Ein Depp am Pool!
Sonntag nacht – um 3:45 Uhr, um genau zu sein, also quasi unter Ausschluß der Öffentlichkeit – lief auf SAT1 ein 6-Sterne-Knaller, der nicht unerwähnt bleiben darf. DIE SUPERAUFREISSER heisst dieser Film (Original: PRIVATE RESORT), und er ist natürlich nicht zu verwechseln mit DIE SUPERANMACHER, der ja auch nur halb so komisch ist und deswegen immer schon ungefähr um Mitternacht ausgestrahlt wird.
Rumms, und schon flimmert Ron House über den Bildschirm! Jaja, Ron House, der sinistre Graf Otto Von Bruno (man höre jetzt vor dem geistigen Ohr das bedrohliche Dah-Dah-Dah-Da-Daahhh), der uns schon im Sierra-Spiel GABRIEL KNIGHT 2 weismachen wollte: „Ick sprecke laider kain Ähhnglish“. Und nur wenig später packt der Überraschungsschlumpf Andrew „Dice“ Clay aus, der spätere pseudocoole Macho FORD FAIRLANE. Da schämen sich eine Menge Menschen sicher heute noch.
Der Film – vielleicht auch der Regisseur – glaubt übrigens, er hätte den Bikini erfunden. Schon in der ersten Einstellung sehen wir hunderte davon, während eine erigierte Kamera lüstern das Gelände rund um einen Hotelpool abfilmt. Ein altes Berliner Sprichwort besagt ja, daß man für einsfuffzig an der Kinokasse durchaus erwarten darf, daß die niederen Instinkte angesprochen werden. Nun, in diesem Panoptikum an Titten und Ärschen (man verzeihe mir die vulgäre Ausdrucksweise) dürfte sich der zitierte Herr wohlgefühlt haben. Der ganze Film ist quasi vollgepropft mit Brüsten, Nippeln, Bikinis, nackten Hinterteilen (darunter auch die der Herren Morrow und Depp), und so manche „Schauspielerin“ präsentiert uns knappste Höschen und tiefe Einblicke.
Hat da jemand „Handlung“ gerufen? Ich hab’s doch genau gehört! Nun, Superaufreisser Morrow und Depp rennen durch das Poolparadies, um möglichst viele Schnitten anzugraben. Dazwischen rennt Elizondo als Juwelendieb herum, ein gummiartiger Sicherheitschef patrolliert und jagt unsere beiden Helden, wird aber von schlichtweg jeder anderen Figur überrannt und niedergeprügelt. Hoppla, schon steht Depp nackt im Schrank von Leslie Easterbrook, während Morrow ihrem Ehemann Elizondo mit dem Rasierer ein paar Haare kürzt. Aufbau für einen grandiosen Running Gag: Ein das Hotel besichtigender Punk freut sich über ungewöhnliche Haarmoden und flippt fast aus, als er Elizondos unfreiwilligen Irokesen sieht. Dann prügelt sich der Sicherheitschef mit dem echten Frisör, dann will Morrow eine spirituelle Schwester vernaschen, in deren Religion man sich oft ganz auszieht, dann gibt Depp sich als Arzt aus, um irgendeine beliebige blonde Hoppelschnitte aus dem Pool zu umgarnen. Darüber schreiben die nie was in diesen Reiseprospekten.
Oberknüller der ganzen Chose ist natürlich die teutsche Synchro. Da werden die Wechstaben verbuchselt, daß es eine frahre Weude ist. Aus „betonen“ wird schnell „betonieren“, aus „meditieren“ flugs „transpirieren“. „Eine fette Anmache,“ sagt Depp, als er einem rundlichen Mädchen aus dem Pool hilft. „Darf ich Ihnen kurz aufs Fahrrad helfen?“ Man müßte mitschreiben, um die ganzen Attentate auf die deutsche Sprache zu dokumentieren, die hier begangen werden. Was bleibt, ist Leslie Easterbrook, die Hector Elizondo ihre aufdringliche Oberweite ins Gesicht schiebt und ihn keck zu „Mopsi-Pops“ einlädt. Schlagt das mal im Duden nach.
Ach, ich könnte ja noch weiter schwärmen – zum Beispiel von den schrillen Klamotten, diesen schrecklichen 80er-Jahre-Neon-Farben, oder diesen Flock-of-Seagulls-Frisuren, die alle spazierentragen. Aber irgendwann muß ja Schluß sein. Der geneigte Teenie-Sexkomödien-Spezialist verleiht 6 von 6 Brüsten und träumt jetzt von Mopsi-Pops.
Die Superaufreißer (USA 1985)
Originaltitel: Private Resort
Regie: George Bowers
Drehbuch: Gordon Mitchell
Produktion: Delphi III Productions
Darsteller: Johnny Depp, Rob Morrow, Emily Longstreth, Karyn O’Bryan, Hector Elizondo, Dody Goodman, Tony Azito, Hilary Shepard, Leslie Easterbrook, Michael Bowen, Lisa London, Andrew Dice Clay, Ron House
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Jetzt bin ich, dank deiner enthusiastischen Filmkritik, natürlich total scharf darauf, den Streifen auch mal sehen zu dürfen. Bisher galt natürlich „Eis am Stiel“ als absolutes Referenzwerk, aber hier scheint sich ein Paradigmenwechsel abzuzeichnen. „Die Superaufreisser“, der Mercedes unter den Teenieklamotten, steigt in den Olymp der gepflegten TV-Unterhaltung auf und wird noch über Jahre als benchmark für Filme wie AMERICAN PIE 7: DIE PRESIELBEERANMACHE gelten:
Wenn du einen Videorekorder besitzt, leihe ich dir den Streifen gerne mal. Ansonsten empfehle ich ein gemeinsames Ansehen mit zwei, drei Bierchen, die die Qualitäten des Filmchens noch hervorheben.
Wie man am letzten Satz sieht, hatte ich offensichtlich schon ein paar davon intus.
Da ich im Bereich cultural studies tätig bin, muss ich mich natürlich ständig weiterbilden. Obwohl sich bei mir innerlich alles gegen die Banalitäten dieses Filmes sträubt, werde ich im Dienste der Wissenschaft knietief im Morast waten. Für dieses Opfer habe ich mir fürwahr ein Bierchen verdient!