Der folgende Gastbeitrag stammt von unserem mit Religionsgemeinschaften bestens vertrauten Kollegen Don Arrigone, der das Gruselfilmchen THE RED MONKS zusammen mit mir durchstehen durfte. Wohlan, werter Don!
„Das Meisterwerk von Lucio
Fulci“ ist auf dem Cover der DVD von THE RED MONKS zu
lesen. Das stimmt so natürlich nicht, stammt der Film doch nicht von Altmeister
Fulci, sondern vom wesentlich unbekannteren Regisseur Gianni Martucci. Dennoch
muß ich zugeben, daß der Titel mein Interesse weckte, finde ich Mönche und
Klöster doch allgemein etwas unheimlich – wenn das nun nach einem Seitenhieb gegen
die katholische Kirche klingt, dann hat sie das nur selbst zu verantworten. Der
Film hat ohnehin wenig mit dem Vatikan zu tun, enthält er doch keine Klöster
und auch nur sehr wenige Mönche, und was die erhoffte Spannung angeht …
naja … lest selbst.
Ein junger Mann schreitet durch einen Wald. In der Ferne sehen wir ein altes,
herrschaftliches Anwesen, das von eben jenem Forst umgeben wird. Plötzlich
ertönt Musik, die sanften Klänge einer Violine. Jene wird von einer
geheimnisvollen, in schwarz gehüllten Gestalt gespielt, die sich dann als alte
Frau entpuppt und den jungen Besucher, der sich als „Garlini“ vorstellt,
befragt, wie er sich denn an diesen einsamen Ort verirrt habe. Er meint, daß
das Schloß seinen Vorfahren gehört hätte, bevor diese es aus unerfindlichen
Gründen verließen, und daß er nun hier sei, um es wieder in Besitz zu nehmen.
Sogleich macht er sich auf den Weg in das Innere des Gemäuers, wo ihm eine
geheimnisvolle, nackte Frau erscheint, deren Hintern er sogleich wie
hypnotisiert folgt, und sei es auch in die Katakomben unter dem Anwesen. Dort
wartet sie bereits auf ihn, doch scheinen sie unterschiedliche Auffassungen von
trauter Zweisamkeit zu haben: Er erhofft sich wohl ein wenig
Horizontal-Gymnastik, sie hackt ihm kurzerhand mit einem Schwert den Schädel ab.
Der alte Ausspruch, daß Männer von der Venus und Frauen vom Mars sind, stimmt
also durchaus.
Die eigentliche Handlung, die im Endeffekt äußerst wenig mit dieser Episode zu
tun hat und gut ohne sie funktionieren würde, wie auch umgekehrt besagte
Sequenz nicht durch die Handlung ihrer „Vorgeschichte“ erklärt werden kann,
beginnt 50 Jahre früher. Robert Garlini, wohl ein Vorfahre des unglücklichen
Playboys aus dem Vorspann, wird durch lautes Gebell seines Hundes auf eine
Besucherin aufmerksam, die ob des Köters auf einen Baum geflüchtet ist. In
einer solchen Situation kann natürlich nur ein heißer Flirt entbrennen, den
eine gefährlich aussehende Spinne geschickt zu ihren eigenen Zwecken, nämlich
jene Frau zu beißen und so vermutlich tödlich zu vergiften, um sie dann in
einen Kokon einzuspinnen und für einen harten Winter, der bestimmt kommt, so
etwas ist ja nur eine der Frage der Zeit, aufzubewahren, nutzen will. Immer
näher kommt die Spinne, die Spannung steigt ins schier Unermeßliche, bis die
Frau endlich den Mut findet, vom Baum zu springen und so der berechnenden
Arachnida, die wohl jetzt die nächsten Tage hungern muß und dadurch, wir
werden es später im Film noch sehen, entscheidend geschwächt wird, zu
entkommen.
Mann und Frau – letztere trägt übrigens den Namen Ramona – verlieben sich und
heiraten kurz darauf. Doch noch in der Hochzeitsnacht erhält Robert einen
geheimnisvollen Anruf und trifft sich daraufhin mit einer Bande von Mönchen in
roten Roben, die fratri rossi aus dem (italienischen) Titel. Diese befehlen
ihm, seine junge Frau innerhalb der nächsten vier Tage zu opfern, und das,
obwohl er ihnen, so behauptet er zumindest, bereits Ländereien und Geld
überlassen hat, aber mit weltlichen Dingen sind Kleriker ja nie zufrieden. Herr
Genzel äußerte hier übrigens auch die Vermutung, daß Robert so schnell
geheiratet hat, weil diese Mönche
regelmäßig die Opferung seiner Frau fordern, und Signor Garlini nun schlicht
und ergreifend hofft, sie würden die fünfte oder sechste Frau dann endlich
einmal übersehen. Im Film finden sich zwar keine weiteren Hinweise in diese
Richtung, die These macht aber dennoch mindestens genausoviel Sinn wie der
reguläre Handlungsverlauf.
Die Ehe, die, wie bereits erwähnt wurde, innerhalb kürzester Zeit geschlossen
wurde – ich persönlich halte ja allgemein nichts von diesen übereilten
Heiraten, das ist vielmehr eine Sache, die man sich wirklich gut und sorgfältig
überlegen sollte – erlebt dann in ebenso kurzer Zeit ihre ersten gröberen
Krisen, was nicht verwundern mag, da sich Robert konsequent vor dem Beischlaf
drückt, und seine strenge Haushälterin Priscilla mehr zu sagen hat als Ramona,
seit ihrer Heirat eigentlich Dame des Hauses. Nicht nur die Nächte, auch die
Tage verbringt Ramona meist alleine, und geht dann ihrer Leidenschaft, dem
Zeichnen, nach; zu diesem Anlaß hofft dann auch die Spinne – ich gehe fest
davon aus, dass es sich um dieselbe Spinne wie zuvor handelt, und sei es nur,
da sie in ihrer Langsamkeit deutlich geschwächt wirkt, was wohl nur aus Hunger
ob der zuvor entgangenen Beute resultieren kann – daß ihr Ramona endlich ins Netz
geht, und schleicht sich daher wiederum unauffällig, allerdings ohne dem
Kameramann zu entgehen, an die junge Schöne heran. Allerdings entgeht ihr ihr
intendiertes Opfer wieder, da diese nun von einem jungen Mann im Anzug, dessen
Bedeutung den ganzen Film über nicht näher erläutert wird, vergewaltigt wird,
was, nur so läßt sich der weitere Film interpretieren, zu tiefem Vertrauen
zwischen den beiden führt. Auch in den späten Achtzigern war es also möglich,
einen derart geschmacklosen und frauenfeindlichen Gedanken auf den Bildschirm
zu bannen.
Leider handelt es sich nicht um die einzige Episode dieser Art, denn, wie
Ramona und ihr neuer Gefährte von einem Historiker, der zu keinem Zeitpunkt
sinnvoll in die Handlung eingeführt wurde und in etwa so deplaziert wirkt wie
eine gewisse Spinne, die inzwischen wohl tragischerweise an Nahrungsmangel
verstorben ist, beziehungsweise zumindest nicht mehr im Film vorkommt, was
mindestens ebenso bedauernswert ist, erfahren, lebte einst ein Ritter in dem
Schloß, welches nun die Garlinis bewohnen. Dieser war selbst 1420 noch
offiziell Mitglied der Templer, womit bewiesen ist, daß für diesen Film noch
ordentlich recherchiert wurde, und der, da ihm die Mitgliedschaft in einer
verbotenen Vereinigung nicht reichte, noch die Roten Mönche, die fratri rossi,
gründete. Darüber hinaus vergewaltigte er auch eine „Zigeunerin“ (Zitat) und
verliebte sich während des Aktes in deren „Anmut und Schönheit“. Auch sie hat
sich wohl in ihn verliebt, ist es doch nicht anders zu erklären, wieso sie dem
Mann, der den Ritter dann für die Inquisition gemordet hat, ewige Rache
geschworen hat. Diese sollte dessen gesamte Familie treffen, was aber im 15.
Jahrhundert offensichtlich nicht funktioniert hat, ist Robert doch ein weiterer
Nachkomme des Meuchelmörders.
Und damit nähern wir uns nun der Auflösung des Filmes. Und wahrlich löst sich
die Handlung in Wohlgefallen auf: Da Robert die Zeit davonzulaufen beginnt –
was wunderbar durch die statische Kamera, der er bis in die letzten Winkel der
Verliese wegzulaufen scheint, zum Ausdruck gebracht wird – macht er sich, wie
eben bereits angedeutet, auf in die Keller des Schlosses, um dort mit den
Mönchen zu reden; vermutlich will er einen Aufschub erbitten oder eine
halbseidene Entschuldigung, warum seine Frau denn noch lebt und nicht schon
unter der Erde ist, vorbringen. Dort, große Überraschung, wartet Ramona bereits
auf ihn, eine Klinge in den Händen und von den Mönchen umringt. Sie war
nämlich bereits tot, nur eine Inkarnation der „Zigeunerin“ (Zitat), die sich
nun ausgerechnet diesen Zeitpunkt ausgesucht hat, um sich endlich zu rächen.
Kopf ab, Film aus.
Im Endeffekt haben wir es hier also ein weiteres Mal mit einem Film zu tun, dessen
Handlung keinen Sinn ergibt. Eine freudsche Interpretation, welche die Farbe Rot als Ausdruck von Aggression und Sexualität sowie die
Schwerter, welche die Mönche stets bei sich tragen, als erigierte Phalli
deutet, erscheint möglich und sinnvoll; allerdings würde ich mich da momentan
auf sehr dünnes Eis wagen. Insofern bezeichne ich die Story lieber als sinnfrei
und verweise darauf, daß eine detaillierte Aufzählung der Widersprüche und
Plot Holes den Rahmen dieser Rezension sprengen würde. Dutzende Dinge werden
angedeutet, aber nicht erklärt, und ein roter Faden fehlt ohnehin. Es wirkt
fast so, als hätte man jeden Tag aufs Neue gerade das gespielt, worauf man
gerade Bock hatte, und im Nachhinein versucht, das Ganze irgendwie zu
verbinden. Es ist alleine schon bezeichnend, daß ein Film namens THE RED MONKS eigentlich ohne rote Mönche funktionieren würde. Selbst wenn alle
anderen Aspekte des Filmes gelungen wären – laßt es mich kurz machen: sie
bewegen sich nur auf knapp höherem Niveau – würde der Plot den Film immer noch
mit sich in den Abgrund reißen. Insofern bleibt nur zu hoffen, daß dieses Meisterwerk ein
ähnliches Schicksal wie die Familie Garlini ereilt und es in knapp 50 Jahren
der Vergessenheit angehört.
Herzlich Dank an Don Arrigone für den Gastbeitrag. Lieber Don: Es ist quasi, und das will ich besonders hervorheben, sozusagen unterstreichen,
sehr schön, wie du in diesem Text, der den Film, der da quasi zu den
Langweiligsten seiner Art – oder jeder Art auch immer – gehört, mit den
verschachtelten Sätzen und, auch das soll gelobt werden, diversen Einschüben,
sozusagen die quasi unnachgiebige Langwierigkeit des Films und, oh ja!, die
Sinnlosigkeit, möchte man fast sagen, der Handlung widerspiegelst.
The Red Monks (Italien 1988)
Originaltitel: I frati rossi
Regie: Gianni Martucci
Darsteller: Gerardo Amato, Lara Wendel, Malisa Longo, Chuck Valenti
Die auf Amazon erhältliche Version (FSK 16) ist minimal geschnitten; die über OFDB erhältliche Doppel-DVD mit dem etwas zusammenfabulierten Titel SEXORGIEN DER ROTEN MÖNCHE ist ungeschnitten und enthält eine 16:9-Fassung und eine Open-Matte-Version.
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