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Burglar in the First, I-See-Wedding-Schlagzeilen!

Und weiter geht’s mit dem munteren Filmtagebuch, das hier zu führen ich mich zeitweilig entschlossen habe. (War das Deutsch?)

MURDER IN THE FIRST. Den habe ich bei der letzten Auflistung glatt vergessen! Ein Gerichtsdrama über einen Alcatraz-Insassen, der drei Jahre in Einzelhaft verbracht hat und dann einen Mithäftling ermordete. Kevin Bacon spielt den gebrochenen Sträfling, Christian Slater seinen jungen Verteidiger, Gary Oldman ist der sadistische Gefängniswärter. Der Film wirbt damit, daß er „auf historischen Tatsachen“ beruht, aber abgesehen davon, daß mal ein Alcatraz-Sträfling gleichen Namens verteidigt wurde, hat die Story hier nicht viel mit der Wirklichkeit zu tun. Ich verstehe durchaus, warum gewisse Freiheiten nötig sind, um eine fesselnde Geschichte zu erzählen (im Gegensatz zu einer Dokumentation über diese Ereignisse), aber warum die Fakten so durcheinandergewirbelt wurden, daß man auch gleich eine fiktive Story daraus hätte machen können, ist schade. Bacon spielt grandios, Slater ist noch der aufstrebende Jungstar (der Film ist von 1994), dem man mit viel Vergnügen zusehen kann, und in Nebenrollen sind Embeth Davidtz, Brad Dourif, William H. Macy und R. Lee Ermey zu sehen. Ein durchaus feines Gerichtsdrama (und ich liebe Gerichtsdramen!) und ein schöner Showcase für die beiden Hauptdarsteller, aber leider doch nicht ganz der große Wurf.

BURGLAR – DIE DIEBISCHE ELSTER. Jaja, eine von diesen enttäuschenden Klamotten, von denen Whoopi Goldberg so viele gemacht hat. Wieviel tolle Filme, in denen sie schauspielerisch glänzen konnte, hat sie gleich wieder gemacht? Genau, mir fällt außer DIE FARBE LILA und HOMER & EDDIE dann auch keiner mehr ein. GHOST vielleicht noch. Jedenfalls fand‘ ich BURGLAR seinerzeit beim ersten Ansehen schrecklich dumm, beim zweiten Ansehen ein paar Jahre später wenig bemerkswert, aber erträglich, und nun, wiederum viele Jahre später, immer noch eher müde. Es strengt sich ja bei dieser Story um eine Einbrecherin und der Mordfall, in den sie unschuldig verwickelt wird, eigentlich jeder an: Whoopi ist halt eine gute Schauspielerin, auch beim blödesten Skript. G.W. Bailey als korrupter Polizist macht auch Spaß, weil der Kerl (Captain Harris aus POLICE ACADEMY!) vermutlich mit Arschloch-Zertifikat von der Schauspielschule graduierte. Regisseur Hugh Wilson versucht, die fade Angelegenheit in schöne Bilder zu tauchen (die Anfangsszenen im morgendlichen, leicht nebligen Beverly Hills sind sehr stimmungsvoll). Und hey, Bobcat Goldthwait schreit sich gewohnt asozial durch die Gegend und hat dabei sogar ein paar Lacher. Aber es hilft halt alles nichts: Das Skript ist so müde zusammengepuzzelt, witzlos und bemüht, daß halt nur ein witzloser und bemühter Film dabei herauskommen kann.

I-SEE-YOU.COM: Das hier ist doch mal was: Eine Komödie, die in ihrer Witzlosigkeit fast schon als kritischer Beitrag eingestuft werden könnte. Ein Teenager installiert im Haus seiner Familie diverse Webcams, und die intimen Einblicke ins Familienleben geraten zum Hit im Internet. Nachdem die unwissentlich bei Sex, Toilettengang, Masturbation und langweiligem Frühstück gefilmten Familienmitglieder Wind von der Sache kriegen, führen sie den „Spaß“ als Großinszenierung fort, um ordentlich Kohle zu verdienen. Ich schätze, irgendwo verstecken sich witzige Möglichkeiten in dieser Geschichte – nur nicht in diesem Film. So waren Beau Bridges, Rosanna Arquette und Shiri Appleby sicherlich auch eher vom Potential der Idee als von der tatsächlichen Ausführung begeistert genug, um hier mitzumachen. Der Anfang quält sich (oder uns) durch verschiedene Sexwitzchen (die da so ablaufen: Hihi, da hat wer Sex!), aber wenn dann der Familienpapa lachend die Website weiterführen will, auf der Millionen Menschen seine 18jährige Tochter nackt masturbieren gesehen haben, wird’s richtig unangenehm. (Die Schauspielerin dazu heißt übrigens Baelyn Neff und ist, unerquickliche Handlung mal beiseite, durchaus ein, zwei Blicke wert.) Vielleicht will Autor & Regisseur Eric Steven Stahl etwas zum Verlust der Privatsphäre, zum Internet als nur vermeintlich privater, aber in Wahrheit vollständig öffentlicher Raum, oder zu Reality-Shows oder zum Zynismus unserer Zeit etwas sagen – aber wenn ja, dann was genau?

BLIND WEDDING. Ui, was für ein kunterbunter, abstruser, alberner, beknackter und dann doch eigentlich liebenswerter Klamauk! Jason Biggs, dessen Freundin bei seinem Heiratsantrag an Herzversagen stirbt, macht quasi spaßeshalber ein Jahr später einer völlig fremden Kellnerin (Isla Fisher, die durchgeknallte Schwester aus den WEDDING CRASHERS) einen Heiratsantrag – und die sagt ja. Biggs spielt ja den peinlich berührten Tolpatsch wie kein zweiter – das kennt man schon aus so ziemlich allen anderen Filmen, die er gemacht hat – aber Fisher hat einen unglaublich mitreißenden Charme, der viel rausreißt. Da macht’s eigentlich nichts, daß das Verhalten der Figuren nicht immer ganz nachvollziehbar ist und im Laufe des Films auch immer abstruser wird – irgendwo inmitten des merkwürdigen Humors verbirgt sich eigentlich ein sehr knuffiger, süßer Film. Und außerdem ist dieser wunderbare Song auf dem Soundtrack, in den ich mich prompt verliebt habe:

„Inches & Falling“ von The Format heißt der Song, und das Video ist ebenso knuffig wie der Song.

SCHLAGZEILEN. Schon zigfach gesehen, diesmal mit Herrn Schwarz – einer meiner absoluten Lieblingsfilme, würde ich sagen. Eine mit enorm vielen Details gefüllte Ensemblestory über einen Tag in der Redaktion einer Tageszeitung – mit Michael Keaton, Randy Quaid, Marisa Tomei, Robert Duvall, Glenn Close, und sogar Geoffrey Owens (Alvin aus der COSBY SHOW). Starkes Tempo, grandiose Mischung aus Komik und Drama, alles fühlt sich sehr echt an und bietet selbst beim x-ten Ansehen noch neue Aspekte. Vermutlich Keatons beste Rolle – man sieht ihm hier dauernd beim Denken unter Adrenalin zu – und auch Duvall ist in bester Form. Größter Lacher? „My doctor found nicotine in my urine“, beschwert sich ein ständig sudernder Reporter beim zigarrequalmenden Chef Duvall – der erwidert: „Then leave your dick out of my ashtray“.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

    4 Comments

    1. Schlagzeilen war sehr gut…aber mit Ron Howard hab ich mich immer noch nicht so recht ausgesöhnt….a beautiful mind und sakrileg haben mir das kraut massiv ausgeschüttet.

      aber das video ist super! irgendwo her kenn ich den song….

    2. Dann müssen wir noch PARENTHOOD schauen, der zweitbeste Howard.

      Der ganze Soundtrack von BLIND WEDDING war super, und laut Abspann gibt’s ein Album davon, aber der wurde offenbar doch nie veröffentlicht (nicht mal die im Abspann genannte Plattenfirma hat ihn gelistet). Schade.

    3. war das ding so ein flop?

    4. Offenbar … hat ewig keinen Verleih gefunden und wurde dreimal umbenannt (von THE PLEASURE OF YOUR COMPANY zu WEDDING DAZE und alternativ zu BLIND WEDDING). Ich würd‘ Jason Biggs ja gern anrufen und ihm sagen, daß ich ihn mag.

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