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Everybody’s here, but nobody showed up.

Toller Tag gestern. Eigentlich nur sinnlos vertrödelt, aber hey. Gestern war ja Tag der offenen Tür an allen Universitäten Österreichs, und deshalb haben alle Institute einen Mordsaufstand gemacht, um viel Information an eventuell aufkreuzende Schüler vermitteln zu können. Eventuell hat jemand nicht bedacht, daß an den Schulen gerade die Matura ansteht, weswegen die Resonanz wohl eher überschaubar ausgefallen ist. Vor Obi-Wans Höhle war ein großer Infostand aufgebaut, an dem vier bis fünf zur freiwilligen Arbeit abkommandierten Körpertransformationsexperten nichts zu tun gehabt hätten, wenn ich nicht eben mal gefragt hätte, was denn bitteschön unter „Knabenwerken“ zu verstehen sei. Am Eingang war auch jemand postiert, um Broschüren und eine Programmübersicht zu verteilen, aber meinen Quellen zufolge wurden besagte Pamphlete nur von Menschen mitgenommen, die ohnehin schon studieren – vielleicht, weil sie auch noch herausfinden wollten, warum sie das eigentlich tun. Das Programm war aber auch umwerfend unterhaltsam: Die Büttenrede von Hubmayer-Kuon-Grosser erreichte die erstaunliche Anzahl von 20 Verirrten, die dann wohl nicht in die Kurse einfielen, die extra für sie offengehalten wurden. Bei fesselnden Themen wie „Pronunciation and Intonation“ und „Grammar II“ sehr verwunderlich.

Ganz brav bin ich dann natürlich zum NaWi-Tempel herübermarschiert, um dort unseren Mann vor Ort, Markus Leitner, abzulösen. Mit wechselnder Mannschaft saß ich dann vier Stunden am Anglistik-Infostand und habe in der Tat meine Zeit nicht vergeudet, weil es zwei Hilfesuchende zu beraten galt. Nummer Zwei dieser ausufernden Menge war ein älterer Herr, der gern als Seniorstudent Anglistik machen wollte, weil er offenbar viel Zeit hat und sich für alles, was auch nur annähernd englisch (bzw. amerikanisch) ist, brennend interessiert. Er habe alle Jane-Austen-Romane in chronologischer Reihenfolge gelesen, verkündete er und wollte wissen, welches wir denn nun als das beste empfänden. Ob wir ihm sagen können, welche englischsprachigen Kanäle es über Satellit zu empfangen gibt. Dass es DESPERATE HOUSEWIVES im ORF im Zweikanalton gäbe. Dass er jetzt dann ins Krankenhaus müsse, und er sich nicht sicher sei, ob sie ihn wieder herauslassen, weil er irgendwas mit den Gefäßen hat. Netter Kerl eigentlich, und ich habe ihm natürlich mehrfach zugeredet, er müsse dringend Anglistik studieren. Der bringt ja mehr Vorwissen und Interesse mit als jeder Jungstudent.

Nächster Halt auf meiner Tagestournee: Des Tröbingers End-of-Days-Feier, anläßlich seines letzten Zivildienst-Tages. So gegen 6 stieß ich zu den schon seit 16h dort eskalierenden Vergnügungssüchtigen, und durchgehalten habe ich bis halb eins – sieht man mal von einer halbstündigen Theaterprobe ab, die ich irgendwie noch dazwischengequetscht habe. Doch kein sinnloser Tag! Jedenfalls war’s feucht-fröhlich, auch wenn Hasi sich erdreistet hat, vor meinen Augen ein Schnitzel zu verspeisen, ohne mir zwei Drittel davon anzubieten. Lag aber vielleicht an seiner Übermüdung, weil er ja den ganzen Tag für Schwabenitzky durch Salzburg düst. Das ist ein bißchen wie ein Schreibtischjob, nur daß sich der Schreibtisch bewegt. So hatte Hasi denn auch gar keine Kraft mehr, bei meinen billigen Kalauern nicht zu lachen, auch wenn er sich hin und wieder noch bemüht hat. Tröbinger einstweilen hat sich vorgenommen, ab sofort Titel zu sammeln, und wird demnächst „Herr Landeshauptfrau Dr. Mag. phil. O-Ziv. A.D. Christian von Tröbinger-Droste-Schattenburg“. Das soll ihm mal einer nachmachen. Auch C2D2 und Obi-Wan waren zugegen, und neben der Verbreitung einiger Anekdoten über den SCHLAFLOS-Dreh haben wir eine beträchtliche Zeit darauf verwenden, über die Lederhosen eines bekannten Partygängers (der hier namenlos bleiben soll) zu sprechen.

Daheim dann noch eine Folge 24 geschaut und dann zu den wiederentdeckten Klängen von The Cinematic Orchestra, die in einem der nächsten Posts gefeiert werden sollen, sanft entschlummert.

Schön.

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

    1 Comment

    1. Ich habe die „Büttenreden“ ja leider verpasst, weil ich mir zweieinhalb Stöcke höher eine Vorlesung zu James Joyce und Virginia Woolf zu Gemüte führte. (Ich wollte schon fast „angedeihen ließ“ sagen, aber das Verb ist nicht reflexiv und sowieso schon sehr veraltet.) Im Gegensatz zu uns, die wir gekommen sind, um zu bleiben, blieben die meisten zu Hause, um eine Woche vor der Matura noch irgendwie zeitlich zurechtzukommen. Aber wie schon der Prophet im Buch Tom Kapitel 2, Vers 4 sprach: Die Gaudi im Leben muss man sich selber machen.“ Deshalb war der „Tag der versoffenen Kür“ keine verlorene Zeit.

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