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Monster Magnet: 4-Way Diablo (2007)

Dave Wyndorf meldet sich nach Tablettenüberdosis zurück.

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber wenn ich in der Presseinfo lese, die Songs auf diesem Album repräsentieren „einen glücklichen und gesunden Wyndorf, der bereit ist zu rocken“, dann stelle ich mir so ein kleines, halbmetergroßes Haustier vor, das dann mit dicker Duracell-Batterie auf Knopfdruck headbangt. Wie niedlich! Guck mal, wie glücklich er dabei ist! Ja schon, aber hauptsache gesund.

Ich weiß: Die meinen eigentlich etwas anderes. Dave Wyndorf, von Marilyn Manson zum Rockgott erträumter Frontmann der Spacerock-Band Monster Magnet und mittlerweile ihr einziges Gründungsmitglied, erlitt 2006 auf Tournee eine Überdosis Tabletten und stürzte damit gewaltig ab. Nach geraumer Zeit des Kräftesammelns meldet sich Wyndorf – jawohl, glücklich und gesund – wieder zurück und erzählt in Interviews, daß sich jetzt viel geändert hat und er auch sein kreatives Schaffen in andere Bahnen lenken will. Sicherlich meint er damit die Zeit nach seinem neuen Album: Denn das klingt exakt so, wie man das von den Monstermagneten kennt.

Sicher, der Sound ist wieder etwas dreckiger – die Gitarren knistern wie beim Garagenrock, Wyndorfs Stimme ist verzerrt, die meisten Songs scheppern aus den Boxen. Aber drumherum muß man sich an keine neue Tapete gewöhnen: Da wird schnörkellos aufs Gaspedal gedrückt („You’re Alive“, „Wall of Fire“), die psychedelische Intensität wird wieder geschürt („Cyclone“, das obskure Rolling-Stones-Cover „2000 Lightyears from Home“), und Wyndorf croont sich durch fette Rocksongs, die nach ordentlichem Schweiß klingen („Slap in the Face“).

Die Band ist dabei in durchweg guter Form, Wyndorf selbst merkt man seine 50 Kerzen auf der Geburtstagstorte auch nicht an. Richtig Tiefgang ist nirgendwo zu verzeichnen, auch wenn sich der Schlußsong „Little Bag of Gloom“ introspektiv darum bemüht – 4-WAY DIABLO rockt einfach nur nach vorn, dröhnt seine Energie raus, macht Spaß. Die Monster-Magnet-Liebhaber sind sicher gern wieder mit dabei. Für alle anderen gilt: Hauptsache gesund.

Dieser Text erschien zuerst am 3.12.07 bei Fritz!/Salzburger Nachrichten.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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