Alles, was man über COLPI DI LUCE – in Beinahe-Deutsch NEONKILLER – wissen muß, läßt sich in folgendem Satz sagen: Der Film ist ein italienischer Actionfilm aus dem Jahre 1985. Weil wir aber eine vermeintlich seriöse Filmkritik nicht einfach nach einem Satz beenden können, müssen wir wohl oder übel ein wenig ausholen. Also: Das italienische Unterhaltungskino ist ja ohnehin so eine Sache für sich (der – in welche Richtung auch immer – geneigte Leser darf sich gerne meine längeren Essays zum Thema zu Gemüte führen), und in den Achtzigern hatte sich die dortige Filmindustrie durch immer billigere Klone erfolgreicher US-Filme schon so sehr ins Aus gedrängt, daß nurmehr Trash nachkam.
Können wir jetzt aufhören? Na gut, erzählen wir noch ein bißchen. In NEONKILLER geht es um einen verrückten Professor (mit argwöhnischem Mißtrauen gegenüber der Wissenschaft hadern ja viele publikumsnahe Streifen), der einen sagenhaften Laser erfunden hat, mit dem er Gegenstände vaporisieren kann. Man richtet die Laserkanone auf ein Ziel, das explodiert, und alles im Umkreis von ein paar Dutzend Metern verglüht jämmerlich. Das testet der Prof mit der Kassengestell-Brille auch gleich an einem Güterbahnhof aus, wo dummerweise zwei sich liebende Teenager dahinschmelzen.
Immerhin hat der Film jetzt schon sein Terrain abgesteckt: Ein nacktes Mädel (mit der Dialogzeile „Laß uns keine Zeit verlieren“), ein wahnsinniger Bastler, ein paar leuchtende Spezialeffekte und viel Glibber beim Zerschmelzen der armen Opfer. Schalten wir flott um zu einem Banküberfall, der rein gar nichts mit der Handlung zu tun hat, und bei dem die beiden asozialen Gesellen von unserem lässig auftretenden Helden mit einer Pistole weggeputzt werden, die er in einem halben Hähnchen versteckt hat. Besagter Held ist übrigens Erik Estrada, der in zwanzigtausenddreihundertsiebenundfünfzig Folgen von CHIPS mindestens ebenso grimmig geschaut hat wie hier, als er den Rabauken Blei in die Bankräuberpappe blättert.
Natürlich wird Estrada auf den sinistren Prof angesetzt, der hinterrücks ein Crashcar-Stadion laser-isiert und in einem sehr unauffälligen Fernsehübertragungswagen entkommt. Es gibt ungefähr drei Dutzend Autoverfolgungsjagden durch die Straßen von San Francisco, zwischendurch verprügelt Estrada eine karatekämpfende Schwarzhaarige in einem Bestattungsinstitut, und eine Frau, die aus offenkundigen Gründen wenig Zeit auf dem Bildschirm verbringt, stirbt mit viel Rudern der Arme und grobem Training der Gesichtsmuskulatur. Großes Kino auch jener Moment, in dem die Polizei den Hauptverdächtigen in einer Telefonzelle ortet, mit Blaulicht und Sirene anrückt und sich dann wundert, warum der Bursche schon weggelaufen ist. Glücklicherweise sind die Dialoge ganz erbärmlich synchronisiert, sonst hätten wir den Plot beinahe ernst nehmen können.
Nun ist Regisseur Enzo G. Castellari ja eigentlich einer der Guten. Immerhin hat der Mann den Spätwestern KEOMA im Lebenslauf stehen. Somit ist zumindest sichergestellt, daß die Actionsequenzen kompetent und einigermaßen temporeich (dem Tempoempfinden der Achtziger entsprechend) inszeniert sind. Eine Schießerei in einer Fabrikhalle beispielsweise ist sehr effektiv gemacht, die anschließende Auseinandersetzung mit einem bulldozerfahrenden Henchman ebenso. Der Film ist dabei teils überraschend blutig, mit Dutzenden von großen Schußlöchern und bis aufs Skelett zerschmelzenden Statisten. Aber mit einer so dürftigen Story und dem ebensolchen Budget kann auch Castellari keine Wunder vollbringen: NEONKILLER ist nicht unbedingt fad, aber auch nie wirklich aufregend. Beinahe wünscht man sich, daß Bruno Mattei im Regiestuhl gesessen hätte, weil dann der grobe Unfug der Handlung zumindest seine filmische Entsprechung durch zusammengeklautes Archivmaterial und horrible inszenatorische Inkompetenz gefunden hätte.
Neonkiller (Italien 1985)
Originaltitel: Colpi di Luce
Regie: Enzo G. Castellari
Buch: Enzo G. Castellari, „Titus Carpenter“ (= Tito Carpi)
Produktion: Faso Film
Darsteller: Erik Estrada, Michael Pritchard, Peggy Rowe
Länge: 86 Minuten
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