Feuern wir das Urteil gleich zu Beginn ab: Besser als erwartet. Die Erwartungshaltung an einen Low-Budget-Horrorfilm ist ja weiß Gott nicht hoch – man ist ja schon positiv überrascht, wenn in so einem Film mal keine Freundesgruppe in den Wald fährt! Aber selbst unter der Prämisse, daß der Großteil aller schnell produzierten Horrorsausen einmal mehr eine hinlänglich bekannte Geschichte wiederkäuen wird, entpuppen sich viel zu viele dieser vermeintlichen Gruselstreifen einfach als völlig müde, reizlose Angelegenheiten. Bei solcher Konkurrenz sticht ein Film natürlich schon mit einer Handvoll positiver Aspekte aus der Menge heraus – wie THE BACK LOT MURDERS, dessen altvertrauter Slasher-Plot wenigstens mit Witz und einigen cleveren Einfällen erzählt wird.
Die Geschichte dreht sich dabei um eine Rockband, die gerade einen Plattendeal erhalten hat, weil ihr Sänger mit der Tochter eines Plattenfirmenbosses ausgeht. Bei den Dreharbeiten zu ihrem ersten Musikvideo auf dem Studiogelände (das „back lot“) werden die Jungs, ihre Groupies sowie die Crew nach und nach von einem maskierten Killer dahingemeuchelt – könnte es sich um den zuvor gefeuerten Bassisten Bobby handeln, der sich noch vor dem Vorspann als aggressiver Choleriker entpuppt hat?
Stellen wir gleich mal ein paar Sachen klar: Nein, THE BACK LOT MURDERS ist kein wahnsinnig effektiver Horrorfilm. In üblicher Manier beißt eine Figur nach der anderen ins Gras, was meist relativ mechanisch abgehandelt wird und selten für Spannung sorgt. Wie üblich werden die Personen bis fast zum Schluß kaum vermißt, und der Mörder schafft es beständig, ungesehen aufzutauchen und insgesamt ein gutes Dutzend Leute zu erledigen, ohne daß die anderen etwas mitkriegen. Und ja, die Identität des Killers ist natürlich schon ab dem Vorspann klar – wobei der Film sich da immerhin noch gegen Ende eine nette Überraschung gönnt. Prinzipiell also mal 08/15-Slasher im Malen-nach-Zahlen-Prinzip.
Und doch kann der Film mit einigen vergnüglichen Einfällen punkten. Da wären zum Beispiel die überzeichneten Figuren, von denen man einigen tatsächlich gerne zusieht – allen voran der schwule Regisseur des Videos, Henry Martin, der mit zynischem Biß und sarkastischer Abgeklärtheit die Produktion kommentiert („We’re shooting a rock band on the LOST WORLD set! If it had any more edge, I could shave with it!“) und mit wundervoll bildhaften Forderungen an seine Crew herantritt („I want a 1940’s black-and-white Peter Lorre/Boris Karloff fog … I want a fog that seems like it’s coming from Satan’s ass“). Auch die Managerin der Band ist ein schön zynisches Biest („This is a hard rock band. They don’t need talent, they just need tight pants“).
So werden in ihren Diskussionen und Streitereien also immer wieder nette Seitenhiebe auf den Musikbetrieb und die Filmwelt ausgeteilt. Auch sonst weiß der Streifen den Filmfan zu unterhalten: Man erkennt tatsächlich einige Sets wieder, wie zum Beispiel eines aus dem Spielberg-Saurierfilm THE LOST WORLD, oder auch das Haus aus PSYCHO. Zu letzterem fragt der Chef der Plattenfirma seine Tochter, ob sie denn PSYCHO überhaupt kennt – und das etwas schlicht gestrickte Mädel fragt, ob da nicht Anne Heche mitgespielt hat. An einer anderen Stelle wird auch das Norman-Bates-Zitat eingeworfen: „I could never hurt a fly“. So gesehen kann man sich natürlich auch fragen, ob einer der Morde als Zitat aus FREITAG DER 13. TEIL 2 gedacht ist oder einfach nur daraus geklaut wurde.
Natürlich bedient THE BACK LOT MURDERS auch einen Pflichtpunkt im Genre: Jede Menge ansehnliche Frauen, die hier und da auch ihre Oberkörperbekleidung verlieren – was ganz im SCREAM-Stil auch im Film selbst kommentiert wird. Damit nimmt sich der Film angenehmerweise auch diesbezüglich nicht ganz ernst, ohne jedoch in die komplette Selbstparodie oder in den plumpen Schnodderstil zu verfallen, der so viele vergleichbare Produktionen durchweht.
Man kann also sehen, daß Regisseur David DeFalco (ein ehemaliger Wrestler, der später den kontroversen Exploitationfilm CHAOS drehte) Genrefan ist, weswegen trotz der relativ schlichten Inszenierung eine gewisse Liebe zur Materie durchscheint. Seine Cast hat Spaß an der Sache – vor allem Charles Fleischer als Regisseur (Fleischer war übrigens seinerzeit die Stimme von Roger
Rabbit und hatte später auch in Finchers ZODIAC einen
fantastischen kleinen Auftritt als ehemaliger Kinovorführer) und Priscilla Barnes als Managerin. In einer kleinen Nebenrolle ist Corey Haim zu sehen, der den Gitarristen der Band spielt – und leider nur sehr wenig zu tun hat.
Also, bevor wir uns jetzt verheben: THE BACK LOT MURDERS ist kein bemerkenswerter Film. Zu abgestanden ist der Plot, zu gemütlich die Inszenierung. Aber dennoch kann man vor allem als Genrefreund damit (zumindest in der englischen Originalfassung) vergnügliche anderthalb Stunden verbringen – und das ist wesentlich mehr, als es eine Menge anderer Streifen aus der Billig-Horrorecke von sich behaupten können.
Der Tod führt Regie (USA 2001)
Originaltitel: The Back Lot Murders / The Backlot Murders
Regie: David DeFalco
Buch: Paul Arensburg, Steven Jay Bernheim, David DeFalco
Produktion: Steven Jay Bernheim
Darsteller: Charles Fleischer, Priscilla Barnes, Corey Haim, Heather Tindell, Carrie Stevens, Tracy Dali, Madeleine Lindley, Nancy O’Brien, Angela Little, Jaime Anstead, Tom Hallick, LoriDawn Messuri
Länge: 85 Minuten
FSK: 18
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