Music inspired by Geldverdienen, aber eine gute Compilation ist trotzdem dabei herausgekommen.
Die werden echt nicht müde. Detailprobleme wie zum Beispiel die Tatsache, daß der Serienkiller samt Assistentin im dritten Teil gestorben ist, oder daß die Aneinanderreihung grausamster Foltermaschinen mittlerweile so originell ist wie ein Aspirin gegen Kopfschmerzen, können die Produzenten der SAW-Reihe freilich nicht davon abhalten, alljährlich einen weiteren Teil des fiesen Blutbades unters Volk zu bringen: SAW IV spielte weltweit bislang knapp 120 Million Dollar ein, was gegen ein geschätztes Produktionsbudget von $10-15 Mio. gerechnet durchaus die Verwendung des Adjektivs „lukrativ“ rechtfertigt. Wir haben auch volles Verständnis für die Tatsache, daß an den Teilen 5 und 6 schon fleißig gearbeitet wird: Wenn ich so einen Goldesel in der Garage stehen hätte, würde ich ihn auch bei Laune halten. Nur Geld selber drucken geht schneller, und hat den Nachteil, daß es illegal ist. Und auch, daß man keine Soundtracks dazu verkaufen kann.
Die SAW-Soundtracks gehören ja nun auch schon zum Standardprogramm und folgen brav der Schiene von Aggro-Metal, Industrial, lauten Gitarren und noch lauterem Geschrei, die seit den Retro-Slashern im Fahrwasser von SCREAM jeden Horrorfilm-Soundtrack beschallt. Der Aufdruck „Music from and inspired by“, der vorne auf dem Cover ganz unschuldig den Konsumenten anlächelt, weist dabei natürlich auf die Tatsache hin, daß die Zusammenstellung wenig bis gar nichts mit dem dazugehörigen Film zu tun hat: Mehr Zusammenhang als Horror und Gitarren, Action und Schlagzeug, Blut und Bass, Gore und Geschrei braucht es ja meistens eh nicht für so eine CD-Compilation.
Nachdem wir also die grundsätzlichen Bedenken aus dem Weg geräumt haben, können wir uns der Tatsache widmen, daß sich die SAW-Compilations schon in den vergangenen Jahren als wüst unterhaltsame Zusammenstellungen aktueller Metal-, Industrial- und Alternative-Acts präsentiert haben. Auch SAW IV kippt eine volle Ladung dröhnender Lautstärke auf größtenteils gutem Niveau über den Hörer: Nach 20 Tracks in knapp 80 Minuten basteln auch schon die Nachbarn an diversen Folterapparaten.
Einige der auf der CD vertretenen Bands waren auch schon auf den vorangegangenen SAW-Soundtracks zu finden: Drowning Pool rocken das straighte „Shame“, Ministry wummern gewohnt misanthrop mit „Life Is Good“, und Skinny Puppys „Spasmolytic“ wird von den Deftones fröhlich zersägt. Dazwischen eine ganze Reihe von Metalcore- und Emo-Thrash-Bands (sobald heutzutage gesungen wird, darf man ja schon ruhigen Gewissens „Emo“ dazu sagen!): Saosin, The Red Jumpsuit Apparatus, Everytime I Die, From Autumn to Ashes, und ein alter Track von Avenged Sevenfold, als die Jungs noch völlig unzufrieden mit ihrer Gesamtsituation waren.
Wie schon bei den CDs zu SAW II und SAW III packt der europäische Vertrieb einige seiner eigenen Acts mit auf die CD, und wie beim dritten Part unterscheidet sich somit die Trackliste der europäischen von der der amerikanischen Version. Vielleicht befindet sich ja die Plattenfirma in dem Irrglauben, daß der mit stampfender Bassdrum und geraunzten Stimmen zusammengeklebte C64-Raumschiffshooter-Ladepausensound von Punto Omega und Nachtmahr durch die Nähe zu den anderen Gruppen plötzlich gut oder gar kaufenswert klingt. Immerhin sind die Tracks von Lore und Die Form interessant und passen eher zum Rest der Chose. In USAland hört man statt dieser vier Tracks Nummern von Fueled By Fire, The Red Chord und The Human Abstract, was die Willkürlichkeit der zusammengestellten Tracks nur umso mehr unterstreicht.
Egal. Von ein paar Aussetzern abgesehen, bietet SAW IV viel Krach für’s Geld. Ob das nun etwas mit dem Film zu tun hat oder nicht, ist ja letzen Endes auch egal – irgendwann könnte die Plattenfirma einfach weitere SAW-Compilations ohne dazugehörigen Film veröffentlichen, dann braucht man sich den Unfug auch nicht mehr anzusehen. Music to Earn Money By.
Dieser Text wurde zuerst am 5.2.2008 bei Fritz!/Salzburger Nachrichten veröffentlicht.
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