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Frauengefängnis (1975)

Huch, was für ein garstiger kleiner Film. FRAUENGEFÄNGNIS ist die erste Zusammenarbeit zwischen dem Schweizer Schundproduzenten Erwin C. Dietrich und dem spanischen Erotomanen Jess Franco, und der Inhalt läßt sich nüchtern aus dem Titel deduzieren: Auf der einen Seite sind die Frauen, und zu der anderen Seite kommen wir später. Der 1975 veröffentlichte Streifen war nicht Francos erster Frauengefängnis-Streifen (das wäre DER HEISSE TOD von 1969), aber die Zusammenarbeit mit Dietrich scheint ihn inspiriert zu haben, noch ein paar ordentliche Schippen Schmutz nachzulegen: der Film ist Exploitation ohne Wenn und Aber.

Die Geschichte (diesen Begriff verwenden wir nur, weil sich kein adäquates Wort für die mäandernde Plotlosigkeit des Prozederes aufdrängt) von FRAUENGEFÄNGNIS spielt an eben jenem Ort, den der Titel erahnen läßt, und der befindet sich unter der eisernen Fuchtel einer sadistischen Wärterin, die sich ein Monokel ins Auge geklemmt hat und so grausam ist, daß sie stets ohne Hosen herumläuft. Gleich zu Beginn sehen wir, wie eine Gefangene in Einzelhaft erniedrigt wird: Die ist nackt mit einem Halsband an die Wand gekettet und versucht, an eine Schüssel mit Nudeln heranzukommen, während ein Wärter mit breitem Kopf ihr mit dem Stock auf die Finger klopft. Wahrscheinlich war die Rehabilitationsforschung 1975 noch nicht allzu ausgereift.

In dieses Gefängnis wird nun Maria eingeliefert, die von Jess Francos zukünftiger Frau Lina Romay gespielt wird und gleich am Empfang ein Formular unterschreiben darf, daß die Gefängnisbelegschaft zum Einsatz von Schocktherapie authorisiert. Zur Begrüßung wird sie also auch prompt kleidungslos auf ein metallenes Bettgestell gekettet und mit Elektroschocks in Stimmung gebracht, bevor sie den Gefängnisalltag kennenlernt: Links in der Zelle lallt die Gefangene, die wir anfangs kennengelernt haben, kindisch vor sich hin, rechts dagegen räkelt sich eine halbnackte Frau, die später im Film mit angezündeter Zigarette masturbieren wird. Wir gratulieren zur weisen Voraussicht, dafür die Filterseite herzunehmen.

Einstweilen läßt sich der Gouverneur eine Gefangene in sein Haus bringen, die ihm dann ihren Körper anbietet. Er schallert ihr aber angewidert eine und wirft sie auf’s Bett, wo sie dann stattdessen von dem breitköpfigen Wärter befingert wird, während der Chef zusieht und groovy auf der Hammond gejazzt wird. Franco filmt wie immer – Zoom rein, Zoom raus, Schärfe weg, Schwenk auf die Wand, alles mit der Energie von drei Schlaflaboren.

Die hosenlose Gefängnisleiterin hat sich mittlerweile ein schwarz-durchsichtiges Nylon-Nichts angezogen und liest in ihrem Privatgemach ein Buch über das Dritte Reich, bevor eine junge blonde Gefangene zu ihr gebracht wird, die sich ausziehen und auf dem Boden herumkriechen darf. Dann muß sie sich über einen Tisch beugen und wird dann von der Leiterin über ihre angebliche Jungfräulichkeit sowie über die abgefangene Botschaft ausgehorcht, in der über die brutalen Zustände im Gefängnis berichtet werden sollte. Auch hier wird unter dem Einsatz von Fingern mit quasi gynäkologischer Gründlichkeit gefilmt, bevor sich die Leiterin dann von der Gefangenen besteigen und ohrfeigen läßt. Ich vermute, daß der Film in S/M-Kreisen ein absoluter Evergreen ist.

Zeit für eine Rückblende: Da erfahren wir nämlich endlich, warum Maria überhaupt im Gefängnis ist. Sie wurde nämlich von ihrem Vater sexuell belästigt, und im Gerangel ist Papa dann unglücklich gegen den Kaminsims gefallen. Besagter Vater wird vom Regisseur selbst gespielt, und die Sequenz schrammt natürlich nur deswegen am intendierten Drama vorbei, weil melancholisches E-Piano gespielt wird und die Sequenz nicht in Zeitlupe aufgenommen, sondern gespielt wird. Der laaang-saaa-me Sturz zu Boden hat sicher viele Minuten Übung gekostet.

Nachdem die blonde Gefangene ebenfalls ein wenig Zeit in der Einzelhaft verbringen durfte, gerät wieder Maria in Bedrängnis, weil sie sich weigert, die in ihrem Essen gefundene Maus auch brav zu futtern. Also wird sie wieder auf das Elektroschock-Bett gekettet zu einer erneuten fröhlichen Runde, wobei diesmal noch ein Grobian mit Stock vorbeikommt, und man will wirklich nicht exakt wissen, was der damit macht (und kriegt es trotzdem mit).

Kommen wir flott zum Schluß – wenn der Film das schon nicht macht, weil sich da erst noch der Stationsarzt sozusagen rührend um Maria kümmern muß und unsere drei Hauptgefangenen es dann nach mühsamem Plan schaffen, den Herrn Doktor mit der Schere niederzustechen und aus dem Gefängnis zu flüchten (woraufhin die Gefängnisleiterin nochmal fröhlich eine Insassin foltern läßt). Es folgen diverse Schießereien, die kaum aufregender wären, wenn es tatsächlich Schüsse und Treffer zu sehen gäbe, und dann wird die hübsche Blonde von dem Wärter mit dem breiten Kopf gejagt und am Boden beglückt, bevor dann ein moralisch integrer Kollege den Finsterling wegputzt, die Gefangene heiratet und mit ihr einen duften Swingerclub eröffnet. (Möglich, daß ich die letzteren beiden Punkte im geistigen Endstadium hinzugedichtet habe.)

Lina Romay und die andere Gefangene werden wieder hops genommen und harren sicherlich heute noch der Fortsetzung, die leider nie produziert wurde – stattdessen drehte Franco nämlich ganz viele neue Frauengefängnisfilme mit schönen Titeln wie FRAUEN FÜR ZELLENBLOCK 9 und GRETA – HAUS OHNE MÄNNER, die sicherlich ganz andere dramatische Handlungsbögen aufweisen. Wir werden natürlich berichten. Irgendwann.

Nüchtern betrachtet – für den Fall, daß es jemand noch nicht ganz einordnen kann – ist das FRAUENGEFÄNGNIS freilich ganz haarsträubender, geschmackloser Mist. Aber ebenso nüchtern betrachtet ist der Film eigentlich gar nicht so schlimm wie vergleichbare Streifen, wo das Sado-Gedöns in teils bizarrer Doppelmoral mit den realen Schrecken des Dritten Reiches verbunden wurde (z.B. in SS CAMP 5: WOMEN’S HELL). Nicht, daß es für das Niveau des Films wirklich noch relevant wäre, wo die hübschen Mädels denn nun gefoltert werden.

Das unglaublich tief- und scharfsinnige Schlußwort meinerseits fällt übrigens heute aus.

Frauengefängnis (Schweiz 1975)
Alternativtitel: Barbed Wire Dolls, Caged Women
Regie: Jess Franco
Drehbuch: Jess Franco, Connie Grau
Kamera: „David Khunne“ (= Jess Franco)
Musik: Walter Baumgartner, Daniel J. White
Produzent: Erwin C. Dietrich
Darsteller: Lina Romay, Monica Swinn, Paul Muller, Roger Darton, Ronald Weiss

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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