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[Film] Killing Birds (1987)

Einmal mehr ist es an der Zeit, hinsichtlich eines Filmtitels ein hübsches Verwirrspiel zu lösen. KILLING BIRDS heißt dieser von Joe D’Amatos Filmirage produzierte Horrorstreifen auf Englisch, was dem italienischen Originaltitel UCCELLI ASSASSINI entspricht. Manchmal heißt er auch RAPTORS. Wer jetzt glaubt, daß er hier um angreifende Vögel geht, täuscht sich aber: Abgesehen von ominös kreisenden Vogelschwärmen und einer Sequenz, wo ein Adler einer Figur die Augen aushackt, hat der Film mit dem im Titel implizierten Tierhorrorgenre nichts zu tun – was man auch an dem amerikanischen Alternativtitel sehen kann: ZOMBIE 5: KILLING BIRDS.

Moment, wo waren denn ZOMBIE 1-4? Ganz einfach: George Romeros DAWN OF THE DEAD (eigentlich Teil 2 seiner NACHT DER LEBENDEN TOTEN) wurde in Italien als ZOMBI veröffentlicht; die im Fahrwasser dieses Erfolgsfilms entstandene Untotensause von Lucio Fulci hieß dann frecherweise einfach ZOMBI 2. Ein paar Jahre später kam noch eine Pseudo-Fortsetzung von Fulci: ZOMBI 3. Und weil der eh schon nichts mit den vorigen Filmen zu tun hatte, wurde Claudio Fragassos Horrorfilm AFTER DEATH dann in den Staaten als ZOMBIE 4: AFTER DEATH veröffentlicht – obwohl es dort ja eigentlich nie eine ganze ZOMBIE-Reihe gab! Macht gar nichts: KILLING BIRDS, ein Jahr vor AFTER DEATH entstanden, wurde kurzerhand noch als ZOMBIE 5: KILLING BIRDS hinterhergeschippt.

Und wieder einmal ist es egal, wie der Spaß heißt: Wie bei jeder anderen Italo-Fortsetzungsvortäuschung (siehe: LA CASA 3, TERMINATOR 2, …) ist KILLING BIRDS ein komplett eigenständiger Film. Naja, so eigenständig eben eine italienische Genreproduktion aus den Achtzigern sein kann: In Sachen Originalität hebt sich der Streifen freilich keinen Bruch. Aber immerhin wartet ein munterer Horrormix auf den Zuseher: Es fängt als Slasher an, geht als Spukhausstory weiter und endet mit Zombies – und dazwischen kreisen ein paar Mal die Vögel so unheilvoll am Himmel, daß man stets auf die Hitchcock-Anleihe wartet. Inszeniert wurde das Prozedere von einem gewissen Claudio Lattanzi unter dem Pseudonym „Claude Milliken“ – ein Regiedebütant, der im Umfeld von Filmirage ein paar Regieassistenzen auf der Vita hat und nach KILLING BIRDS keinen weiteren Film mehr drehen konnte. Weil D’Amato als Produzent involviert war, schwang er unter dem Pseudonym „Fred Sloniscko Jr“ auch gleich die Kamera – weswegen mancherorts auch behauptet wird, daß er Teile der Regie gleich mit übernahm, sei es nun, daß er gewisse Actionsequenzen dirigierte oder daß er den Film nach Lattanzis Fortgang fertigstellte.

Zu Beginn geht’s gleich recht garstig los: Da kommt ein Mann mit bösen Füßen (das genaue Aussehen wird von der Kamera ausgespart, nur die Stiefel und die Armyjacke sehen wir) nach Hause und findet seine Frau mitsamt Liebhaber im Bett – den er dann auch mit flottem Schnitt durch die Kehle beseitigt. Als nächstes ist seine Frau dran, und danach noch zwei dahergelaufene Nachbarn – nur das Kleinkind, das seine Frau ins Gras legt, verschont er. Bevor er sich dann daran machen kann, das ganze Blut wegzuwischen und die Leichen fortzuschaffen, wird er aber von einem wildgewordenen Vogel attackiert, der ihm die Augen auskratzt. Was da alleine an Splatter aufgefahren wird, steckt fünf andere Italo-Filme aus den Achtzigern locker in die Tasche.

Die eigentlich Handlung setzt dann aber erst mehrere Jahre später ein und läßt sich über einen zwar recht stimmungsvollen, aber auch eher gemächlich erzählten Mittelteil geraume Zeit, bis es wieder ähnlich blutig zu Sache geht. Da stolpern also ein paar Studenten durch die Gegend, die nach einer ganz seltenen Vogelart suchen und dafür den blinden Ornithologen Dr. Fred Brown aufsuchen, der irgendwo in den Sümpfen in Louisiana lebt. Nicht nur extrem wachsame Zuseher merken wohl, wen sie bei Dr. Brown vor sich haben – aber der Ex-Massenmörder bleibt recht gastfreundlich und schickt die Truppe weiter ins Sumpfgebiet, wo sie sich dann verlaufen und über das leerstehende Haus stolpern, das wir schon aus dem Vorspann kennen. Und weil’s ein Horrorfilm ist, passieren da des Nachts unheimliche Sachen, und plötzlich wollen modernde Geister Rache für das frühere Massaker …

Es wäre recht einfach, sich über KILLING BIRDS lustig zu machen, der eine Menge Horrorklischées abfrühstückt und dabei nicht immer hundertprozentigen Sinn ergibt – vor allem nicht, wenn ein Mitglied der Truppe im Eifer des Gefechts seinen 10-Kilo-Laptop auspackt, um sein eigenes Programm nach Hinweisen zu fragen. Die Musik von Carlo Mario Cordio funktioniert manchmal ganz stimmig (zum Beispiel im Prolog), manchmal aber auch dank billigster Synthesizer überhaupt nicht (zum Beispiel in der Sequenz am College, wo uns die Protagonisten zu plätschernder Seifenopermucke vorgestellt werden). Die paar Zombies stapfen staubend durch die Szenerie, wie sie das in den Filmen aus dem Stiefelland eben gerne machen, und irgendwann gerät ein Bursche mit seiner um den Hals gehängten Taschenuhr in einem Generator hängen, der ihm dann den halben Hals wegfräst, während sein Kumpel daneben stammelnd zusieht. Das übliche B-Horror-Programm, sozusagen.

Dennoch hat der Film auch seine Reize: D’Amatos Kameraarbeit ist stimmungsvoll, die leeren Räume und Gänge des Horrorhauses werden atmosphärisch dicht eingefangen. Überhaupt, die Atmosphäre: Es mag immer mal wieder Unfug passieren, aber dennoch schafft der Film vor allem im Mittelteil ein spannendes Grundgefühl und kreiert einige mulmige Momente. Auch der Mix der verschiedenen Horrorarten ist nicht uninteressant, weil man dadurch zumindest eine Zeitlang nicht ganz sicher sein kann, was passieren wird. Zugegebenermaßen ist das Finale aber auch nicht so ausufernd brillant, daß man vollauf begeistert in den Abspann gleitet.

Im Cast kann man neben Gaststar Robert Vaughn (als Dr. Brown) diverse Menschen sehen, die einem auch in anderen Filmirage-Produktionen unterkommen: Die hübsche Lara Wendel (GHOSTHOUSE), die noch hübschere Leslie Cumming (WITCHCRAFT, hier als „Leslie Cummins“ gelistet), der bübchenhafte James Sutterfield (TOP MODEL), die unauffällige Lin Gathright (ebenfalls TOP MODEL) und der sonst nicht weiter bemerkenswerte Sal Maggiore (ANY TIME, ANY PLAY). Mit Ausnahme von Lara Wendel bleiben KILLING BIRDS und der jeweils gelistete Film aber so ziemlich die einzigen Kinoauftritte der genannten Personen – was besonders im Fall von Leslie Cumming schade ist, die im D’Amato-Universum auch mit schauspielerischen Defiziten gerne einen Stammplatz hätte haben können.

Wer übrigens noch weitere ZOMBIE-Streifen haben will, die völlig unzusammenhängend an die Reihe drangehängt wurden, dürfte sich freuen, daß D’Amatos Film ABSURD von 1981 in den Staaten noch als ZOMBIE 6: MONSTER HUNTER verkauft wurde. Dabei ist der doch eigentlich eher die Pseudofortsetzung von … ach, lassen wir das.

Killing Birds (Italien 1987)
Originaltitel: Uccelli assassini
Alternativtitel: Raptors / Zombie 5: Killing Birds / Dark Eyes of the Zombie
Regie: „Claude Milliken“ (= Claudio Lattanzi)
Buch: „Claude Milliken“ (= Claudio Lattanzi), Sheila Goldberg, „Daniel Ross“ (= Daniele Stroppa)
Musik: Carlo Maria Cordio
Kamera: „Fred Sloniscko Jr“ (= Aristide Massaccesi)
Produktion: Filmirage
Darsteller: Lara Wendel, Robert Vaughn, Timothy W. Watts, Leslie Cumming, James Villemaire, Sal Maggiore, James Sutterfield, Lin Gathright, Brigitte Paillet

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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