Nicht gar so tragisch, wenn nicht der fertige Film trotzdem Camerons Namen tragen sollte! Cameron bot Assonitis an, ihm beim Schnitt zu helfen, was dieser ablehnte – woraufhin Cameron eine Zeitlang nachts in den Schneideraum einbrach, um dort den Film halbwegs zu retten. Assonitis kam ihm allerdings auf die Schliche und machte die Änderungen wieder rückgängig. Letztlich schaffte es Cameron, einen Deal mit dem US-Verleiher einzugehen, der es ihm erlaubte, das Material nochmal nach seinen Vorstellungen zu bearbeiten: Somit mag das Resultat zwar nur zum Teil von ihm stammen, aber immerhin konnte er eine nachvollziehbare Story aus dem trashigen Spektakel schustern.
Da tauchen also plötzlich vor der Küste eines jamaikanischen Touristenidylls gemeine Piranhas auf, die unschuldige Taucher wegknabbern und sogar mit Flügeln ausgestattet sind, mit denen sie über das Land fliegen und auch Nichtschwimmer verputzen können. Schuld daran, wie sich herausstellt, ist das Militär, das dort im Meer vier Kanister mit irgendeiner Gen-Soße (vermutlich Flugpiranhas aus dem YPS-Heft) verloren hat, aber nur drei davon wieder bergen konnte. Während also die hübsche Tauchlehrerin Anne mit dem feschen Kerl vom Militärexperiment anbandelt und vergeblich versucht, den Strand sperren zu lassen (natürlich sitzt in solchen Filmen immer ein geldgieriger Kapitalist, der alle Warnungen in den Wind schlägt und den normalen Ferienbetrieb aufrechterhält), versucht ihr Ex-Ehemann Steve, Polizist des Ortes, herauszufinden, woher auf einmal die vielen angebissenen Leichen kommen. Weil Steve von Lance Henriksen gespielt wird, lacht der auch nie, sobald jemand von den fliegenden Piranhas erzählt.
Thematisch fühlt man sich also doch gleich wie in einem richtigen Cameron-Film: Große Teile spielen auf dem Wasser, es gibt Tauchgänge zu einem versunkenen Schiffswrack, und es gibt Hauptfiguren mit Eheproblemen wie in THE ABYSS oder TRUE LIES. Qualitativ fügt sich der Film dann doch eher in das Gros der italienischen Rip-Off-Streifen ein: Da rödelt ein Synthesizer bei jedem Fischangriff, alle Szenen sind sehr holprig aneinandergestöpselt, und die meisten Schauspieler – nun, „they couldn’t act their way out of a paper bag“, würde der Amerikaner da sagen, und ich frage mich dann immer, was diese Schauspieler überhaupt in der Papiertüte tun und wie die da hineingekommen sind.
Cameron bemüht sich, die blöden Fische einfach möglichst wenig zu zeigen, aber das ist natürlich nicht so einfach, wenn die Handlung einfach sonst nichts hergibt als Fischattacken. Ein wenig Blut gibt es auch, und hier und dort sind auch nackte Frauen zu sehen, die von Assonitis abgefilmt wurden – der sich wohl gedacht hat: Das einzige, was besser ist als ein Film mit fliegenden Piranhas, ist ein Film mit fliegenden Piranhas und nackten Frauen. Von Corman hat Assonitis dann wohl auch gelernt, daß sich jeder Film mit einer Hubschrauberexplosion verbessern läßt (die Corman dann, wenn der Film gar keine Hubschrauber aufwies, zumindest in den Trailer schnitt), und wertet die fliegenden Fischstäbchen dann mit einer Hubschrauberexplosion *und* einer Schiffswrackexplosion auf. Hoppla, haben wir jetzt das Ende verraten?
Aber hat nicht jeder Cinephile insgeheim eine kleine Schwäche für Filme, in denen sich Menschen Gummitiere an den Hals halten und dann wild herumzappeln müssen, um zu zeigen, wie sehr sie gegen die mordlüsternen Biester ankämpfen?
Piranha II – Fliegende Killer (Italien/USA 1981)
Originaltitel: Piranha II: The Spawning
Regie: James Cameron
Drehbuch: H.A. Milton
Kamera: Roberto D’Ettorre Piazzoli
Musik: Steve Powder (=Stelvio Cipriani)
Darsteller: Tricia O’Neil, Steve Marachuk, Lance Henriksen, Ted Richert, Ricky G. Paull, Leslie Graves
Länge: 91 Minuten
FSK: 16
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