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[Game / PC] King’s Quest III: To Heir Is Human (1986)

So gut auch die Verkaufszahlen von KING’S QUEST II waren und so wohlwollend das Spiel von den Fans aufgenommen wurde, haftete der Fortsetzung doch ein wenig das Stigma an, nur „mehr desselben“ zu sein, anstatt wirkliche Neuerungen zu bieten. Für das 1986 erschienene KING’S QUEST III mußten Sierra und Designerin Roberta Williams also ihre beliebte Reihe wirklich weiterentwickeln, um nicht bald als „Schnee von gestern“ zu gelten – und die Herausforderung spornte das Team an: Teil 3 der Fantasy-Saga ist komplexer und aufwendiger gemacht als die beiden Vorgänger und bietet darüber hinaus eine tatsächliche Story, die sich im Lauf des Spiels entwickelt.

Der gute König Graham, den wir in den ersten beiden Teilen begleiteten, darf in KING’S QUEST III: TO HEIR IS HUMAN pausieren: Das Spiel dreht sich um den jungen Gwydion, der seine Jugend als Sklave des finsteren Zauberers Manannan verbringt. Weil Manannan stets Angst hat, daß sein aktueller Zwangsbediensteter die Kunst der Zauberei erlernen und ihn angreifen könnte, bringt er seine Sklaven jeweils zu ihrem achtzehnten Geburtstag um und entführt einfach einen neuen Jungen, den er dann für alle Dienste im Haus einspannt. Gwydion ist mittlerweile siebzehn und hat somit nicht mehr viel Zukunft vor sich – es sei denn, er kann sich aus der Gefangenschaft des Zauberers befreien …

Statt der heldenhaften Suchabenteuer der beiden Vorgänger gilt es also hier, seine Freiheit zu erkämpfen und den Magier zu überlisten. Weil Manannan gewieft ist und mit seiner Zauberei Gwydion überwachen kann, ist das eine gar nicht so einfache Aufgabe: Gwydion wird für jeden Fehltritt unnachgiebig bestraft, ob er nun das Haus verläßt, in Manannans geheimes Zauberlabor vordringt oder aber Gegenstände zusammensammelt, die für die Magie gebraucht werden. Alle Aktionen müssen also heimlich gemacht werden – Spuren müssen verwischt werden, die Gegenstände müssen versteckt werden, und Erkundungstouren sind nur unter Zeitdruck möglich, wenn sich der Magier auf eine Reise begibt oder schläft.

Es ist ja fürhin eine Geschmacksfrage, wieviel Frust man dem Adventure-Spieler zumuten darf – und für eine große Fraktion der Fans sind die tausend möglichen Todesarten der Sierra-Spiele ein rotes Tuch. Manche Adventures lassen den Spieler gar nicht sterben – oder nur in sehr seltenen Ausnahmefällen. Wer auf das plötzliche Dahinscheiden der Spielfigur allergisch reagiert, wird an KING’S QUEST III sicherlich verzweifeln: So viel und oft wie Gwydion hat nicht mal Graham in den beiden Vorgängern das Zeitliche gesegnet, weil der Junge einfach permanent von Manannan erwischt wird. Es zeigt sich hier aber auch der positive Effekt, den ein solch erbarmungsloses Spielprinzip haben kann: Gerade weil jeder Fehler im Tod der Spielfigur enden kann, baut sich eine enorme Spannung auf – man bekommt die finstere Allmacht des Magiers fast selbst zu spüren. Und umgekehrt ist es dann später eine immense Befriedigung, dem Finsterling den Garaus machen zu können. So emotional involviert wäre man kaum, wenn sich Manannans Strafen auf reines Nachsitzen beschränken würden.

Zugegebenermaßen tut Roberta Williams aber auch ihr Übriges, um den Spieler zu peinigen. Wo KING’S QUEST II noch positiv damit auffiel, daß die pixelgenauen Klettereien aus Teil 1 fallengelassen wurden, schickt Part III den Spieler permanent auf enge Bergpfade, auf denen Gwydion gerne in den Tod stürzt, wenn man drei Pixel zu weit nach links geht. Damit nicht genug: An einer Stelle wird der Pfad sogar durch einen großen Felsen für uns verdeckt – man darf sich also „blind“ vorantasten – und besagter Pfad darf mehrfach während des Spiels abmarschiert werden, weil man sich mit der praktischen Zauberkarte von Manannan zwar ins Tal und an jede schon besuchte Stelle teleportieren kann (was immerhin die langen Wegstrecken aus den vorigen Teilen abkürzt), aber nicht wieder zurück ins Haus: Dafür muß jedes Mal der beschwerliche Weg bergauf angetreten werden.

Und ja, noch eine andere eher nervige Tätigkeit brummt einem das Spiel auf: Für die Zauberei müssen im Labor wortgenau die Instruktionen aus dem Handbuch mitsamt den entsprechenden Zaubersprüchen abgetippt werden. Tippfehler oder Auslassungen resultieren im (immerhin amüsant anzusehenden) Tod der Spielfigur. Ganz klar – das Prozedere dient als versteckter Kopierschutz, weil man ohne Handbuch hier einfach steckenbleibt, aber war es wirklich notwendig, das, ähem, Vergnügen auf sieben lange Zaubersprüche auszuweiten? Aber sei’s drum: Kaum ein Sierra-Spiel kommt ohne eine Handvoll Elemente aus, die jeden Spieler fluchen lassen – und trotzdem zieht einen jedes Adventure mit seinen kreativen Geschichten und der schicken Präsentation in den Bann.

Als das Spiel 1986 erschien, beschwerten sich übrigens nicht nur diverse Spieler über die Zauberkarte (die das Game in ihren Augen zu einfach machte, da sie ja als Automap fungierte), sondern auch über die Tatsache, daß die Geschichte nichts mit den Vorgängern zu tun habe und somit das Spiel kein „richtiges“ KING’S QUEST sei. (Wahrscheinlich waren die Leute da noch vom Michael-Myers-losen HALLOWEEN III hochtraumatisiert.) Erst später im Verlauf der Handlung stellt sich heraus, wie Gwydions Story mit der Saga rund um König Graham zusammenpaßt: Gwydion, der ja als Kind entführt wurde, heißt in Wirklichkeit Alexander und ist der Sohn von Graham und Valanice – und muß deswegen nach Beseitigung des bösen Magiers auch nach Daventry zurückfinden, wo er seine Schwester, Prinzessin Rosella, aus den Klauen eines dreiköpfigen Drachen befreien darf, der das Land ins Unheil gestürzt hat.

KING’S QUEST III benutzt zwar dieselbe Spiel-Engine wie die beiden
Vorgänger, kann aber mit detaillierteren Grafiken und Animationen
aufwarten – und darüber hinaus involviert die spannende Handlung ebenso
wie die liebevoll gestaltete Fantasy-Welt, die wie die Vorgänger diverse
Motive aus Märchen, Sagen und Mythen verarbeitet: Unter anderem trifft
Gwydion im Laufe des Abenteuers auf die Medusa, den Yeti und ein Orakel. Die Puzzles sind ausgefeilter als in den Vorgängern – auch wenn es noch genug Momente gibt, wo man einen Gegenstand finden und dann entsprechend einsetzen muß, sorgt die Überwachung des Magiers für einen viel dichter gestrickten Spielablauf als noch bei Teil 1 und Teil 2. Wer das durchaus schwere Spiel ohne Hilfe durchspielt, kann sich also ungeniert auf die Schulter klopfen lassen.

TO HEIR IS HUMAN ist das KING’S-QUEST-Spiel, wo die Serie so richtig in Fahrt gerät. In manchen Kreisen gilt es sogar als bester Teil der Reihe – die ja nun wirklich keinen Mangel an interessanten, involvierenden Abenteuern aufweist. Und es markiert den Punkt, wo die Firma Sierra so richtig aufblühte, auch dank des zeitgleich veröffentlichten ersten Teils von SPACE QUEST und dank des im darauffolgenden Jahr erschienenen LEISURE SUIT LARRY sowie dem ebenso 1987 erschienenen POLICE QUEST. Dank all dieser fantastischen Adventures sollte es zwei Jahre dauern, bis KING’S QUEST IV veröffentlicht wurde – aber das ist für diesen Text noch reine Zukunftsmusik …



Die Screenshots stammen von der Seite www.mobygames.com.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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