Wir erinnern uns: 1986 fuhr Rutger Hauer per Anhalter durch den fiesen kleinen Thriller THE HITCHER und empfahl sich damit als einer der verstörendsten Psychopathen der Filmgeschichte. Weil der Film recht erfolgreich war, trat Joe D’Amato mit seiner Firma Filmirage auf den Plan und dachte sich: Autostopp plus Psychoterror, das reicht doch schon für eine schwungvolle Fortsetzung. So entstand 1989 der von Umberto Lenzi inszenierte Film PAURA DEL BUIO, der in den Staaten als HITCHER IN THE DARK und bei uns als RETURN OF THE HITCHER verkauft wurde (und natürlich nicht zu verwechseln ist mit HITCHER RETURNS, der tatsächlichen HITCHER-Fortsetzung aus dem Jahr 2002). Abgesehen davon, daß da mal jemand per Anhalter reist, hat der ebenso wie Lenzis NIGHTMARE BEACH in Florida gedrehte Film natürlich rein gar nichts mit dem Vorbild zu tun.
Genaugenommen ist es nicht mal wie in THE HITCHER der Anhalter, der hier als Landstraßenpsycho die armen Autofahrer belästigt: RETURN OF THE HITCHER dreht sich um einen mit einem Wohnmobil herumreisenden jungen Mann namens Mark (Joe Balogh), der ganz schwere Mutterkomplexe hat und deswegen Anhalterinnen aufgabelt, die er dann fachgerecht erst absticht und hernach im Alligatorensumpf versenkt. Dann gerät er aber an die hübsche Daniela (Josie Bissett, später in MELROSE PLACE zu sehen), die ihn gewaltig an seine Frau Mama erinnert – weshalb er sie gefangenhält und bei sich behalten will. Damit ist aber weder Daniela noch deren Freund Kevin (Jason Saucier, CONTAMINATION .7) einverstanden – letzterer macht sich nämlich auf die Suche nach ihr und dem ominösen Wohnmobil …
RETURN OF THE HITCHER spielt zu einem großen Teil in Marks Fahrzeug und konzentriert sich auf die Beziehung zwischen Kidnapper und Opfer – man könnte es damit fast als Kammerspiel in einer beweglichen Kammer bezeichnen. Daniela versucht, irgendwie an Mark heranzukommen, mit ihm zu handeln, ihn zu überlisten oder ihn zu überwältigen – und Mark zeigt sich in einem Moment schüchtern und zurückhaltend, quält sie dann aber im nächsten und beschimpft sie. Das psychologische Duell zwischen den beiden trägt den Film eine ganze Zeitlang und ist spannend anzusehen – auch wenn das Erzähltempo eher gemächlicher Natur ist und Marks psychotische Momente in der zigsten Wiederholung keine neuen Facetten der Figur mehr zeigen.
Drumherum erinnert die Thriller-Handlung beinahe an wenig an George Sluizers SPURLOS VERSCHWUNDEN (1988), wenn Kevin durch die Gegend fährt und verzweifelt nach dem Wohnmobil oder irgendeiner Spur von Daniela Ausschau hält (er ist übrigens gründlich genug, auch bei einem Wet-T-Shirt-Wettbewerb nachzuforschen – wo er dann auch tatsächlich einen Hinweis erhält!). Auf dieser Plotebene bleibt RETURN OF THE HITCHER leider zu großen Teilen reichlich konstruiert – da greift einfach viel zu oft der Zufall ein, und wenn Mark sich an einer Tankstelle aufhält, wo auch Kevin gerade nach Spuren sucht, und letzterer dann aber Marks Wohnmobil nicht erspäht, sondern wieder weiterfährt, dann wirkt das eher wie ein Moment aus einer Komödie, wo die Charaktere künstlich zueinandergeführt und doch auseinandergehalten werden.
Schauspielerisch muß der Film natürlich von Entführer Joe Balogh und Opfer Josie Bissett getragen werden – und beide schlagen sich ganz gut mit der Aufgabe; vor allem Balogh ist mit seiner sanften Art und seinem etwas verträumten Blick eine durchaus interessante Besetzung und gibt der Figur eine gewisse Tragik. Auch handwerklich ist RETURN OF THE HITCHER sauber – auch wenn Carlo Maria Cordios Musik einmal mehr das Thema aus WITCHERY wiederkäut.
Bleibt also nur der Schluß in Lenzis Streifen als wirklicher Kritikpunkt – und der ist so gewaltig konstruiert und gleichzeitig ein so enttäuschender Rückzug vom eigentlichen bösen Ende der Geschichte, daß man nur den Kopf schütteln kann. Schade, daß Lenzi und seine Autorin Olga Pehar (die nicht ganz zufällig auch mit Lenzi verheiratet ist) sich da nicht entweder mehr getraut haben oder doch auf ein besser konzipiertes, befriedigenderes Ende hingearbeitet haben.
Sei’s drum: RETURN OF THE HITCHER funktioniert dennoch als feiner Psychothriller und zeigt, daß die Italiener auch unter dem Marktzwang, sich stets an US-Vorbildern orientieren zu müssen, lohnenswerte Filme produzieren können. Und wo bleibt jetzt die deutsche DVD?
Return of the Hitcher (Italien 1989)
Originaltitel: Paura del buio
Alternativtitel: Hitcher in the Dark / Fear in the Dark
Regie: „Humphrey Humbert“ (= Umberto Lenzi)
Buch: „Humphrey Humbert“ (= Umberto Lenzi) (story), Olga Pehar (screenplay)
Kamera: Jerry Phillips
Musik: Carlo M. Cordio
Produktion: Filmirage
Darsteller: Joe Balogh, Josie Bissett, Jason Saucier
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