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Genzel ist ein Meister der explodierenden Faust!

Die Zeit streicht vorbei, der Blog liegt brach, und dabei ist es doch eigentlich schon längst angebrochen – 2010 natürlich, das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen. Nachdem jetzt Kollege H. seinen Blog nach einer Abstinenz von 3 Jahren und 4 Monaten wieder reaktiviert hat, darf ich selbst natürlich nicht hinten anstehen.

Nutzen wir die Gelegenheit doch gleich, um mit den spielerischen Verdiensten der vergangenen Zeit zu protzen: Einen Tag vor Weihnachten habe ich DOOM II auf Ultra-Violence durchgespielt – mal wieder, muß man sagen. Genaugenommen zum dritten Mal (das erste Mal kurz nach Erscheinen, das zweite Mal ist in den Archiven dieses Blogs dokumentiert: hier). Und diesmal auch wieder den Endmotz ohne Cheat fresh gemacht. Inspiriert wurde das erneute Spielen übrigens nicht nur dadurch, daß es einer meiner Favoriten ist, sondern auch dadurch, daß der junge Eleve Peter sich kurz davor ebenso daran gemacht hat, es zu spielen – und zwar zum ersten Mal (allerdings nicht auf Ultra-Violence, dafür ist er noch zu jung).

Der Streß hat gegenüber den ersten zwei Malen übrigens abgenommen – es hilft, wenn man eh schon weiß, daß immer etwas total Fieses passieren und man gleich überrannt wird – aber der Spaß dran bleibt nach wie vor. Und weil im oben verlinkten Blogeintrag sehr unwissenschaftlich aus einer alten Computerzeitschrift paraphrasiert wurde, sollen hier noch ein paar Originalzitate aus den damaligen Rezensionen das Gemüt erheitern:

Außerdem sorgt der unverschämt hohe Schwierigkeitsgrad dafür, daß man ohne den entsprechenden Cheat schon nach wenigen Schritten in der eigenen Blutlache ertrinkt.“ – Petra Maueröder, PC Games 12/94

[D]ie Monsterdichte [wurde] auf kaum mehr bewältigbare Werte erhöht.“ – Winnie Forster, PC Player 11/94

Wer die 32 Levels überstehen will, hat ohne Cheat eigentlich nur im ‚I’m too young to die‘-Modus Chancen.“ – ASM 11/94

[F]ür einen durchschnittlichen (und ehrlichen!) Spieler dürfte es schon bei mittlerer Schwierigkeitsstufe nahezu unmöglich sein, den letzten Level zu sehen.“ – Rainer Rosshirt, Play Time 12/94

Zack!

Die wirklichen Aufgaben des Lebens sind ja aber doch die, die man noch nicht bewältigt hat. Eine davon (auf einer Liste, die freilich ganz, ganz kurz ist) war es immer, FIST II durchzuspielen – die Fortsetzung des C64-Klassikers THE WAY OF THE EXPLODING FIST, einem sehr schönen Karate-Sportspiel von Melbourne House.

FIST II: THE LEGEND CONTINUES hat das Kampfsystem dann in ein Action-Abenteuer gepackt, bei dem man durch Dschungel, Häuser und Höhlen läuft, um die bösen Henchmen des gar finsteren Warlords zu verprügeln, der mit eiserner Hand (oder sonstigem Körperteil) das Land unterdrückt. Dabei sucht man nach Schriftrollen, die man in Tempeln studieren muß, um spezielle Fähigkeiten zu erlernen – die erste Schriftrolle beispielsweise gibt einen Stärkebonus, der es einem erlaubt, im Weg herumstehende Steinhaufen wegzubröseln. Das Ganze ist nicht so puzzlelastig, wie es klingen mag – die Herausforderung liegt einerseits im labyrinthischen Aufbau des Spiels, bei dem stets ein Dschungelsegment dem anderen gleicht (jetzt, wo ich das tippe, fällt mir auf, daß das gar nicht so unrealistisch ist!) und man endlose Strecken zurücklegen muß, um die Schriftrollen in die dafür vorgesehenen Tempel zu bringen – ohne Plan oder guten Orientierungssinn verläuft man sich gnadenlos. Das wäre aber natürlich auch gar nicht so tragisch, wenn nicht die Gegner knüppelhart wären – man geht vom Startschirm gleich nach links und wird auch gerne schon mal vom ersten Prügelknaben weichgekloppt. Nach rechts wartet auch einer, der etwas einfacher ist, aber den ungeübten Spieler trotzdem freundlich innerhalb von ein paar Sekunden in den Staub zwingt.

Ich habe das Spiel damals als Kind bei meinem Kumpel Frank gesehen (auf seinem schönen Monochrom-Bildschirm – alles grün und mit diesen netten Schlieren, die jede Bewegung nach sich zog) und bin dann trotz vieler Versuche nie wirklich weit gekommen – vierter oder fünfter Gegner, irgendwo auf den Berg rauf, und dann trafen sich schon wieder des Feindes Füße fatal mit meinem Gesicht. Vor einigen Jahren habe ich dann mal mit Fellow Retrospieler Ef über das Spiel geredet, das auch er in guter Erinnerung hatte, und wir haben uns vorgenommen, es jetzt endlich mal durchzuspielen (das Vorhaben hatte einen ironischen Beigeschmack, weil sich jeder bei FIST II nur daran erinnert, wie hammerhart das Spiel war – und wie toll und atmosphärisch die Musik war). Nun, ich bin bis zum zweiten oder dritten Gegner gekommen, Herr Ef wurde gleich vom ersten weggeputzt – Vorhaben gestorben.

Bis jetzt natürlich – an zwei Tagen des Januars 2010 mußte der fiese Möpp dran glauben. Sobald man das Kampfsystem mal heraus hat und sich ein paar Kniffe angeeignet hat, mit denen den Gegnern gut beizukommen ist, wird alles weniger stressig, und dann darf man sozusagen ungestört herumirren. Ich bin am zweiten Tag (der erste war zum Training) dann ungefähr sechs Stunden drangesessen – wenn man gezielt weiß, wohin man gehen muß, und sich nicht aufhält, dürfte eine komplette Runde um die zwei Stunden dauern.

Die Endsequenz ist übrigens selbst für damalige Verhältnisse enttäuschend – man haut also dem Warlord mit dem flimmernden Gesicht eins auf die Omme, verschwindet dann aus seinem geheimen Vulkan und sieht dann einen Schirm, in dem keine Spielfigur mehr zu finden ist. Im Hintergrund explodiert in einer ganz einfachen Animation der Vulkan. Zunächst wundert man sich mal, wohin die Spielfigur verschwunden ist, und rödelt eine Zeitlang am Joystick herum, ob sich denn noch irgendwas tut. Dann wartet man einfach und schaut sich die Animation an (die nie aufhört), ob noch irgendwas kommt. Und dann wartet man noch ein bißchen. Und dann hab‘ ich im Netz nachgesehen (während im Nebenzimmer der Vulkan weiterexplodierte) und mußte feststellen, daß dies in der Tat die ganze Endsequenz ist. Ende Gelände.

Aber nun ja, das soll uns mal nicht das Gefühl vermiesen, ein superhartes Spiel geknackt zu haben – nach nur ungefähr 23 Jahren! – und ab sofort von Herrn Ef nur noch mit „Meister der explodierenden Faust“ angeredet werden zu dürfen.

Und weil die Musik wirklich verdammt cool ist, hier der Link zu einem guten Remix: Fist II Song 3 (Elektro Mix), Remix von DNL.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

    1 Comment

    1. Man muss die Konsequenz bewundern, mit der Herr Genzel eine Sache angeht. Nichts bleibt unvollendet, und dauert es auch noch so lange, Erfolge werden gefeiert. Ich bin gespannt auf das nächste Projekt!

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