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[Film] Oase der Zombies (1981)

Das mußte ja so kommen: Wieder einmal fühlen sich Menschen trotz ausdrücklicher Warnung durch eines meiner Reviews motiviert, sich absolut schnoddrigen Schrott anzusehen. Diesmal traf es die weltreisende Kollegin Anita, die sich nun nicht nur frohen Mutes den SUMPF DER LEBENDEN TOTEN ausgeliehen hat, sondern auch in optimistischer Begeisterung den anderen Film über Nazizombies ansehen will: OASE DER ZOMBIES, inszeniert vom Vielfilmer (und oftmaligem Wenigkönner) Jess Franco. Franco sollte auch schon beim SUMPF Regie führen, wurde dann aber in letzter Minute durch Jean Rollin ersetzt, weil ihm das Budget für den Film zu niedrig erschien. Nun denn: Mit nur drei Peseten mehr wäre schon damals der vorliegende Film dabei herausgekommen, der im Englischen den unschlagbaren Alternativtitel BLOODSUCKING NAZI ZOMBIES trägt.

Noch vor dem Vorspann wissen wir, daß das Unheil an der Oase um die Ecke lauert. Zwei junge Studentinnen (eigentlich nur nicht näher definierte Frauen, aber durch die Tatsache, daß sie eine Karte mit sich führen und trotzdem nicht wissen, wo sie sind, schlossen wir darauf, daß es sich um Geographiestudentinnen handeln muss) legen eine kurze Erkundungspause an einer Oase in der Wüste ein. Während die Kamera in einer liebevoll langen Einstellung ihre beiden Hintern abfilmt, hören wir auch schon lautes Schnarren und sehen unter dem herumliegenden Geröll ein Hakenkreuz. Nachdem wir uns ein wenig gegruselt haben (achtet auf mein Auge: ich zwinkere), schießen ein paar Arme aus dem Boden und halten eines der beiden Mädels fest. Böse Bontempi-Orgelmusik kündigt das Grauen an, aber neben ein wenig Geschrei bekommen wir nur den Vorspann serviert.

Dann entspinnt sich langsam die Hintergrundgeschichte. Man sieht viele Menschen über den Bildschirm laufen, manche schießen, andere sterben, und irgendwer sagt dann, daß alle tot sind, obwohl dann wieder sehr viele Menschen irgendwo herumlaufen und schießen und sterben. Anita zeigt sich hochgradig verwirrt über die gezeigten Entwicklungen, aber eigentlich ist alles ganz einfach: Da ist Krieg, und da gibt es Soldaten. Und die sterben. Angeblich gibt es einen Schatz, und der liegt bei der Oase, wo alle sterben, und nur Kleingeister würden jetzt fragen, warum wir weder einen Schatz sehen noch eine Oase, oder warum die meisten der Kriegsszenen aus irgendeinem anderen Film herauskopiert wurden (ohne tatsächlich an das neu gedrehte Material wirklich dranzupassen).

Ein bärtiger Mann trifft sich mit einem anderen bärtigen Mann und plant, den Schatz zu heben. Dann – der summende Synth telegraphiert die Ankunft des Überraschungsmoments schon meilenweit voraus – sticht der eine Mann dem anderen in die Hand, und der stirbt dann. Ich erinnere mich, daß wir bei der Sequenz gelacht haben, aber der genaue Grund ist mir entfallen.

Eine Gruppe von Studenten unter Leitung des Sohnes des Verstorbenen kommt nun ins Oasenland, um nach dem Schatz zu suchen. „Sechs Millionen Gold“, sagt er seinen Freunden mit Ehrfurcht und glaubt vielleicht, sich in einem Rollenspiel zu befinden, aber eine blonde Kommilitonin erklärt ihm: „Geld ist nicht alles“. Jaja, es ist mal wieder schlecht bestellt um das Niveau unserer Bildungselite.

Der böse Mann mit Bart ist mittlerweile bei der Oase angekommen und schlägt dort munter sein Zelt auf, während er einen seiner Henchmen mit einer Spitzhacke buddeln läßt. Dabei drängen sich verschiedene Fragen auf: 1) Woher wissen die Jungs, daß sie an einer Oase angekommen sind, wenn weit und breit kein Wasser zu sehen ist? 2) Warum glaubt der Helfer, daß eine Spitzhacke der effektivste Weg ist, im Sand zu buddeln? 3) Wieso hören wir beständigen Wind, obwohl sich kein Palmenwedel rührt? Und: 4) Warum tut jeder so, als wäre es mitten in der Nacht, obwohl die Sonne nachweislich am Himmel zu sehen ist?

Dann passiert es wieder: Lautes Scharren ertönt auf dem Soundtrack. Womit machen die Zombies das Geräusch doch gleich? Knirschen die mit den Zähnen? Dann sehen wir wieder eine sinister aus dem Geröll herausragende Naziwaffe, dann das Hakenkreuz. Plötzlich stehen modernde Gestalten herum und machen sich über die beiden Helfer her, die im Angesicht der Gefahr geistesgegenwärtig schreien, die Arme hochreißen und stehenbleiben, bis die Zombies zu ihnen herübergestapft sind. Der böse Mann mit Bart klettert aus seinem Zelt heraus und steht seinen beide zombifizierten Mitarbeitern gegenüber, die sehr plötzlich auch schwer vermodert aussehen. „Ich bin’s“, ruft er ihnen entgegen, aber vielleicht waren die beiden ohnehin nie völlig mit ihrem Dienstverhältnis einverstanden. Der Mann mit Bart kann fliehen, nachdem ihm ein flinker Zombie in den Hals gebissen hat. Die Frau an seiner Seite, die bislang keine Funktion erfüllt hat, darf sich nun nackt von den Zombies auffressen lassen.

Im nahegelegenen Dorf sind mittlerweile die Studenten eingetrudelt, und sie besuchen einen Scheich, der mal mit dem Vater des jungen Mannes befreundet war. Der redet ein wenig von Reichtum und Flüchen, und er schafft es, dabei ständig so auszusehen, als würde er den Text direkt vom Teleprompter ablesen. Unter großem Gehampel taucht der bärtige Mann auf, sagt ein paar Mal „Ich bin’s“ und stirbt dann unter Aufwendung seiner gesamten Gesichtsmuskulatur. Flugs wird er verbrannt, bevor er sich zum Zombie verwandeln könnte, und die Studis freunden sich mit einem dahergelaufenen Dokumentarfilmteam an, mit dem sie sich dann auf die Fahrt in die Wüste machen – freilich erst, nachdem der miesepetrige Student mit der Beatles-Frisur noch ein bißchen mit der nackten blonden Dokuteam-Frau unter einer Wüstenpalme Kennenlernspiele veranstaltet hat.

Machen wir’s kurz: Die Studenten fahren zur Oase, buddeln dort ebenfalls mit einer Spitzhacke herum, und dann kommen nachts haufenweise Zombies, es gibt einen großen Showdown, fast alle sterben, die Zombies verbrennen, Ofen und aus. Das mag nun auf dem Papier (bzw. Monitor) recht aufregend klingen, aber genaugenommen war es nur Anlaß zur Heiterkeit: Die Zombies scharren wieder wie eine Horde Schweine mit Verzerrer, der Wind heult ohrenbetäubend, obwohl sich kein Grashalm bewegt, und der Soundtrack steigert sich vom endlosem Synth-Gedudel zu einer Art lärmigem Wummern. Die Zombies sind ungefähr so schnell wie fußlahme Riesenschildkröten, und der Film verbringt zehn Minuten damit, Zombies dramatisch aus dem Boden steigen und über den Wüstensand wanken zu lassen, während der als Wache abgestellte Student mit verwundertem Gesicht herumläuft und offenbar an einer anderen Oase patrolliert, weil er von der Zombieinvasion nicht das Geringste mitkriegt.

Für Begeisterung sorgt auch der Beatles-Freund, der der nackt im Zelt herumliegenden Frau sagt: „So, da sind wir jetzt“. Dann legt er sich ein wenig auf sie drauf, wackelt herum, steht ganz unvermittelt auf und spricht: „Ich muß zu den anderen“. So reizvoll versponnen Francos fetischisierte Filmungetüme mitunter auch sein können, aber an einem schlechten Tag schafft er es dafür auch wie kein zweiter, daß jeder Ziegelstein aufregender anzusehen ist als der Sex auf der Leinwand. Überhaupt: Der gesamte Film besitzt von vorne bis hinten den Energielevel eines Zementsacks.

Vielleicht hat sich Franco beim Zusammenschneiden ja gedacht, daß wir so gefesselt von den Vorgängen sein werden, daß uns die Holprigkeiten gar nicht stören werden. Wer achtet schon drauf, daß die Mittagssonne groß am Himmel steht, wenn der nächtliche Angriff der Zombies gerade so unheimlich ist? Wer beschwert sich schon, daß einer der Modergestalten nur ein Pappmachékopf mit Glubschauge, der auf einem Stock ins Bild gehalten wird, wenn der Nationalsozialismus derweil wieder so viele Opfer fordert? Wer stößt sich schon daran, daß die Schauspieler allesamt spielen wie unter Vollnarkose, wenn es um sechs Millionen Gold geht?

Ganz zum Schluß sind alle Zombies verbrannt, und der Mann mit dem Teleprompter-Gesicht kommt angeritten. „Hast du gefunden, wonach du gesucht hast?“, fragt er den überlebenden Studenten. „Nur mich selbst“, antwortet dieser nachdenklich und verläßt die Oase. Vielleicht geht er ins nächste Dorf, um endlich eine Schaufel zu holen.

Oase der Zombies (Frankreich 1981)
Originaltitel: L’abîme des morts vivants / Le trésor des morts vivants / Bloodsucking Nazi Zombies
Regie: „A.M. Frank“ (= Jess Franco)
Drehbuch: „A.L. Mariaux“ (= Jess Franco)
Musik: Daniel White
Produktion: Eurociné
Darsteller: Manuel Gélin, France Lomay, Jeff Montgomery, Myriam Landson, Eric Viellard, Caroline Audret

Hinweis: Die auf Amazon angebotene FSK16-Fassung ist gekürzt.
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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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