Krawall im All
Die Fortsetzung zum Überraschungserfolg HOMEWORLD ist schöner, größer, und vor allem schwieriger.
Rückblende: Zu einer Zeit, als wir alle noch jung waren – präzise: 1999 – und mehr Echtzeitstrategiespiele auf den Markt kamen, als es Bücher von Wolfgang Hohlbein gibt, fiel es verständlicherweise schwer, die Spreu vom Weizen zu trennen. Einigkeit herrschte aber über die Qualitäten von HOMEWORLD, einem Spiel, mit dem das damals noch unbekannte Weichwarenstudio Relic Entertainment die erste Real-Time-Strategy vorlegte, bei der man sich vollkommen frei im dreidimensionalen Raum bewegen konnte. Als kleinen Bonus packten die Entwickler noch eine gehörige Portion Spielspaß dazu, der dafür sorgte, daß die Science-Fiction-Saga diverse Charts erklomm.
Die Erwartungshaltungen für den jetzt erschienenen Nachfolger HOMEWORLD 2 sind also entsprechend hoch, und weil wir das Fazit nicht immer nach hinten packen wollen, darf jetzt schon verraten werden, daß es zwar keine revolutionären Neuerungen gibt, das Spiel aber dennoch die Qualität des Erstlings erreicht. Wer den ersten Part also mochte, braucht gar nicht weiterlesen, sondern darf gleich zuschlagen.
In der Zukunftswelt von HOMEWORLD gibt es verschiedene Rassen, die sich nicht wirklich lieb haben. Die Hiigarans wollen eigentlich nur ihre Ruhe haben, werden aber konstant von den grimmigen Vaygr gestört, deren Anführer Makaan sich dazu berufen fühlt, sich zum Sajuuk’Khem aufzuschwingen – angesichts der Namen ist davon auszugehen, daß bei einem Programmierer die Tastatur ein wenig klemmt. Um nun zum Galaxis-Übereumel zu werden, braucht Makaan drei Hyperraumkerne, von denen sich einer – Überraschung – in der Hand der friedliebenden Hiigarans befindet. Schalten Sie also auch nächste Woche wieder ein, um zu sehen, wie Krieg, Zerstörung und misanthropes Kaputtmachen über das arme Volk hereinbrechen.
Im Einzelspielermodus leitet man nun also die Hiiagaran-Flotte durch fünfzehn Missionen und versucht, die unzähligen Angriffe der feindlichen Mächte zu überstehen. Das wird ähnlich gehandhabt wie im ersten Teil; man taktiert und kommandiert seine einzelnen Schiffe umher, die auch zu Gruppen zusammengeschlossen werden können. Wer glaubt, im All viel Platz und weite Sicht zu haben, irrt, weil überall Asteroiden und Gasnebel und andere Sperenzchen das strategische Denken erschweren. Die Steuerung im dreidimensionalen Raum ist eher gewöhnungsbedürftig – oftmals landet der Schiffsverband nicht wirklich dort, wo man ihn hindirigieren wollte.
Mit Karte und Sensoren versucht man, feindliche Angriffe zu überblicken, die von allen Seiten erfolgen können – sogar von oben oder von unten (welche Richtung ist eigentlich „oben“ im All?). Man sammelt Ressourcen und befehligt Forschungseinheiten, die dann nützlichen Trallerwatsch wie z.B. Tarnvorrichtungen entwickeln. Die Flotte wird in die jeweils nächste Mission übernommen – Freude kommt also auf, wenn man eine Mission mit mehr Glück als Verstand überlebt hat und dann beim nächsten Auftrag mit einem verbliebenen rostigen Kahn einer Übermacht entgegensteht. Überhaupt sorgt das gegnerische Aufgebot oft für hysterische Heiterkeit: Da steht man mehreren Dutzend Angriffsschiffen der Vaygr gegenüber, während die Missionsbeschreibung schlicht lautet: „Vernichten Sie die restlichen Vaygr-Schiffe“.
Der Schwierigkeitsgrad ist deutlich angeschraubt, die künstliche Intelligenz der Computergegner merklich gestiegen. Wer den ersten Teil nicht gespielt hat, wird schnell überfordert sein. Während fünfzehn Missionen nicht gerade viel sind und von Profis locker an einem Wochenende gemeistert werden können, spielt der Novize deutlich länger, aber auch frustrierter. Zum Glück gibt es nach jeder Mission motivationsfördernde Videosequenzen, die die Geschichte weitererzählen und Lust auf mehr machen.
Jetzt bleibt eigentlich nur noch die Frage, womit man einen Artikel beendet, der sein Fazit schon oben im zweiten Absatz verpulvert hat. Vielleicht mit einer Empfehlung und einer Warnung: HOMEWORLD 2 ist ein faszinierendes Spiel, auch wenn es nicht so originell wie der Vorgänger ist – Einsteiger sind aber möglicherweise mit dem gepfefferten Schwierigkeitsgrad überfordert.
Hinweis: Dieser Text erschien zuerst am 25. Oktober 2003 bei Fritz!/Salzburger Nachrichten.
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