Das erste Soloalbum des System-of-a-Down-Frontmanns ist solide, aber zu nah am Bandoutput dran.
Eigentlich ist Serj Tankian ja einer der Guten. Als Frontmann bei System of a Down ist er wie ein Derwisch durch ausgefallenen, mit psychedelischem Folk und armenischen Einflüssen angereicherten Comic-Metal gefegt – schreiend, lachend, wie ein Opernsänger in der einen Sekunde und wie ein Dämon in der nächsten. Daneben war er politisch tätig, hat musikalische Experimente verfolgt, und ist auch sonst ein interessanter Mensch, der den Rock-Zirkus nicht allzu ernst zu nehmen scheint. Nach dem weltmusikalischen Projekt SerArt erscheint nun mit ELECT THE DEAD Tankians erstes wirkliches Soloalbum, während sich seine Band einer Schaffenspause hingibt.
Warum es für diese Songs ein Soloprojekt benötigte, wird allerdings auch nach mehrmaligem Anhören nicht ganz klar. Die Songs sind etwas opulenter instrumentiert, es ist mehr Piano im Einsatz (Tankian komponiert am Klavier), obwohl die Tasten auch oft nur als Einleitung zum Song verwendet werden, der dann mit den bekannten lauten Gitarren durchs Geschehen brettert. Generell ist das Album so nah am zappeligen Output der Hauptband dran, daß es auch durchaus als Überbrückungsalbum bis zur nächsten System-of-a-Down-CD hätte veröffentlicht werden können.
Das ist natürlich prinzipiell nichts Schlechtes, denn musikalisch befindet sich Tankian auf gutem Niveau, und auch textlich greift er durchaus ernste Themen an, die er dann immer wieder – ganz im Stil der Band – mit Albernheiten und Nonsens bricht. Die wirklich starken Tracks befinden sich ganz vorne auf der CD, danach klingt dann alles immer wieder recht vertraut – das freut jeden, der gern mehr von System/Tankian hören möchte, und enttäuscht all jene, die sich von einem Soloprojekt etwas gewünscht hätten, was nicht so fest im Bandkosmos verankert ist und uns an den vielseitigen Interessen des Mannes hätte teilhaben lassen können.
Eigentlich sollte der letzte Absatz die Kurve zum Lob kriegen, aber geschafft haben wir es nicht ganz. Das liegt einfach daran, daß sich das Album zu sehr nach „been there, done that“ anfühlt. Alles schön, alles fein, aber wirkliche künstlerische Dringlichkeit vermittelt die CD nicht. Das ist natürlich schade: Denn eigentlich ist Serj Tankian ja einer der Guten.
Dieser Text erschien zuerst am 1. Januar 2008 bei Fritz/Salzburger Nachrichten.
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