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Die Revolte der 7 (1964)

Filme nach Fußbekleidung

Anfang der Woche die Cronenberg-Burroughsche Hirnverbiegung NAKED LUNCH, kurze Zeit darauf Scorseses Gangsterepos GOODFELLAS – das konnte heute nurmehr durch einen völlig austauschbaren und immens angestaubten Sandalenfilm namens DIE REVOLTE DER SIEBEN konterkariert werden.

„Schon in Sparta gab’s Spaß, Spannung und Unterhaltung wie in den schönsten Italo-Western,“ verrät uns die Box der Kaufkassette. Tatsächlich ist der Film, Baujahr 1964, weder spaßig noch spannend noch sonstwie unterhaltsam, aber das schreckt ja nur Kleingeister davon ab, sich das Spektakel in voller Länge anzusehen. Die gewohnt komplexe Handlung läßt zwei Brüder, Leslio und den eher ungriechisch getauften Axel, zusammen mit fünf wackeren angekauften Recken gegen den Diktator von Sparta kämpfen, der da nicht nur das Volk unterjocht, das Vieh schändet und die Frauen über die Wiesen treibt, sondern auch noch die Frechheit besitzt, die Mama der beiden Brüder brandschatzen zu lassen.

Weil ja nun der Plot eher überschaubar gehalten war und permanent muskulöse Männer mit ihren Sandalen rasselten, blieb mir ein wenig Zeit, über den typischen Tagesablauf des Diktators von Sparta nachzudenken. Er mag für einen durchschnittlichen Tag im Leben eines jeden beliebigen antiken Diktators herhalten:

09.00h – 10.00h: Finster im Thronsaal herumstapfen, um den neuen Tag zu begrüßen.
10.00h – 10.05h: Willkürlich anonyme Soldaten beschimpfen.
10.05h – 11.30h: Das Volk ausbeuten.
11.30h – 12.30h: Finster im Garten des Palastes herumstapfen.
12.30h – 12.45h: Irgendeinem General einen Angriffsplan erklären und dabei sinister lachen.
12.45h – 15.00h: Sinnloses Herumstehen in der Kulisse unter Aufbietung finsterster Gesichtsmimik.
15.00h – 16.10h: Todesurteile für Gefangene aussprechen und dabei den Geist der Nation bemühen.
16.10h – 16.15h: Aufkeimender Verdachtsmoment anläßlich der geplanten Palastrevolte.
16.15h – 17.00h: Beschimpfung anonymer Soldaten, Ausbeutung des Volkes, finsteres Herumstapfen in diversen Räumen und weitere Todesurteile, um die erahnte Palastrevolte niederzuschmettern.
17.00h – 21.30h: Der einzigen Frau im Film die Heirat versprechen und sie dann nach Abblende vernaschen.
21.30h – 00.00h: Sichtung neuer Drehbücher.

Woher kommt eigentlich die Bezeichnung „Sandalenfilm“? Wikipedia klärt auf: „Als Sandalenfilm werden Spielfilme bezeichnet, die in der Zeit der Antike spielen und mit einem mehr oder weniger großen Aufgebot sandalentragender Komparsen arbeiten.“ Sapperlot! Weil aber das Leben nicht nur aus Sandalentragen bestehen kann, wird weiterhin gekämpft, und ein glatzköpfiger Krieger für das Gute erfindet im Minutentakt das Katapult, den Bumerang an der Schnur sowie das Maschinengewehr für Holzpfeile. Irgendwo brennt’s ganz kurz, und viele Pferde gab’s auch noch, aber die Anzahl der Pferde überstieg wohl doch nicht die der Sandalen. Was denn, schon aus, der Film?

Die Revolte der 7 (Italien/Spanien 1964)
Originaltitel: Los Invencibles
Regie: Alberto De Martino
Darsteller: Tony Russel, Helga Liné, Massimo Serato, Gérard Tichy, Renato Baldini, Livio Lorenzon, Barta Barri, José Marco
Länge: 78 Minuten
FSK: 16

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

    2 Comments

    1. schau, die rechnung ist ganz leicht. in jedem sandalenfilm kommt höchstens auf jeden 2., meist aber eher auf jeden 4. menschen ein pferd. natürlich hat ein pferd immer 2 beine mehr als der mensch (weil ja keine tiere zu schaden kommen und so), aber da pferde keine sandalen tragen sinds immer mehr sandalen als pferde. deshalb sandalenfilm.

    2. Worin besteht eigentlich genau der Reiz sich durch den Trash der Filmgeschichte zu wühlen? Genügt nicht ein einziger Rosamunde Pilcher Film oder Dan Brown Roman um zu wissen, dass alle schlecht sind und derselben Formel folgen?

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