Mehr Rock!
Straighter Garagenrock auf 110% ROCK, dem zweiten Album der Alternative Allstars unter Leitung von Thumb-Chef Claus Grabke.
Vorsicht ist ja mithin geboten, wenn die Promo-Info eines Albums mehrere Absätze darauf verwendet, mit wem die zu beurteilenden Musiker nicht schon alles gespielt haben. Da steht dann: „Otto Klotz hat mal bei Crazy Slipkornbizkit Townfarm getrommelt“, was ja an und für sich lobenswert ist, aber eigentlich irrelevant, und dann werden zig Bands genannt, mit denen sie schon mal auf der Bühne standen. Färbt Talent ab?
Bei den Alternative Allstars ist die betreffende Info des Labels lang, aber alle Befürchtungen zerstreuen sich schon beim ersten Anhören der CD. Ab da ist es dann nämlich egal, daß Bandmastermind Claus Grabke obszön viele Projekte leitet und noch dazu Skateboardchampion ist – die Musik ist von der ersten Note an frisch und tönt druckvoll aus den Lautsprechern. Die Allstars machen auf ihrem zweiten Album 110% ROCK, und das kann man als grammatikalisch korrekten deutschen Satz so stehenlassen.
Nach der Etikette „Garagenrock“ ist natürlich schon alles Wissenswerte über das Album gesagt. Schließlich zeichnet es diesen Stil aus, daß er nicht den Kopf, sondern den Bauch anspricht. Das Allstars-Album trifft hierbei ins Schwarze: Die Gitarren schrammeln energiegeladen durch riffstarke Songs mit feinen Melodien. Zu den einzelnen Songs kann man wahlweise herumspringen oder auf- und abhüpfen, sieht man mal von der obligatorischen Ballade „Emotions“ ab. Gastauftritte von den Sängern von den Donots und 4LYN lockern das Album auf, hier und da denken die Älteren unter uns an den Stadionrock der 80er, und während die erste Single, „Rubberball“, für Stimmung sorgt, ist der eigentliche Favorit das intensive „Take Me Higher“ (inklusive Mitschreifaktor ohne Aufpreis).
Die Presseinfo nennt das „ehrlichen Rock“ und weist stolz darauf hin, daß die Bandmitglieder sogar ihre eigenen Bänder gewechselt haben. Den Ehrlichkeits- und Authentizitätsanspruch von Rockmusik werden wir wohl selbst nach zehn Jahren Grunge-Niedergang nicht wieder los. Aber ob Grabke das ehrlich meint oder nicht, ist doch eigentlich völlig egal: Wichtig ist, daß das Album Spaß macht, unverbraucht klingt und feine Song-Perlen bietet. Den uneingeschränkten Genuß garantiert natürlich auch die Tatsache, daß die Pressinfo den CDs gar nicht beiliegen wird.
Dieser Text wurde erstmals am 14. April 2004 bei Fritz!/Salzburger Nachrichten veröffentlicht.
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