Zeit, den Jahresrückblick endlich fortzusetzen und zu einem Ende zu bringen. Damit wir unser Pulver nicht gleich völlig verschießen, serviere ich zunächst mal den ersten Teil des dritten Teils des mehrteiligen Jahresrückblickes. Nach den Büchern und den Filmen (RAY habe ich vergessen! Großes Kino!) muß ja nun zwangsläufig die Musik folgen. Was habe ich 2005 am intensivsten gehört? Wie gehabt ist nicht alles notwendigerweise letztes Jahr erschienen – es muß nur 2005 von mir gehört worden sein bzw. muß ein wichtiges Ereignis meines Lebens damit verbunden sein.
Ursprünglich wollte ich ja einen Albenliste machen und mich dann zusätzlich an Herrn und Frau Schwarz orientieren (übrigens das Paar des Jahres, wo wir schon bei den Awards sind) und wichtige Songs zusammensammeln, aber erstens kann ich das nicht überall trennen und zweitens ist mir das viel zu viel Arbeit. Auf geht’s!
God Lives Underwater: UPOFFTHEFLOOR (2004)
Über dieses Album habe ich ja schon anläßlich des unerwarteten Todes von GLU-Frontmann David Reilly berichtet (und zwar hier). Aber wir können ja einfach nochmal schwärmen von diesem wunderbaren Mix aus geschmeidiger Elektronik, wehmütigen Pop-Melodien, einer Prise Rock’n’Roll und dem immer ganz präzise balanciert eingesetzten Verzerrer. Reilly, der so offensichtlich über seinen Drogenabsturz singt, sucht die Schuld immer nur bei sich selber: „I’m to blame for all of the things that went wrong“, gibt er zu, und zeigt bitteren Humor: „What did I do to deserve this? Oh yeah, I did some stupid things.“ Die Musik ist hypnotisch, Reilly ganz ehrlich und demütig. Welch Schwanengesang. — Gehört: Das ganze Jahr über, aber ganz besonders zur FAUSTRECHT-Zeit.
Chimaira: CHIMAIRA (2005)
Auch über dieses Album wurde in diesem meinem Blog hinreichend berichtet, und die totale Verwüstung, die diese Mannen anrichten, hat nicht nur Schwarz Alpträume beschert, sondern hat mir (und meiner Frau Mama und meiner Schwester) das grandioseste Konzert des Jahres beschert. Chimaira sind Katharsis pur und liefen im Herbst zwei Wochen lang ohne Unterbrechung in meinem Autoradio: „Nothing remains / I’ve silenced the pain“. Es sei noch darauf hingewiesen, daß keine dieser ganzen Knüppelhart-Metall-Bands so tight ist wie Chimaira und kein Shouter so unmenschlich und besessen klingt wie Mark Hunter.
William Shatner: HAS BEEN (2004)
Gut, die CD habe ich – ebenso wie das God-Lives-Underwater-Album – eigentlich schon zu Weihnachten 2004 gekriegt und gehört – aber Bill Shatner hat mich trotzdem mit viel Selbstironie und einem kleinen bißchen Lebensweisheit durch das Jahr begleitet. Großer Kult seine donnernde Fassung von „Common People“, sehr wehmütig der von Nick Hornby geschriebene Brief „That’s Me Trying“, völlig albern der polternde Ärger von „I Can’t Get Behind That“, hübsch augenzwinkernd die Entschuldigung in „Real“ (welche da lautet: „Sorry, but I’m …“). Wir wollen mehr von Shatner.
The Grapes of Wrath: NOW AND THEN (1989)
Diese Platte des von Golden-Palominos-Chef Anton Fier produzierten kanadischen Quartetts habe ich eigentlich schon länger – seit 2003, wenn ich mich richtig erinnere – aber erst letztes Jahr ist sie mit Regelmäßigkeit auf dem Plattenspieler gelandet. Und ich habe mir fest vorgenommen, einmal „All the Things I Wasn’t“ und „… But I Guess We’ll Never Know“ in einem Film zu verwenden, weil diese beiden Songs mehr Wes-Anderson-Flair versprühen als die Wes-Anderson-Filme selbst. Schöne, klare Harmonien. Großer Folk-Pop.
Sunna: ONE MINUTE SCIENCE (2000)
Auch schon 2000 zugelegt und immer wieder rangetastet, aber erst 2005 ist mir dieses verquere, sperrige Album wirklich aufgegangen. Vielleicht kommt’s schon deshalb in die Liste, weil ich letztes Jahr auf so ziemlich jede Compilation entweder „I Miss“ oder „O.D.“ gepackt habe („Empathy is the drug in demand“, heißt es in zweiterem Song). Oder in stillen Stunden diese beiden Songs so innig mitsinge wie sonst keine. Aber vielleicht liegt’s auch daran, daß ich auf dem Weg zum zweiten SCHLAFLOS-Drehtag (ein weiterer Nachtdreh) den pulsierenden Song „Too Much“ gehört habe, wo immer wieder folgende Zeile wiederholt wird: „Keep all we’ve got or give up something“. Und weil wir an jenem zweiten Tag schwer kämpfen mußten, um die verlorene Zeit des ersten Tages wieder einzuholen und einen alternativen Ort für eine Parkplatzszene finden mußten, hatte diese Zeile auf einmal so viel Resonanz. Etwas aufgeben? Nie!
Professional Murder Music: DE PROFUNDIS (2005)
Schon mehrfach geschwärmt davon auf diesem Dachboden, aber mal ehrlich – wer bei der Akustikfassung von „Clear“ keine Gänsehaut kriegt, dessen Lebensfunktionen haben schon ausgesetzt. Roman Marisak kann eigentlich gar nicht richtig singen, aber er weiß, wie er seine Stimme einsetzt, und ob es nun die akustischen Versionen von alten Songs sind oder die elektrischen Cover-Songs – hier hört man soviel Sehnsucht, daß man Roman zum Himmel greifen sieht. Nach dieser CD braucht man keine zweite mehr hören. Wahrscheinlich das Album des Jahres.
Und der Rest, liebe Freunde der gepflegten Ohrenmassage, folgt auf dem Fuße …
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Schön darüber hinweggetäuscht, dass du dir meinen Nachnamen nicht merken kannst bzw. wohl garnicht weißt. Aber – Master Genzel – das sei hier nur einmal erwähnt:
Frau Schwarz heißt eigentlich Frau Fender, hat etwas breitere Hüften und einen langen dünnen Hals; ihre Saiten bringt nur einer zum Klingen.
Ich hingegen bin Zaungast und Wegelagerer, hatte mich verlaufen und darf ein Stückchen des Weges, bis zur nächsten Kreuzung eben, mitgehen … der Award – der sicher gut gemeint ist – wird dankend abgelehnt, denn er geht an den Troubadour und seiner Gitarre.
Du verwechselst mich mit Kollege Resch, der sich deinen Namen ja nie merken kann.
…konnte! 😉