In den modernen Haifischfilmen passieren ja stets höchst abstruse Unfälle, weswegen die Killerflossen noch gemeiner werden, als sie es im Kino eh schon immer waren: Wirbelstürme, Genmanipulationen, Geister, Zombies, Gastauftritte von Lorenzo Lamas. Da ist es doch schön, daß die Problematik in RAGING SHARKS ganz bodenständiger Natur ist: Beim Kampf zweier Raumschiffe über einem weit entfernten Planeten wird ein Kanister mit einer Art Kristallsubstanz quer durchs All geschleudert – und landet ausgerechnet bei uns im Bermuda-Dreieck! Das durch die Substanz produzierte magnetische Feld läßt fünf Jahre später die Haie der Umgebung zu mörderischen Bestien mutieren – und das wiederum bringt das Team des nahegelegenen Unterwasser-Forschungslabors Oshana arg in Bedrängnis. Ehrlich: Greenpeace würde für solche Banalitäten nicht einmal die Praktikanten mit der Sammelbüchse auf die Straße schicken.
Die Unterwasserstation wird von Dr. Mike Olsen geleitet, der von „Parker Lewis“ Corin Nemec gespielt wird und trotzdem nie mit irgendeiner anderen Figur die Uhr abgleicht. An Bord sind außerdem Olsens Frau Linda, gespielt von Ex-Model Vanessa Angel, und zwei weitere schicke Damen – eine Blonde mit Zöpfchen (Elise Muller) und eine Schwarzhaarige mit in Stein gemeißelten Gesichtszügen (Simona Williams). Die übrigen Crewmitglieder heißen alle mit Nachnamen „Fischfutter“.
Olsen verläßt aber schon zu Beginn des Films die Station mit einem Mini-U-Boot und fährt wenig später die Straßen von Boston entlang. Dann erreicht ihn ein Anruf, daß sein Labor einem Haiangriff zum Opfer gefallen ist, bei dem zwei Besatzungsmitglieder ums Leben kamen und sowohl die Strom- als auch die Sauerstoffversorgungsschläuche durchgebissen wurden. Nur einen Schnitt später befindet sich Olsen schon an Bord des U-Boots USS Roosevelt, um zu Hilfe zu eilen. In einem weniger glaubwürdigen Film wäre Olsen nicht in Boston, sondern in Salt Lake City zum Hafen gefahren.
„Schatz, hast du die Station auch gegen Angriffe von durch außerirdische Materie wildgewordenen Haien gesichert?“ |
An Bord der Oshana herrscht derweil so große Aufregung, daß sogar die Schwarzhaarige ein paar Sorgenfalten ins Lifting quetschen muß. Immerhin ist kaum mehr Sauerstoff vorhanden, und um den irgendwo untergebrachten zusätzlichen Bonus-Sauerstoff in die Station zu leiten, muß ein Ventil geöffnet werden – von außen. Ohne mich in die sicherlich hochkomplizierte Arbeit von Unterwasserlaborarchitekten einmischen zu wollen: Innen wäre das Ventil wirklich praktischer.
Die wütenden Haifische sind derweil so zahlreich, daß sie nicht nur unsere Station bedrohen können, sondern auch nebenher ein paar Touristen am Strand von Bermuda und einige Menschen auf einem Boot wegfuttern können. Die Nachrichten stimmen die Crew der Oshana recht betrübt: Bei solch fiesen Fischen wäre es aussichtslos, an die Oberfläche schwimmen zu wollen. Von Waffen oder Ablenkungsmanövern halten die Leute offenbar nichts – zumindest wird nie davon geredet, womöglich wurden beim ständig sinkenden Forschungsbudget des Staates als erstes die Harpunen wegrationalisiert. Für zukünftig geplante Unterwasserlabore sei noch der Hinweis gestattet, daß es ein gewisses Sicherheitsrisiko darstellt, wenn der plausibelste Weg an die Wasseroberfläche der ist, dorthin zu schwimmen.
Zum Glück naht ja aber schon Dr. Olsen auf der USS Roosevelt. Leider wird der gute Doc bei der Ankunft vom Kapitän des U-Boots informiert, daß die Roosevelt für solche Rettungsmanöver gar nicht ausgerüstet ist und ergo gar keine Unterwassershuttles für die Evakuierung bietet. „Schade“, möchte man da fast rufen, und auch Corin Nemec sieht einen Moment lang so aus, als würde er sich in einen ganz anderen Film wünschen.
„Hey, dich kenn ich doch aus SUMURU – PLANET DER FRAUEN!“ |
Bleibt Olsen also nur, vom U-Boot in die Forschungsstation zu schwimmen. Warum? Ganz klar: Um sich dort mit den anderen Crewmitgliedern, mit denen übrigens Funkkontakt besteht, Gedanken darüber machen zu können, wie sie von dort verschwinden können. Ich persönlich würde ja annehmen, daß es umgekehrt marginal sinnvoller wäre – wenn also die Crewleute der Oshana zum U-Boot schwimmen würden. Aber zugegebenermaßen beruht meine Unterwassererfahrung auch nur auf aufwendig produzierten Kinospektakeln wie SIRENE I.
Begleitet wird Olsen beim Tauchgang von einem gewissen Ben Stiles, der Unfälle in tiefen Gewässern in Namen der Regierung untersucht und Olsen schon mit Gerichtsverfahren und anderweitigem Liebesentzug gedroht hat. Überraschenderweise werden die beiden, während sie zur Oshana schwimmen, von Haien angegriffen. Zum Glück können sie sich gerade noch rechtzeitig in die Unterwasserluke der Forschungsstation retten – vermutlich, weil Linda Olsen bei den panischen Funksprüchen ihres Mannes sofort reagiert und flugs von der Brücke rennt, um besagte Luke zu öffnen.
Bevor alles gut wird, müssen aber leider noch die Gebrüder Fischfutter die Handlung verlassen. Einer stirbt, weil er Olsen in einem Mini-U-Boot begleitet, damit der das erwähnte Ventil öffnen kann – aber leider wird das Gefährt samt Insasse von Haien gefressen. Olsen befand sich glücklicherweise nicht im Boot, wird aber nun leider von finsteren Flossen umringt. Er schafft per Funk dem Captain der Roosevelt an, einen Torpedo in die Haifischversammlung zu schießen, und wischt alle Bedenken beiseite, daß das Geschoß womöglich zu viel Schlagkraft haben wird. So ist es dann leider auch, weshalb die Oshana etwas Schaden nimmt und den restlichen Film über nach und nach zusammenkrachen wird. Die gute Nachricht: Die Insassen haben dank des geöffneten Ventils ein paar Minuten mehr Luft.
„Essen. Jetzt.“ |
Innen hält einer der Mechaniker dem psychischen Druck nicht mehr stand und flüchtet in einem etwas größeren Mini-U-Boot. Angesichts der Menge an Mini-U-Booten, die hier plötzlich ins Spiel kommen, möchte man noch fragen, warum nicht eines davon zur Evakuation verwendet hätte werden können – aber da kommt auch schon der nächste Hai und futtert das Boot mitsamt dem panischen Mechaniker. Einmal mehr wäre ein „Schade“ angebracht.
Als wären die bisherigen Geschehnisse noch nicht Streß genug, zeigt nun auch Ben Stiles sein wahres Gesicht: Er arbeitet in einer verdeckten Operation für einen wirklich, wirklich klandestinen Geheimdienst und ist eigentlich hinter der außerirdischen Substanz her, die zu Beginn des Films ins Wasser gefallen ist. Er mußte mit zur Oshana, weil sein Verein bislang nicht wußte, wo der Kanister mit den Kristallen zu finden sei, und zum Glück fragt niemand nach, woher sie denn dann überhaupt über die Existenz besagter Kristalle Bescheid wissen. Seine Tarnung fliegt übrigens auf, als der Kapitän der Roosevelt auf Anregung von Dr. Olsen bei der Behörde anruft, der Stiles angeblich angehörte. Woodward und Bernstein hatten es da noch schwerer, die Lügen der Regierung aufzudecken.
„Hallo, Hauptquartier, kennt ihr den schon? Alle Kinder spielen im Wasser, nur nicht Schröder, der ist Köder.“ |
Stiles bringt also der Reihe nach alle restlichen Crewmitglieder um, nachdem die ja nun über die Kristalle informiert sind – zugegebenermaßen direkt durch ihn, aber das muß er ja nicht später in seinem Bericht erwähnen. Nur Linda und Dr. Olsen halten seinen Attacken stand, selbst, als Stiles im tödlichen Zweikampf plötzlich eine scharfe Axt von der Wand nimmt. Ich stelle mir vor, daß so eine Axt in der Unterwasserstation durchaus praktisch sein kann: Wenn es brennt, muß man ja nur ein Fenster damit einschlagen, damit alles gelöscht wird.
Zum Glück kann der unsympathische Stiles aber zur Strecke gebracht werden. Während Olsen und seine Frau in der zusammenbrechenden Station schon glauben, daß nun ihr letztes Stündlein geschlagen hat, tauchen plötzlich Außerirdische zum Kanister und holen sich die hell leuchtenden Kristalle ab. Das beruhigt offenbar die Haie, weshalb die Olsens ungestört zur Roosevelt herüberschwimmen können – die beinahe schon wegfahren wollte! Zum Glück kann Olsen die Luke des U-Boots von außen öffnen und sich und seine Frau hineinretten. Ich dachte ja immer, daß man die Luke während des Tauchgangs gar nicht öffnen darf, weil dann Wasser auf die kostbare Elektronik tröpfeln könnte, aber offenbar gibt es da eigene physikalische Gesetze mit Luftdruck und Schwerkraft und Außerirdischen und so. Coole Sache, Parker!
Raging Sharks (USA/Bulgarien 2004)
Regie: Danny Lerner
Buch: Les Weldon
Musik: Steve Edwards
Kamera: Emil Topuzov
Darsteller: Corin Nemec, Vanessa Angel, Corbin Bernsen, Todd Jensen, Elise Muller, Bernard van Bilderbeek, Simona Williams, Jonas Talkington
Die Screenshots stammen von der DVD (C) 2006 Warner Bros. Entertainment Inc.