Der langerwartete PROMETHEUS, beziehungsweise Sir Ridley and Le Unfug: Was wurden wir in eine Erwartungshaltung gebracht für dieses Science-Fiction-Opus, das je nach Gemütslage des Regisseurs mal ein Prequel zu ALIEN war, dann wieder ein ganz eigenständiger Film in eigener Welt, dann beides zusammen, aber freilich nur einem zarten Hauch von ALIEN. Im Internet bekamen wir häppchenweise Trailer für den Trailer zu sehen, dann wurden wir mit gewaltigen Bildern angeheizt – als könnte Ridley Scott irgendwelche anderen produzieren! – und wenn uns jemand die Möglichkeit gegeben hätte, hätten wir uns PROMETHEUS sofort ansehen wollen, ob ALIEN-Prequel oder nicht. Tja, jetzt ist das große Epos im Kino, und wir sehen nicht so ganz, worauf wir da eigentlich gewartet haben.
Natürlich ist der Film eine Vorgeschichte zu ALIEN, die ebenso natürlich auch eigenständig verfolgt werden kann: Im Jahr 2094 wird ein bemanntes Raumschiff zu einem fernen Planeten geschickt, um auf der Erde gefundene Hinweise zu verfolgen, laut derer offenbar schon früher einmal Besucher aus dem Weltraum bei uns waren und der Menschheit eine Einladung ausgesprochen haben. Leiter der Expedition sind die Wissenschaftler Elizabeth Shaw (Noomi Rapace) und Charlie Holloway (Logan Marshall-Green), die fest daran glauben, auf dem Zielplaneten etwas über die Ursprünge der Menschheit erfahren zu können. Finanziert wird das Unternehmen von der (aus den ALIEN-Filmen bekannten) Weyland Corporation, die durch die knallharte Projektleiterin Meredith Vickers (Charlize Theron) repräsentiert wird. Neben verschiedenen Wissenschaftlern ist auch der Android David (Michael Fassbender) an Bord, der bei einer eventuellen Kontaktaufnahme mit Außerirdischen helfen soll.
Die Däneken-inspirierte Geschichte von den Besuchern aus dem All, die der Menschheit in ihren Anfängen geholfen haben, resultiert hier in einer Story, die über die erste Hälfte hinweg spannend bleibt und uns in die Schuhe der Wissenschaftler versetzt, die mit Ehrfurcht und Staunen ebenso wie mit Neugier und Ungeduld auf Forschungsreise gehen. Auf dem Planeten entdeckt das Team ein Höhlensystem, in dem eine atembare Luft vorherrscht – wurde hier Terraforming betrieben? – und wenig später finden sie einen riesigen Raum mit dem großen Kopf einer Statue darin: Ein Friedhof? Ein Lagerraum? Der Forschungstrupp nimmt den abgetrennten Kopf einer Leiche mit, die sie finden, und macht bei der Untersuchung der Überreste im Schiffslabor eine noch ungeheuerlichere Entdeckung …
Dann dauert es aber leider nicht mehr lange, bis der Film seine wahre Identität offenbart. Es geht nicht um die Wurzeln der Menschheit, um die Suche des Menschen nach seinem Schöpfer, um Glauben und die Konfrontation mit Gott – das alles gaukelt einem PROMETHEUS nur eine Zeitlang vor. Dann schießen schleimige Tentakelmonster aus dem Schlamm in der Höhle, ein mutierender Astronaut wird bei lebendigem Leibe abgefackelt und greift dann als Übermonster die Crew an, und Noomi Rapace legt sich mit Alien im Bauch unter eine Operations-Maschine und reißt sich das Vieh mit Gewalt aus dem Leib. Die Diskrepanz zwischen der epischen Machart und den komplett banalen Entwicklungen der Handlung ist gewaltig – gerade weil nicht nur so große Themen angerissen werden, sondern auch, weil alles mit opulenter Bildgewalt erzählt wird. Früher oder später wird einem dann klar, daß die philosophischen Fragen nur in altbekanntes Monsterfilm-Spektakel münden.
Natürlich ist PROMETHEUS über weite Strecken gewissermaßen beeindruckend: Die Bilder sind so groß und detailliert komponiert, daß man gar nicht anders kann, als überwältigt zu sein. Wenn der Film doch nur das Staunen, das die Optik hervorruft, auch mit seiner Handlung erzeugen könnte! Aber nein, hier steht die Opulenz nur im Dienste einer Horrorstory, die früher als charmantes B-Picture produziert worden wäre.
Es ist also nicht rein die Erwartungshaltung, die PROMETHEUS beim Ansehen unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Es ist seine eigene Vorlage, die uns interessante Themen in einem epischen Rahmen verspricht und dann doch nur wieder Crewleute wie die zehn kleinen Negerlein gegen wüste Biester kämpfen läßt. Natürlich sind auch die späteren Sequenzen des Films optisch makellos und absolut professionell inszeniert – aber wenn uns eine Story über die Schöpfung der Menschheit versprochen wird, sind Monsteraliens mit Tentakeln einfach nicht das, was wir gerne sehen wollen. Selbst nicht, wenn die dann in die ALIEN-Reihe münden.
Prometheus – Dunkle Zeichen (USA 2012)
Regie: Ridley Scott
Buch: Jon Spaihts, Damon Lindelof
Kamera: Dariusz Wolski
Musik: Marc Streitenfeld
Darsteller: Noomi Rapace, Michael Fassbender, Charlize Theron, Idris Elba, Guy Pearce, Logan Marshall-Green, Sean Harris
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ja, das war ein letdown gestern…
ach ja, und dieses m-magazin löst auch die guy pearce frage. unvorstellbar was da im extendend cut noch für enthüllungen auf uns zukommen werden!
Zugegebenermaßen bin ich neugierig, was vielleicht alles in dieser längeren Fassung enthalten sein könnte – wobei ich nicht glaube, daß sich die Problematik des Films (Große Fragen münden in den üblichen Monsterhorror) wirklich beheben läßt. Aber vielleicht funktioniert ja die Geschichte vom immer weiter bestehenden Glauben (also Shaws Geschichte) dann etwas besser.
Bin froh, mir das Geld gespart zu haben. Hab jetzt schon häufig gelesen, dass einzig die Bilder und Fassbender opulent wären. Schade eigentlich. Aber gute Kritik!