Vergeßt Nolan, Burton und auch den heiteren Herrn Schumacher: Das hier ist der wahre Batman. Weder Keaton, Kilmer, Clooney, noch Bale haben den maskierten Rächer so nachhaltig geprägt wie Adam West, der stocksteif im lilafarbenen Strampelanzug durch diesen Film und die dazugehörige Fernsehserie rannte, stets in treuer Begleitung des pfadfinderähnlichen Teenagers Robin, der in knackig kurzen Shorts neben der Verbrechensbekämpfung wichtige Lebenslektionen lernen durfte.
Gewissermaßen ist diese quietschbunte Parade das exakte Gegenstück zu Nolans Film: Wo letzterer Batman so ernst erzählt, wie man eine Geschichte über einen Mann, der sich ein Fledermauskostüm anzieht, nur erzählen kann und ihn dabei grandios als von Rachegefühlen zerfressenen Einzelkämpfer inszeniert, zeichnet BATMAN HÄLT DIE WELT IN ATEM die Geschichte exakt so albern, wie die Prämisse tatsächlich ist. Die beiden Filme sind quasi zwei Seiten ein und derselben Münze, und man kann Nolans epische Neukonfiguration nicht vollständig verstehen, wenn man nicht zuvor dieses grell-infantile Theater des Absurden gesehen hat, das am anderen Ende des Spektrums mit ebensolcher Kreativität operiert.
Batmans Welt ist ein durchexerzierter Fetisch, dabei angefangen, daß sich da zwei eigentlich erwachsene Menschen in hautenge Kostüme quetschen und mit diesen in der Öffentlichkeit spazieren gehen. Nur Schumacher hat den sexuell aufgeladenen Charakter dieses Universums erkannt und wieder aufgegriffen – in seinen Filmen hat das Fledermauskostüm sogar extra angebrachte Leder-Nippel. Aber nur in BATMAN HÄLT DIE WELT IN ATEM steht Batman ein junger Knabe mit Gesichtsmaske und nackten Beinen zur Seite, nur hier räkelt sich die frühere Miss America Lee Meriwether vor lauter Bosheit in ihrem latexähnlichen Katzenkostüm mit dünner Taille und spitzen Brüsten unter permanentem Kreisen ihrer Hüften, und nur hier tauschen Batman und Catwoman verhüllte sexuelle Anspielungen aus („Marry me, Batman!“ – „But what about Robin?“).
Der Film funktioniert dabei exakt so wie die Fernsehserie: Als bunter Pop-Comic mit überdreht chargierenden Verbrechern, dessen Optik von tatsächlichen Comicstrips, farbenfroher Sechziger-Ästhetik und den berühmten, eingeblendeten Geräusch-Wörtern (Pow! Kapoff! Splash!) bestimmt wird. Der Film nimmt sich an keiner Stelle ernst – Batman und Robin stehen regungslos in der Gegend herum und erklären sich gegenseitig im Nachhinein, wie sie gefährliche Situationen bestehen konnten; saudumme Wortwitze führen zu keinesfalls nachvollziehbaren logischen Schlussfolgerungen; es gibt für jede auch noch so haarsträubende Gelegenheit ein eigenes Gerät, das die Bezeichnung auch auf einem Schild daran trägt (das berühmte Anti-Bat-Haifisch-Spray, eine passend im Bat-Labor herumstehende Rehydrierungsmaschine); und es bleibt auch in der dringendsten Verbrecherjagd stets Zeit, eine Lektion anzubringen (auch wenn hier nie die Brillanz einer der Fernsehfolgen erreicht wird, wo Batman inmitten der Verfolgung eines Schurken Geld in die Parkuhr wirft). Die größte schauspielerische Leistung von Adam West und Burt Ward ist dabei, daß sie ihr Gesicht bei all dem Unfug nie bewegen.
Mitunter erreicht der kindische Klamauk ungeahnte Höhen – zum Beispiel in einer Szene, in der Batman eine Bombe (ein kugelrunder grauer Ball, der oben wie eine Sylvesterrakete brennt) gefahrlos entsorgen will und überall auf Hindernisse stößt: Nonnen, Kinderwägen, eine Drei-Mann-Blaskapelle, küssende Pärchen in Booten und sogar eine kleine Entenfamilie. Wer einmal gesehen hat, wie ein Mann im veilchenfarbenen Pyjama – mit der Unterhose über dem Anzug getragen! – verzweifelt durch ein Dock rennt, während er mit beiden Armen eine Bombe wie aus einem Bugs-Bunny-Cartoon vor sich herträgt, sieht alle nachfolgenden Batman-Interpretationen – vor allem die von Schumacher! – gewiß mit anderen Augen.
Batman hält die Welt in Atem (USA 1966)
Originaltitel: Batman
Regie: Leslie H. Martinson
Drehbuch: Lorenzo Semple Jr.
Produktion: 20th Century Fox / William Dozier Productions / Greenlawn Productions
Musik: Nelson Riddle
Darsteller: Adam West, Burt Ward, Burgess Meredith, Lee Meriwether, Cesar Romero, Frank Gorshin
Länge: 103 Minuten
FSK: 6
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