Uncategorized

Terminator: Salvation (2009)

So, nun haben wir sie also gesehen, die Zukunft. Und sie wird vor allem eins: laut. Irgendwie kommt es einem ja immer wie eine Ewigkeit vor, wenn man beständig Nachrichten von einer geplanten Fortsetzung liest, und die Entstehung dann sporadisch über verschiedene News-Seiten mitverfolgt. Aber irgendwann ist das Ding dann halt da und in 2 Stunden gegessen – und manchmal ist es damit auch schon wieder abgehakt, eingetütet, und kann somit dann auch wieder vergessen werden. Wie in diesem Fall: Bei TERMINATOR SALVATION.

Wir müssen ja nicht extra erwähnen, wie grandios der Erstling ist. Wir tun’s trotzdem: Es gibt wenig SF-Actionfilme, die düsterer und nihilistischer und mitreißender sind als THE TERMINATOR. Der Film ist der pure, atemberaubende Terror: Eine unaufhaltsame Killermaschine stapft durch unsere Zeit und kann von nichts und niemandem aufgehalten werden; die Frau, die er jagt, wird überall für verrückt gehalten, während sich die Maschine durch Leichenberge pflügt; der Typ, der sie beschützen soll, ist auch nur ein Mensch, der der Maschine wenig entgegenzubringen hat und ganz obendrein offenbar völlig irre ist. Und das alles in einer Geschichte über das Ende der Menschheit durch das, was wir selbst geschaffen haben. Der Film war so fies, daß es uns nicht gewundert hätte, wenn er damit geendet hätte, daß Sarah Connor stirbt und die Maschinen gewinnen.

Ich habe auch T2 geliebt und vielfach geschaut, und ich bin ja in einer absoluten Minderheit von Leuten, die T3 lieben und die Fortführung der Geschichte verdammt interessant und konsequent finden. Klar ist die Terminatrix viel niedlicher als der bösartige T-1000 – aber immerhin war ja bei T2 schon Arnie als Beschützer dabei, der mit High-Five-Zeichen signalisierte, daß alles gut wird. Wenigstens war er in T3 dann ein absolutes Auslaufmodell, und John Connor war eine absolut gebrochene Figur, die alles verloren hatte, was ihr wichtig war. Am Schluß kam die finstere Erkenntnis, daß wir nichts tun können, um unser Schicksal zu ändern.

In T4 sehen wir nun also die Zukunft, den Kampf der Menschen gegen die Maschinen. Kurze Eindrücke davon haben wir schon in den ersten beiden Filmen gesehen: Eine harte, apokalyptische Zukunft, in der die Menschen hoffnungslos in kleinen Bunkern kauern und sich hinter einem menschlichen Gesicht eine Tötungsmaschine verbergen kann. Wie sieht die Zukunft in T4 aus? Na, wie in BLACK HAWK DOWN: Harte militärische Typen brüllen Kommandos und ballern aus allen Rohren auf diverses Blech. Alle paar Minuten fliegt etwas in die Luft, knallen Kugeln durch die Gegend, stürzen Helikopter ab und was weiß ich, aber die Figuren laufen da durch wie eine Marine-Spezialeinheit. Angst hat da keiner, und die Hoffnungslosigkeit wurde durch soldatische Zackigkeit ersetzt.

Was wäre interessant an dieser Zukunftsgeschichte, mal abseits von dem Spektakel? Zum Beispiel: Wie wird ein einfacher Mann zum Held und dann zum Anführer des Widerstands? In T4 ist John Connor schon ein Held, der mit brütendem Gesicht Dutzende von Terminatoren erledigt und den nicht mal ein Helikoptercrash arg aus der Ruhe bringt. Anführer ist er noch nicht, aber eigentlich hört schon jeder auf ihn; er hält schon schwungvolle Reden und befindet sich bereits in exakt der Rolle, die ihm zugesprochen wurde. Völlig uninteressant.

Auch interessant wäre: Wie haben sich die Menschen nach dem durch SkyNet verursachten Atomschlag überhaupt wieder zusammengerottet? Wie ist der Widerstand entstanden? Wie überleben die Menschen überhaupt in dieser postapokalyptischen Welt? Wovon leben sie? Was gibt ihnen Hoffnung und Überlebenswillen? McG, der T4 als reines Dezibelspektakel sieht, hat für all solche Sachen keine Zeit: Wir befinden uns halt schon im Krieg, verdammt noch mal, und das bedeutet, wir können viel kaputt machen und dann noch mehr kaputt machen.

Eigentlich ist T4 ja auch gar nicht die Geschichte von John Connor. Es ist die Geschichte von Marcus, der zum Cyborg umgewandelt wird, was er selbst gar nicht mitkriegt. Marcus wird von SkyNet dazu verwendet, den Widerstand zu infiltrieren, und entweder hat SkyNet einfach einen so genialen Plan, der in so vielen hundert Punkten zusammenkommt, oder es gab halt einfach keinen Plan. SkyNet weiß aus irgendeinem Grund auch, daß Kyle Reese der Vater von John Connor ist, aber die Maschinen schnappen sich Reese lebendig, um ihn als Köder einzusetzen – obwohl sie ihn stattdessen ja einfach nur wegputzen müßten, um den Krieg zu gewinnen. Eigentlich weiß SkyNet ja auch nur, daß John Connor sterben muß, weil er der Anführer des Widerstands ist (das wissen wir ja aus Teil 1); da John Connor hier *nicht* der Anführer des Widerstands ist, sieht es wohl eher so aus, als hätte SkyNet die Infos aus dem Drehbuch und nicht etwa aus einer logischen Deduktion. Zu diesem Zeitpunkt John Connor umzubringen macht für SkyNet doch genauso viel Sinn, wie Hans Mützenhuber umzunieten.

Aber vielleicht liegt es auch daran, daß SkyNet sich hier so dämlich anstellt. Daß es Reese am Leben läßt. Daß es John Connor ins Innere der Kommandozentrale kommen läßt, anstatt ihn einfach gleich am Eingang mit einer Dutzendschaft Terminatoren zu empfangen. Daß es einen Cyborg verwendet, um den Widerstand zu infiltrieren, obwohl der Cyborg das selbst gar nicht weiß; und daß es selbigem Cyborg dann in langer Monologsequenz den Plan hinterher überhaupt noch erklärt. Das ist keine künstliche Intelligenz, das ist eine dumme Basic-Routine.

Es ist ziemlich viel schwachsinnig an T4, aber wir müssen ja hier nicht alles auflisten. Es wäre auch viel weniger tragisch, wenn das Drehbuch uns irgendwie fesseln würde; wenn uns die Figuren in irgendeiner Weise interessieren würden. So bleibt halt nur Action über, und die ist freilich größtenteils toll gemacht, aber wie’s halt so ist mit dem reinen Spektakel: Wenn man nicht drin ist, dann guckt man nur zu und langweilt sich halt irgendwann brutal. Oder macht sich lustig über das Geschehen: Guck mal, da hat sich ein Düsenjäger hinter einem Brückenpfeiler versteckt! Guck mal, der nette Harvester, der mit Jurassic-Park-Gestampfe und lautem Dröhnen bewegt, hat sich wohl an die Rebellenbaracke angeschlichen, bevor er in den „Laut“-Modus umgeschaltet hat!

Die fünf Minuten Dialog im Film sind allerdings dann auch wieder so erbärmlich, daß man die stupide Action doch wieder bevorzugt. „Ich habe schon lange keine netten Jungs mehr kennengelernt“, säuselt Moon Bloodgood in einer völlig aufgesetzten Szene, aber bevor die dann noch mehr Quark reden, fliegt zum Glück eh schon wieder was in die Luft. Statt einer Handlung gibt’s Beschäftigungstherapie, wenn man sich mal ansieht, was sich zwischen dem Anfang des Films und dem Ende getan hat: Richtig, es geht um gar nichts. Für einen kurzen Moment freut man sich, wenn der T-800 mit dem aufgeklebten Arniekopf auftaucht, aber das hält auch nicht lange an, weil die Terminatoren in diesem Film die Leute immer nur doof durch die Luft werfen, anstatt ihnen einfach die Metallhand an die Gurgel zu setzen und zuzudrücken.

Das war nun also der neue TERMINATOR, und eigentlich hab‘ ich mir die ganze Zeit nur eins gedacht: Ich will den ersten mal wieder sehen. Bei den Besucherzahlen steht uns ja sicherlich bald T5 ins Haus, aber ganz ehrlich: Das kann doch nur EPISODE II zu diesem EPISODE I werden.

—————–
4 8 15 16 23 42

Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

    2 Comments

    1. jo, der war ein verhau. aber irgendjemand muss das alles für eine gute idee gehalten haben.

      oder wir werden echt zu alt für den scheiß. an den trailern vor dme film hat man eh gesehen wer die zielgruppe ist. die anderen terminatoren gesehen zu haben ist nicht voraussetzung für die erlösung, also zielt das ganze vielleicht garnicht auf uns ab. wie bei star trek, wos ja auch eher drum geht eine neue trekkie generation heran zu züchten. weil aufregen über abrams film tun sich ja nur die alteingesessenen fans. die jungen findens eh cool. hier vielleicht das gleiche. es befriedigt die sehgewohnheiten der heute jungen und fertig.

    2. Ja, das Alter hat wohl schon etwas damit zu tun … wenn ich noch ein Teenager wäre, hätte mich das ganze Spektakel sicherlich mehr mitgerissen. Andererseits habe ich ja auch als Teenager nicht alles bedingungslos gut gefunden, und den vierten Indy fand' ich ja nun auch super, obwohl ich vielleicht nicht mehr so ganz in der Zielgruppe bin.

      Vermutlich findet man halt manche Sachen nur gut, wenn man auch in der entsprechenden Zielgruppe ist, und andere Sachen bleiben gut, weil sie eben auch zielgruppenunabhängige qualitative Merkmale haben.

    Comments are closed.

    0 %