindestens Mitte 30 leicht zu alt für ihre Rollen. Die Clique besteht allerdings nicht nur aus Wanda und Tara, sondern auch noch aus dem doofen Blondchen Dorla und ihrer sadistischen Anführerin Edith (Priscilla Barnes).
Weil die erwartete Kostümparty bei der befreundeten Fraternity ausfällt und gerade nichts Gutes im Fernsehen läuft, beschließen die Mädels, dem Mauerblümchen Lesley (Veronica Carothers) einige Streiche zu spielen. Damit betritt nun auch der eigentliche Star des Films die Bildfläche: Das Schauspiel der Hauptcharaktere ist allgemein schon unterirdisch, das von Carothers aber geradezu antipodisch – die Fratzen, die sie reißt, wären selbst noch in einem expressionistischen Stummfilm der zwanziger Jahre übertrieben.
Wanda und Co. geben dem armen Mädel, das unbedingt der Sorority beitreten will, im Rahmen eines Initiationsritus etwas Ekelhaftes zu trinken und ketten sie dann im Keller an – meinem Verständnis nach also ein ganz normaler Samstagabend. Als sie Lesley dann alleine lassen, erscheint dieser allerdings der Teufel (Robert Vaughn) und verspricht ihr ein neues Leben, ganz ohne Hintergedanken und Gegenleistung. Daß sie dem Prinzen der Finsternis nun tatsächlich vertraut, mag ein wenig naiv erscheinen, aber ich muß zugeben, Vaughn als Satan selber auch ganz sympathisch zu finden. Auf jeden Fall verwandelt sich die graue Maus Lesley nun in ihre sexy Schwester Becky, die ihren Körper in rotem Netzcatsuit zur Schau stellt. Die Kamera ist dabei selbstverständlich sehr bemüht, die interessantesten Schnitte ihres neuen Kostüms für modebewußte Zuschauerinnen einzufangen.
Die coole Becky legt sich nun mit den Sorority-Girls an, durchlebt etwas homoerotische Spannung mit einer selbstverständlich leichtbekleideten Edith (nur Männer tragen in diesem Film wirklich Kleidung) und wird schließlich bewußtlos. Während sie nun also nicht nur metaphorisch, sondern auch wörtlich von Sinnen ist, taucht ein geheimnisvolles, sehr billig wirkendes Monster auf und bringt Edith unspektakulär zur Strecke.
Im restlichen Film geht es dann darum, daß sich die verbleibenden Damen umziehen – ein Fetischkostüm pro Film ist nicht genug – und daß man herauszufinden versucht, wer das Monster ist, wobei man sich schon mal an DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT bedient und heiße Drähte in Blut taucht. Derart seicht und bescheuert geht es dann dem Ende entgegen, das weder Überraschungen oder gute Effekte noch nackte Haut bietet. Zumindest letzteres hätte ich mir schon erwartet.
Außerhalb von Bizarrowelt steht es wohl kaum zur Debatte, ob WITCH ACADEMY ein guter Film ist. Schlechtes Schauspiel, billige Klischees und seichte, wenn auch überraschend stringente Handlung – nach herkömmlichen Verständnis kann der Film nicht überzeugen. Dessen ist sich der Streifen allerdings durchaus bewußt, wie die Dialoge zeigen – zum Beispiel, wenn Wanda Tara vorwirft, daß sie sich doch nur wieder vor allen umziehen will. Und so ist WITCH ACADEMY in seinem Anliegen letztlich erstaunlich ehrlich: Der Film will tatsächlich nicht mehr, als durch ein Panoptikum an Brüsten und Hintern zu unterhalten. Und damit dürfte sich schon irgendwo auf dieser schönen Welt ein Zielpublikum finden.
Witch Academy (USA 1991)
Regie: Fred Olen Ray
Buch: Mark Thomas McGee
Darsteller: Suzanne Ager, Priscilla Barnes, Michelle Bauer, Veronica Carothers, Ruth Collins, Don Dowe, Jay Richardson, Robert Vaughn
——————
4 8 15 16 23 42