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Eine Reise durch die Nacht

Die Salzburger Theatergruppe „play:station“ begibt sich mit ihrem zweiten Stück NUR IM KÜHLSCHRANK BRENNT NOCH LICHT auf eine Reise durch die Nacht.

Die Nacht hat viele Gesichter – vor allem im Theaterstück NUR IM KÜHLSCHRANK BRENNT NOCH LICHT – EIN ABEND LANG NACHT, der zweiten Inszenierung der 2004 gegründeten Salzburger Amateurtheatergruppe „play:station“. Da durchleben Menschen schlaflose Nächte, weil sie ihre Mitte verloren haben, während andere im Schlaf ihren rätselhaften Träumen freien Lauf lassen. Ein im Bett liegendes Pärchen scheitert an der Kommunikation nach dem Liebesspiel, während zwei Menschen in einem Zugabteil ihre gegenseitige Privatsphäre gestört sehen. Die Nacht bringt in ihnen allen dunkle Seiten zum Vorschein.

NUR IM KÜHLSCHRANK BRENNT NOCH LICHT ist eine episodenhafte Reise durch die Nacht, eine fragmentarische Beobachtung von Begegnungen und Träumen, eine amüsante Collage aus Suche und Schlaflosigkeit. Die einzelnen Szenen haben inhaltlich nur das Thema „Nacht“ gemein und fügen sich, ähnlich wie beispielsweise bei David Mamets THE BLUE HOUR, zu einer lose verknüpften Serie von Momentaufnahmen zusammen, in denen wir diese durch die Nacht irrenden Menschen kurz kennenlernen.

Die Inszenierung der Gruppe – die Regie wird dem „Geist der Basisdemokratie“ zugeschrieben, will heißen: alles wird gemeinsam ausgearbeitet – ist durchweg spannend und ideenreich: Die nächtliche Zugfahrt wird mit einer Videoprojektion in Bewegung gesetzt, ebenso wie bei einer Liebesaffäre die zu Hause wartende Ehefrau per Video in die Szene geholt wird. Manches ist sehr spärlich ausgestattet – eine Sequenz besteht nur aus einem gelben Sofa und einer Stimme – während andere Szenen den gesamten Raum ausnutzen: In der letzten Szene schleichen Traumfiguren murmelnd durch die gesamte Szenerie, wie Bruchstücke des Unterbewusstseins der Frau, die wir auf der Bühne schlafen sehen. Gelegentlich wird die Barriere zum Publikum charmant durchbrochen, das mitunter passiver Bestandteil einer Sequenz wird.

Die spielerische Vielfalt der Inszenierung wird vom Ensemble mit Leichtigkeit getragen. Obwohl die Mitglieder der „play:station“ unterschiedlich viel Erfahrung mit sich bringen, sieht man eine Gruppe, deren Zusammenspiel mühelos funktioniert. Natürlich blitzen hier und da die Fallstricke eines Laientheaters durch – manche Stimme könnte in der Projektion stärker sein, manche Geste präziser eingesetzt – aber nichts davon reißt einen aus dem Stück heraus oder mindert das Vergnügen an der Inszenierung: Das Niveau ist durchweg hoch.

Das Stück wird noch drei Mal aufgeführt: Am Samstag, dem 20. April, Montag, dem 22., und Donnerstag, dem 26., jeweils um 20h in der KHG (Wiener-Philharmoniker-Gasse 2). Der Eintritt ist frei, um freiwillige Spenden wird bei Gefallen gebeten. Reservierungen können unter der Nummer 0662 – 84 13 27 vorgenommen werden. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall, und wir sind neugierig, was von dieser enthusiastischen Gruppe noch kommen wird. In dieser Nacht jedenfalls strahlt die „play:station“ hell und deutlich.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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