Herzlich willkommen zum schlechtesten Zombiefilm der Welt! Jaja, solche Superlative werden ja sehr gerne in den Raum geworfen, wenn ein Film einfach von vorn bis hinten in seiner minderen Qualität die Grenze zum Unglaublichen überschreitet. Der hier vorliegende heißt HÖLLE DER LEBENDEN TOTEN, ist eine italienisch-spanische Co-Produktion von 1980 und hat seinen Platz unter den schrecklichsten Zombiefilmen noch auf die altmodische Art und Weise gesichert: Er hat ihn sich verdient. Eigentlich braucht man ja bloß darauf hinzuweisen, daß der Streifen von Bruno Mattei inszeniert wurde, um sämtliche Zweifel zu zerstreuen – immerhin hat Mattei ja auch den sagenhaft inkompetenten Rip-Off-Schund ROBOMAN und CONTAMINATOR auf dem Kerbholz.
INFERNO DEI MORTI VIVENTI lief rund um die Welt auch als VIRUS, als ZOMBIE CREEPING FLESH, als NIGHT OF THE ZOMBIES, als ZOMBI 5: ULTIMATE NIGHTMARE, als HELL OF THE LIVING DEAD, und als APOCALIPSIS CANIBAL. Es hilft freilich alles nichts: Es bleibt immer derselbe Unfug. Der Film ist einer von mehreren zu der Zeit sehr populären Kopien von Romeros DAWN OF THE DEAD, und weil sich Mattei wirklich schwerst inspiriert gefühlt hat, nennt er sich im Vorspann auch gleich „Vincent Dawn“.
Der Film beginnt in einer Fabrik in Neuguinea, wo in einer Kommandozentrale bebrillte Wissenschaftler ominöse Knöpfe drücken, während zwei Arbeiter auf einem Kontrollgang eine tote Ratte in einem sterilen Bereich entdecken. Nach kurzem Staunen zappelt die Ratte dann plötzlich untot umher, klettert einem Arbeiter in den Anzug herein und zerbeißt ihn, woraufhin aus allen Richtungen rote Farbe aus dem Anzug und von innen gegen das Sichtfenster der Schutzmaske spritzt. So nimmt das Unglück seinen Lauf: Plötzlich austretender grüner Rauch – Gas, um Himmels willen! – läßt sämtliche Menschen zu Zombies mutieren, und es hilft wohl nicht, daß ihre Schutzanzüge eigentlich nur aus einer Art übergestülpter Kapuze bestehen, die lose über den Kopf gezogen wird und eigentlich nirgendwo befestigt ist.
Dann lernen wir unsere Helden kennen: Eine vierköpfige Spezialeinheit, die gerade mit einer Geiselsituation im amerikanischen Konsulat beschäftigt ist. Der Anführer der Bande bekommt von einem Mann mit Schuhcreme im Gesicht einen Fernseher reingetragen und beobachtet die Polizeiaktionen außerhalb des Gebäudes, die live von Fernsehteams übertragen werden, während unser Team das Gebäude von mehreren Seiten stürmt und den Rotzlöffeln kurzerhand die Schurkenvisagen wegblättert. Freilich besteht wenig Anlaß zu solch rabiaten Maßnahmen, beschränkt sich der Hauptgeiselnehmer doch darauf, mit einer Waffe herumzufuchteln und Drohungen auszustoßen – selbst als die Polizei Tränengas durchs Fenster wirft, läßt er seine Geiseln zufrieden am Boden liegen.
Und so begeben sich die vier Helden in die Wildnis von Neuguinea, um den Untoten einen Strich durch ihre Freßtour zu machen. Dabei treffen sie einen Reporter mit Pornoschnauzer und eine blonde Journalistin, die sich ohne ersichtlichen Anlaß auszieht und weiße Kreise auf die Brüste malt, um mit den Eingeborenen in einem Dorf zu kommunizieren.
Weil der Film in Spanien gedreht wurde, sehen Flora und Fauna natürlich nur mit zugekniffenem Auge nach Neuguinea aus. Aber das ist kein Problem, das Bruno nicht souverän lächelnd im Griff hätte: Ständig werden aufgekaufte Aufnahmen aus einer Naturdoku zwischen die Szenen geschnitten, wo es in scheinbar endloser Abfolge springende Affen, rennende Hyänen, hysterische Elefanten, bunte Schmetterlinge, aufgescheuchte Vögel, rudernde Eingeborene und andere Vorabendprogramm-Einstellungen zu sehen gibt. Auch das Dorf mit den Eingeborenen wurde aus einer aufgekauften Doku hineingeschnitten, weswegen man sich lange, lange Sequenzen ansehen darf, in denen ausgehungerte Menschen merkwürdige Rituale feiern und Maden essen. Der ungeduldige Zuseher wartet vielleicht darauf, daß bald Zombies anmarschiert kommen, aber Bruno hat für die olle Doku gezahlt, und jetzt wird sie auch gezeigt, verdammt noch mal! Ein paar angemalte Schwarze stehen dann tatsächlich mit der nackten Reporterin zusammen im Bild, und ich bin vielleicht sehr kleinlich, wenn ich darauf hinweise, daß sie weder in Hautfarbe oder Bemalung, noch in ihrer Kleidung oder den im Hintergrund stehenden Behausungen zu den im Archivmaterial gezeigten Dorfbewohnern passen.
Immerhin darf man die meiste Zeit über der stimmungsvollen Musik der Gruppe Goblin lauschen. Daß die Musik so gut ist, liegt wahrscheinlich daran, daß sie aus dem Soundtrack zu DAWN OF THE DEAD stammt und ein paar Stücke aus anderen Goblin-Scores mitverwurschtelt – darunter BUIO OMEGA. Bruno Mattei hat in einem Interview erläutert, daß die Produktionsfirma die Rechte an einer Ladung alter Goblin-Scores erworben hat, während Goblin-Musiker Claudio Simonetti eher das Wort „geklaut“ verwendet.
Es ist natürlich kein Ende abzusehen mit den Naturaufnahmen – die übrigens auch vom Filmmaterial her sehr leicht von den restlichen Szenen zu unterscheiden sind – aber immerhin greifen dann doch immer mal wieder herumwankende Untote an, von denen manche so mit den Armen rudernd und augenrollend durch die Gegend stolpern, daß man sich bei einem Udo-Jürgens-Konzert wähnt. Die vier schwer bewaffneten Jungs pumpen viel Blei in die Zombiekörper, aber auch, nachdem sie die Information erhalten haben, daß nur ein Kopfschuß die Biester aufhalten kann, verbringen sie sehr viel Zeit damit, mit angestrengtem Gesicht auf Herz, Arme, Knie, Bauch, Brustkorb und Nippel zu zielen. Jedesmal schütteln sie dann den Kopf und sagen: „Wir kommen nicht gegen sie an!“ Man darf sich sicher sein, daß die Zombies kein Hirn essen, weil sie die vier Söldner sonst gleich in Ruhe lassen würden.
Unterdessen wird bei den Vereinten Nationen eine Sondersitzung einberufen, in der ein erboster Neuguineaner anklagende Worte an sein Umfeld richtet: Sein Volk stirbt! Die Industrienationen kümmern sich nicht um sie! Die Industrienationen lassen sie alle verkommen! Nach seinem mehrminütigen Monolog steht der Sitzungsleiter neben ihm relativ unbeeindruckt auf und verkündet: „Gut. Wir machen dann morgen weiter“. Die Kamera zoomt heraus, und wir sehen, daß sowieso niemand im Saal sitzt. Unterdessen pausieren die Söldner in einem verlassenen Haus, wo sich einer von ihnen im Keller ein grünes Kleid anzieht, einen Zylinder aufsetzt und nach ein wenig Tanz durch den Korridor von plötzlich auftauchenden Zombies gefuttert wird.
Zum Schluß des Films wird dann noch erklärt, woher überhaupt das Gas kam: In der Fabrik wurde daran gearbeitet, das Problem der Überbevölkerung in den Griff zu kriegen und Tote zu Nahrung zu verarbeiten. Tja. Vielleicht beim nächsten Mal doch 500 Gramm weniger Polypropylen nehmen und dafür ein wenig mehr Eiweiß einrühren?
Also: Rein gefühlsmäßig ist HÖLLE DER LEBENDEN TOTEN wohl nicht der schlechteste Zombiefilm aller Zeiten – er hat dann doch wesentlich mehr Energie als beispielweise dieser Kandidat hier, und ist in seiner Dreistigkeit dann doch um einiges unterhaltsamer. Über weite Strecken ist das Vergnügen kurzweilig und auf debile Art sehr heiter: Mattei puzzelt seine Bilder ohne rechten Sinn und Verstand aneinander, kippt einen Haufen ranzigen Splatter drüber – der mal mehr, meist weniger gut gelungen ist – und läßt die ganze Idiotie mit einer fast bewunderswerten Chuzpe vom Stapel. Oh ja, der Film hat sich seinen Platz unter den grottigsten Zombiestreifen mit ehrlicher, harter Arbeit verdient.
Hölle der lebenden Toten (Italien/Spanien 1980)
Originaltitel: Inferno dei morti viventi / Hell of the Living Dead / Zombie Creeping Flesh / Virus
Regie: „Vincent Dawn“ (= Bruno Mattei)
Drehbuch: J.M. Cunilles, Rossella Drudi, Claudio Fragasso, „Vincent Dawn“ (= Bruno Mattei)
Kamera: John Cabrera
Musik: Goblin
Produktion: Beatrice Film / Film Dara
Darsteller: Margit Evelyn Newton, Franco Garofalo, Robert O’Neil
Länge: 103 Minuten