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Silent Force: Walk the Earth (2007)

 
Melodic Power Metal von Silent Force: Das Rezensionsexemplar erging an die falsche Redaktion.

Wir sind nicht der Metal Hammer. Weiß Gott nicht. Wir sind nicht einmal das Rock Hard. Aus irgendeinem Grund kriegen wir aber eine Promo-CD des neuen Silent-Force-Albums, und weil dummerweise alle Silent-Force-Fans letzten Monat gekündigt wurden, liegt das gute Teil jetzt herum wie alte Frühlingsrolle und keiner traut sich. Erbarme sich doch mal einer.

Silent Force sind eine von diesen Melodic-Power-Metal-Bands, und – wie der Presseinfo sowie diversen enthusiasmusgebadeten Reaktionen auf einschlägigen Websites zu entnehmen ist – sie sind technisch brilliant, absolute Ausnahme-Weltklasse-Sonder-Musiker, in Japan extrem beliebt und – mein Lieblingspart: – machen „ehrliche“ und „bodenständige“, „kraftvolle“ und „clever arrangierte“ Musik. Und, eben weil wir nicht eine der obengenannten Begeisterungsschwarten sind, möge es uns der geneigte Leser verzeichen, wenn wir nicht in schwanzwedelndem Jubilieren diese Band als großes Geschenk an die Menschheit wahrnehmen.

In dieser unseren ehrlichen und bodenständigen Kritik drängt sich der alte Otto-Witz auf: Von solchen Bands sollte es hunderte geben. Leider gibt es Tausende. Ob Silent Force technisch versierter sind als ihre Heerscharen an Kollegen, interessiert ja ohnehin nur Hörer, die Musik mit Leistungssport und Komposition mit Designarchitektur verwechseln. Und was will man groß schreiben über einen Musikstil, der seit den Achtzigern exakt gleich klingt? Drrrr-dap-dap-dap-dap-dap-drrrrr gallopiert das Schlagzeug, mh-mh-mh-mh mit gelegentlichem Tonartwechsel macht der Bass, darüber fliegen angeblich sphärische Keyboardflächen, und die Gitarren gniedeln, solieren und schlagen Purzelbäume, wenn sie nicht gerade dää-dä-dä von sich geben. Und darüber immer ein Sänger, der nach ganz enger Lederhose klingt. Gerne gibt es Parts, wo mehrstimmig gesungen wird – ideal für bierseliges Mitgröhlen – und gelegentlich gibt es eine Piano- oder Akustik-Passage, die dann gerne als „eklektisch“ oder „gefühlvoll“ mißverstanden wird. Danke, aber nein danke.

Vielleicht sind Silent Force besser als ihre ganzen Kollegen. Vielleicht sind sie’s auch nicht. Man könnte sich die anderen Bands zum Vergleich anhören – aber dafür gibt es ja die Kollegen der obengenannten Publikationen. Eine schöne Lebensaufgabe.

Raus damit aus dem CD-Player. Was sollen denn die Nachbarn denken.


Dieser Text erschien zuerst am 6. März 2007 bei Fritz/Salzburger Nachrichten. Die angesprochene Redaktion bezieht sich also auf die Fritz-Redaktion.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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