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EIN KÖNIGREICH VOR UNSERER ZEIT: Vom Kampf gegen Magier, Monster und Archivmaterial

Lana Clarkson als Prinzessin Amalthea

Nachdem er sich schon den ersten Teil vorgeknöpft hat, ist Gastautor Don Arrigone der geeignetste Mann, auch über das Pseudo-Sequel WIZARDS OF THE LOST KINGDOM II ein paar kritische Worte zu verlieren. Ich übergebe das Wort an den sparfilmgestählten Don:

Als mich Herr Genzel vor kurzem fragte, ob ich nicht WIZARDS OF THE LOST KINGDOM II (in Deutschland sinnigerweise sowohl bekannt als EIN KÖNIGREICH VOR UNSERER ZEIT als auch als EIN KÖNIGREICH VOR UNSERER ZEIT II und damit das erste uns bekannte Ipsumquel) rezensieren könnte, dachte ich anfangs, ich hätte das bereits getan. Als ich merkte, daß dem nicht so war, fürchtete ich kurz, ich würde wohl langsam alt werden. Dann sah ich mir aber wieder einmal durch, was wir bereits an 80er-Jahre-Fantasy-Trash rezensiert haben, und bin mir nun sicher, eigentlich schon alles über WIZARDS OF THE LOST KINGDOM II gesagt zu haben, was es zu sagen gibt – wenn auch über andere Filme. Immerhin hat Produzent Roger Corman ja auch nicht immer wieder bei Null angefangen. Aber gut, es hat ja jeder Film sein Recht auf eine eigene Rezension.

Everyone’s happy when the wizard walks by.

Wie schon WIZARDS OF THE LOST KINGDOM, mit dem der Film hinsichtlich Handlung, Schauspielern und Charakteren rein gar nichts zu tun hat, beginnt die Angelegenheit mit einem Zusammenschnitt diverser Streifen, an denen Corman noch die Rechte in einer Schublade liegen hatte, und einer epischen Hintergrundgeschichte über drei Reiche, drei Artefakte und drei böse Magier, allesamt versehen mit unaussprechlichen Namen, um zumindest den Anschein von Komplexität zu erwecken (Spoiler: Der Schein trügt).

Nach dieser kurzen Exposition wird uns der Magier Caedmon vorgestellt: ein dicklicher, einfältiger, unfähiger alter Mann. Damit würde er sich zumindest als geistiger Nachfolger zu Gulfax aus dem ersten Teil eignen, auch vom Körpermaß her, doch meine Hoffnung, daß er sich ein Schafskostüm überwirft, wird enttäuscht. Schade, es hätte den Film zweifellos besser gemacht. Nun, ihm erscheint sein alter Meister Vanir in einem Kessel und befiehlt, einen Jungen namens Tyor zu finden, da dieser die Artefakte bergen, die Reiche einen und das Böse bezwingen könne (undsoweiterundsofort). Er endet seine Ausführungen mit einem guten Ratschlag, den wir uns jeden Morgen zu Herzen nehmen könnten: „Jetzt trink deinen Kaffee und dann geh“.

Ein Wächter als traurige Alternative zu Schafsmann Gulfax.
Statt Gulfax bekommen wir das?!

Caedmon zieht durch die Reiche und findet den Knaben tatsächlich (wäre auch sonst wohl ein noch langweiligerer Film geworden). Zu zweit trauen sie sich allerdings noch nicht zu, das Böse tatsächlich zu bezwingen, also sucht man sich noch Hilfe von einem großen Krieger: dem Finsteren. Dieser wird von David Carrandine verkörpert – eigentlich hätte man ihn alleine aufgrund der Auswahl seiner Rollen vielleicht einmal auf seine masochistische, selbstzerstörerische Ader ansprechen sollen, aber vielleicht soll man die Dinge nicht überinterpretieren und der Scheck war einfach gut. Nun, damit hätte der Film einen Star, aber überraschenderweise weigert sich der Finstere vorerst, das vom ihm betriebene Wirtshaus aufzugeben und mit den Helden zu ziehen. Wahrscheinlich war der Scheck doch nicht so gut. Unter Umständen ist es aber auch der Tatsache geschuldet, daß Tyor es nicht lassen kann, die Frau des Finsteren lüstern anzustarren. Das ist übrigens ein Element, das sich wiederholen wird: Tyor, der junge, unschuldige Knabe, die Verkörperung der guten Mächte und der nächste große Weißmagier, läßt seiner verfrühten Pubertät vollkommen freien Lauf und ist auf jeden weiblichen Charakter spitz wie Nachbars Lumpi – und ich kann „jeden“ nur betonen. Während ein notgeiler Held durchaus lustig sein kann, ist ein notgeiler Knabe als Protagonist am Ende des Tages schlicht und ergreifend verstörend.

Nun, man reist also in braver Videospielmanier in das erste vom Bösen besetzte Reich. Dort soll man Prinz Erman befreien, um die Revolte gegen den Herrscher anzuführen, und, weil man schon dabei ist, auch noch gleich drei junge hübsche Damen. Praktischerweise werden aber ohnehin alle im selben Stall festgehalten. Bewacht werden sie von einem Mann im Wolfskostüm und einem im Schweineköstum – beide leider nicht so unterhaltsam wie die Wuschelviecher aus dem ersten Teil. Einige magische Sprüche später zerfleischen sich die beiden Ungetümer gegenseitig (bzw. wrestlen zwei kostümierte Männer, die unter der Maske wohl nicht sonderlich gut sehen konnten, dafür aber zumindest auch nicht vom Publikum gesehen werden können) und Erman beansprucht die Rettung der Damen für sich, sehr zum Mißfallen von Tyor Dauergeil. Erman hat kurz Probleme damit, möglichst unauffällig drei nebeneinander stehende Frauen gleichzeitig zu becircen, führt dann aber brav wie gefordert die Revolte an. Tyor und Caedmon plätten derweil den ersten fiesen Magier und erhalten ein Amulett.

Lana Clarkson als Amazone Amalthea
Die Amazonen-Episode spricht ob ihrer komplexen Handlung ein männliches Publikum besonders an.

Wenig überraschend geht es weiter in das zweite Reich. Auf dem Weg dorthin hat Tyor einen Traum, da noch Szenen aus BARBARIAN QUEEN verwurstet werden mussten, dann treffen sie auch schon auf die Amazone Amalthea, gespielt von der ansehnlichen Lana Clarkson. Die bietet wiederum an, den Aufstand des Volkes zu organisieren (bzw. hat sie das in BARBARIAN QUEEN bereits getan und jetzt könnte man es ja noch einmal zeigen) und dabei möglichst oft Hintern und Brüste in die Kamera zu halten, Tyor soll sich derweil um den Magier Donar kümmern. In dessen Schloß trifft er dann allerdings auf die Zauberin Freyja, der es überraschenderweise fast gelingt, den hormongesteuerten jungen Mann zu verführen. Nur die Erscheinung seines Meisters Vanir „erlöst“ ihn von ihrem, ähm … grausamen Bann. Der chronisch rattige Tyor zwingt Freyja anschließend, ihm das magische Schwert auszuhändigen, das zweite Artefakt. „Er konnte meinem Sex widerstehen“, resümiert die Dame dann betroffen. Wäre nicht gleich zu Beginn der Befehl mit dem Kaffee, ich hätte gesagt, daß das Synchro-Team spätestens an dieser Stelle aufgegeben hat (in Wahrheit haben sie es wohl nie probiert). Nun, auf jeden Fall ist ihr Chef, der Magier Donar (Sid Haig), nicht begeistert. Sie versucht es mit der Ausrede „ich hatte Migräne“, Donar läßt dies aber nicht gelten: Kurzerhand schlägt er ihr ins Gesicht und meint unbeeindruckt: „Jetzt hast du Migräne.“ Zumindest einer schien an den Dreharbeiten Spaß gehabt zu haben. Gegen Ende der Episode sieht Freyja übrigens noch ein, daß Tyor ja ohnehin minderjährig war. No shit, Sherlock.

Auf geht es ins dritte … von einem bösen Herrscher besetzte Land. Auf dem Weg dorthin schließt sich glücklicherweise nun doch noch der Finstere an, da er inzwischen sein Wirtshaus schließen mußte, weil er die Steuern nicht mehr bezahlen konnte und von Idunas Vater nicht für einen Versager gehalten werden will. Endlich einmal ein Held, dessen Motive auch für Arbeiter, Angestellte und Kleinunternehmer der neoliberalen Wirtschaftswelt einmal nachvollziehbar sind. Außerdem waren noch Szenen aus DER KRIEGER UND DIE HEXE übrig. Dementsprechend gibt es in der Stadt einen für den restlichen Film ungewöhnlich blutigen Kampf an einem Brunnen und ein Duell gegen ein aus Schläuchen und einem Maul bestehenden Monster, das auch in diesem Film konsequenterweise als „Beschützer“ tituliert wird (wie schon im Originalmaterial), und das nach diesem Film wohl nach Japan verkauft wurde, um eine zweifelhafte Karriere anzutreten. Die Auseinandersetzung mit dem bösen Magier Zarz (und damit die neuen Szenen) übernehmen in erster Linie wieder Tyor und Caedmon, da die beiden wohl am billigsten waren.

Verführung Minderjähriger für Anfängerinnen: die Zauberin Freyja (Diana Barton).

Es kommt zum zentralen Konflikt des Filmes, der bisher nur angekündigt, nicht aber wirklich vorbereitet wurde: Tyor Immerscharf muß sich der Wahl zwischen Gut und Böse stellen und entscheiden, ob er den wiedergekehrten Donar nun umbringt oder nicht. Einem vorhersehbareren Konflikt mußte sich höchstens der junge Anakin Skywalker stellen. Im Gegensatz zu ihm entscheidet sich Tyor aber nachvollziehbar für das Gute (immerhin waren keine Busen im Spiel). Nachdem Tyor im Endkampf klassisch kurz zu unterliegen scheint, hext er sich einen beeindruckenden Bizeps und schleudert sein Schwert gen Zarz. Der schurkische Zauberer wird durchbohrt und stirbt, die Helden triumphieren.

Kurz kommt es noch zur Diskussion, was denn nun aus den drei Reichen werden soll, aber die Erscheinung des Magiers Vanir, der aussieht, als wolle er demnächst in eine Doom-Metal-Band wechseln (wer könnte es ihm verdenken?), löst das Problem: Der Finstere soll entscheiden. David Carradine hat dann auch eine atemberaubend einfache Idee: Erman wird König und heiratet Amalthea, und er und Iduna machen wieder ein Wirtshaus auf. Für Tyor geht die Reise weiter, sollte noch irgendwann Geld für ein Sequel übrig sein (über 25 Jahre später kann man davon ausgehen, daß dem nicht so war). Der Film endet mit einem Witz über Franzosen. Ja, ernsthaft.

David Carradine als Kämpfer
David Carradine quält sich durch den Film.

Wie bereits beim Vorgänger haben wir es also mit einer sehr episodenhaften Handlung zu tun, ein größerer Bogen wird nicht gespannt. Tyor entwickelt sich als Charakter nicht weiter und überwindet keine inneren Konflikte. Er wird lediglich von Auseinandersetzung zu Auseinandersetzung ein wenig stärker. Zudem ist die Handlung der drei Episoden fast ident: Ein Krieger organisiert einen Aufstand, für den das Material aus bereits gedrehten Filmen verwendet wird, und die Helden stellen sich dem bösen Magier. Die Kämpfe aus den anderen Streifen stellen bezeichnenderweise jeweils den Höhepunkt dar, glänzen sie doch sowohl durch mehr Schauspieler als auch durch größeren Einsatz. Insbesondere Herr Carradine wirkt im Vergleich zu den Originalszenen aus DER KRIEGER UND DIE HEXE ein wenig außer Atem, zumindest Lana Clarkson gibt sich ein bißchen Mühe. Insgesamt hatte ich beim Sehen jedoch den Eindruck, daß keiner der Beteiligten sich große Illusionen über den Film machte: Der Anschein, daß man nur schnell eine Handvoll Dollar verdienen wollte, ist bei diesem Film besonders stark.

Hinzu kommt die Problematik, daß der Film keine klar erkennbare Zielgruppe hat. Der Vorgänger ging weitgehend noch als Fantasy-Abenteuer für Jungen durch, der zweite Teil ist dafür nicht niedlich genug und zu sexuell aufgeladen. Hinzu kommen die Szenen aus BARBARIAN QUEEN und DER KRIEGER UND DIE HEXE, in denen schon einmal Blut fließt. Einem erwachsenen Publikum hingegen ist das Teil wohl zu harmlos und zu handlungsbefreit. So war der Film wohl nur für Leute, die gerade unbedingt Fantasy aus der Videothek wollten – und selbst das könnte sich gerechnet haben bei so wenig Mühe, wie hier investiert wurde. Wenn tausend Affen tausend Jahre lang tausend Corman-Fantasy-Filme schneiden, kommt dann ein HERR DER RINGE heraus? Ich weiß es nicht, vermutlich aber etwas Besseres als WIZARDS OF THE LOST KINGDOM II.

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Ein Königreich vor unserer Zeit (USA 1989)
Alternativtitel: Ein Königreich vor unserer Zeit II
Originaltitel: Wizards of the Lost Kingdom II
Regie: Charles B. Griffith
Buch: Charles B. Griffith, Lance Smith
Musik: David M. Rubin
Kamera: Geza Sinkovics
Darsteller: Mel Welles, Bobby Jacoby, David Carradine, Susan Lee Hoffman, Blake Bahner, Lana Clarkson, Sid Haig, Diana Barton
Don Arrigone
Als Kind ausgesetzt und im Kloster zum Heiligen Massacesi aufgezogen. Zeigte schon in jungen Jahren Interesse an jeglicher Art von Film, insbesondere aber an den Genres Horror und Thriller. Studium der Theologie, Magisterarbeit zur Darstellung der Nonne im italienischen Film des 20. Jahrhunderts. Priesterweihe, und Beitritt zum Geheimorden der Fratri Rossi. Tod während einer nächtlichen Orgie, aufgrund seines sündigen Lebenswandels hinabgefahren in die Hölle. Gefangen im 9. Zirkel der Unterwelt und somit gezwungen, bis zum jüngsten Tag Videothekenfutter zu rezensieren.

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