„Talking? During horsehead bookends?“
Das muß man STUDENT BODIES ja lassen: Es ist leicht zu sehen, wie daraus ein Kultfilm werden konnte. Das heißt in dem Fall nicht, daß der Film besonders brilliant wäre – er ist in der Tat eigentlich wirklich schlecht. Aber irgendwie verknüpft sich die niedere Qualität der Umsetzung mit den zahllosen merkwürdigen Einfällen und behämmerten Witzen hier doch zu etwas, das vermutlich immensen Spaß macht, je öfter man den Film schaut: Klarer Insider-Kult quasi.
Interessant ist die Produktion alleine schon deswegen, weil sie 1981 zur Slasher-Welle eine Parodie auf die Myriaden von Horrorfilmen darstellt, in denen ein (zumeist maskierter) Irrer Dutzende von Teenagern abmurkst: Als solche steht sie nämlich weit vor den augenzwinkernden Spätslashern (wie DIE HORROR-PARTY von 1986) oder der scharfen Ironie der SCREAM-Trilogie von Craven und Williamson. (Fairerweise muß darauf hingewiesen werden, daß es 1981 noch eine andere Slasher-Parodie gab: SATURDAY THE 14TH; der Ruf des Films ist nicht gut, aber selber konnte ich seine etwaigen Meriten bislang nicht überprüfen.) Geschrieben wurde STUDENT BODIES von Mickey Rose, einem Freund von Woody Allen, der an einigen Drehbüchern des Allen-Frühwerks mitarbeitete (z.B. BANANAS und WOODY – DER UNGLÜCKSRABE). Paramount produzierte den Film damals nur, weil Autorenstreik war und man Geld in nicht mit der Gewerkschaft zusammenhängende Produktionen steckte, um Material zu haben. Regie übernahm offenbar Michael Ritchie, der aber nicht genannt wird und sich als Produzent nur „Allen Smithee“ nennt – es gab scheinbar Probleme während des Drehs, Ritchie wurde entweder gefeuert oder ging freiwillig, und Rose, der offiziell als Regisseur gelistet wurde, versuchte, den Film selbst fertigzustellen.
Die Geschichte ist die handelsübliche Slasher-Story: An einer Highschool geht ein wahnsinniger Killer um, der nach und nach die Teenager umbringt. Der eigentlich reaktionäre Kern der Vorbilder (der wohl weniger im politischen Sinn reaktionär als im Sinne der cautionary tales mit moralisch tief verwurzelten Richtig-Falsch-Ursache-Wirkung-Prinzipien arbeitet), bei denen gerne die „tugendhaften“ Figuren überleben, während die an Sex und Drogen interessierten Jugendlichen „bestraft“ werden, wird hier gezielt ausgesprochen: Der Killer mordet hauptsächlich Pärchen, die miteinander schlafen wollen, was als Muster auch von diversen Figuren im Film wiedergegeben wird. Natürlich sind viele Figuren verdächtig – Lehrer, Schüler, der Direktor, der Hausmeister – und natürlich liegt es an einer eher biederen Schülerin, die Morde zu untersuchen.
„Julie, you’re not responding to my maleness.“
Der Humor von STUDENT BODIES orientiert sich ein wenig an den Mel-Brooks-schen Parodien, wo gerne die vierte Wand gebrochen wird (beispielsweise in HIGH ANXIETY, wo bei der Erwähnung eines möglichen Mordes dramatische Musik ertönt, die, wie sich dann herausstellt, aus dem vorbeifahrenden Tourbus eines Philharmonieorchesters dröhnt), genauso wie an den gerne die Handlungsautomatismen hervorhebenden MAD-Parodien – und setzt beides mit einer Vielzahl von völlig behämmerten Witzen um, bei denen man sich gerne mal mit der Hand auf die Stirn klatscht. Da ist also beispielsweise der Schulpsychiater, Dr. Sigmund (Tusch!), der uns über Persönlichkeitsspaltung aufklärt und dabei durch sein Büro läuft, wo er alle sorgsam arrangierten Gegenstände leicht verschiebt: Er hängt das Bild etwas schiefer, er legt den Telefonhörer andersherum auf den Apparat, er verrückt seine Schreibunterlage. Dann setzt er sich in seinen Sessel, betrachtet überrascht seine Einrichtung und ist empört: „Somebody has been using my office!“
Manches davon ist natürlich in seiner Dämlichkeit und Abstrusität überaus gelungen – zum Beispiel der wahnsinnige Handarbeitslehrer, dessen Lebens- (und Unterrichts-)Inhalt aus dem Herstellen von hölzernen Buchstützen mit zierenden Pferdeköpfen besteht. Der gute Mann ist dann auch entsprechend empört, daß die Schüler seinen Ausführungen nicht die volle Aufmerksamkeit schenken („Talking? During horsehead bookends?“), und bietet später dem Killer an, daß er ihm beibringen wird, wie man schöne horsehead bookends herstellt, wenn er dafür verschont wird. Absolut brilliant eine Sequenz, wo plötzlich ein älterer Ansager zu sehen ist, der den Zusehern erklärt, daß Filme mit R-Rating viel mehr Geld machen als solche ohne Altersbeschränkung, und weil der Film nicht genug Sex und nicht genug Blut für ein R-Rating bietet, möchte er die Gelegenheit nutzen, den Zusehern ein herzliches „Fuck you“ zu wünschen. (Die Sequenz hat in der Tat im Alleingang dem Film ein R-Rating beschert!) Und vergessen wir mal nicht, daß der Killer am Telefon seine Stimme mithilfe eines Gummihuhns verstellt – woraufhin eine Lehrerin wissend nickt: „Ich dachte mir schon, daß das wie ein Gummihuhn klingt.“
Mrs. Van Dyke: „Did you hang up?“
The Killer: „No, I just said ‚click‘.“
Erwähnen wir aber mal ebenso die ganze Palette an Geschmacklosigkeiten, die teilweise vielleicht Pate für die spätere SCARY-MOVIE-Reihe standen: Eine Sequenz, in der ein blinder Autofahrer und ein Autofahrer im Rollstuhl sich um einen Behindertenparkplatz streiten, ist ebenso schön beknackt wie die Erklärung des afrikanischen Austauschschülers, warum er erst am letzten Schultag an der Schule erscheint: „Ich bin mit dem Bus gekommen“. Wesentlich derber dann die Sitzung bei Dr. Sigmund, wo eine Schülerin erklärt, daß ihr Papa sie immer im Schrank eingesperrt hat, und sich mit dazu, und ihr dann erklärt hat, daß Sex etwas Schlechtes sei. „Und deine Mutter?“, will der Psychologe wissen. „Die hat auch gesagt, daß Sex schlecht ist, aber nur mit Papa.“ Vielleicht ist der Witz nicht einmal so hart gemeint, wie er nicht nur bei näherer Betrachtung ist. Und ja: Es gibt diverse Witze mit Blähungen und anderen Körperfunktionen, die den Wayans-Brüdern sicherlich sehr gefallen haben – wobei man zugeben muß, daß der beschränkte Hausmeister, der beim Direx in den Mülleimer pinkelt, weil vor dem Umbau des Hauses dort die Toilette war, durchaus lustig ist.
Abgesehen vom eigenen Humorempfinden – wer mit grobem Holzhammer-Humor und merkwürdigen Absurditäten nichts anfangen kann, wird den Film nicht durchstehen – kann aber so oder so nicht von einem gelungenen Film die Rede sein: Zu dilettantisch und offensichtlich ist alles inszeniert, zu wenig funktioniert die Story, die schon kaum als Vehikel für die ganzen Witze trägt, geschweige denn den Zuseher bei der Stange halten kann (die Brillianz von SCREAM liegt ja unter anderem darin, daß der Film nicht nur als Horrorfilmparodie funktioniert, sondern auch als Horrorfilm). Gerade nach der Hälfte ist eigentlich schon genug, und der Film zieht sich und zieht sich, die Witze werden dünner und weniger und – noch schlimmer! – vorhersehbarer. Bis zu den letzten 10 Minuten quält man sich dann doch schon ziemlich durch – und die sind dann so dermaßen gaga und bunt, daß man nicht genau weiß, was man sich gerade eingeworfen hat. Womit einen der Film ja dann auch wiederum mit einem gewissen Widerhaken entläßt.
Und weil’s so schön ist, hier der nette Lehrer mit seinen horsehead bookends:
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