Man wird das Gefühl nicht los, daß ESCAPE PLAN ungefähr 25 Jahre zu spät die Kinos erreicht: In den Achtzigern wäre es ein Knüller gewesen, zwei der größten Actionstars der Welt, die im Alleingang schon so oft die Welt vehement nach ihrer Vorstellung geformt haben, im Team zu sehen und ihren (freilich eher medial inszenierten als in realitas vorhandenen) Wettstreit um die Krone des Brachialkinos in ein passend geschmiedetes Vehikel zu lenken. Nun schreiben wir aber mittlerweile das Jahr 2014, und da fühlt sich die pure Präsenz dieser beiden mittlerweile alten Männer wie eine Nostalgieveranstaltung an: Wir sehen zwei gerngesehenen Helden vergangener Tage dabei zu, wie sie weniger gegen Schurken und finstere Gesellen kämpfen, sondern vielmehr den Fortschritt der Zeit zu bezwingen versuchen. Derweil schaffen sie es noch, aber wir sehen schon, daß sie diesen Kampf irgendwann verlieren werden.
Sowohl Sylvester Stallone als auch Arnold Schwarzenegger sind mittlerweile dem 70. Lebensjahr näher als dem 60., und beide haben ihre glorreichsten Kinotage schon hinter sich: Actionstar ist eben kein Job, dem man lebenslang nachgehen kann. Nun haben aber beide schon immer Menschen gespielt, die im Angesicht wahnwitziger Widrigkeiten umso entschlossener nach vorne schritten; beide haben immer wieder Sturschädel dargestellt, deren Welt gar nicht anders kann, als sich ihrem Willen zu beugen. Es paßt also irgendwie, daß diese beiden harten Burschen nun mit ebensolcher Hartnäckigkeit dem physischen Körperkino treu bleiben: Es ist, als wollten sie uns mit jedem neuen Film beweisen, daß 67 bzw. 66 einfach noch kein Alter ist für einen Actionruhestand.
Stallone scheint dabei der besessenere zu sein: Seit seinem Comeback mit JOHN RAMBO und ROCKY BALBOA – letzterer tatsächlich eine kluge Geschichte über das Altwerden – scheint der Mann im Fitneßstudio zu wohnen und sich den Körper aufzupumpen, um ja jede Spur der fortschreitenden Zeit auszumerzen. Das Gesicht kann er mittlerweile weniger bewegen als Mickey Rourke, die Stimme ist nurmehr ein halbartikuliertes Grummeln aus dem Keller, aber die Kraft ist sichtbar, die Präsenz spürbar, und die Geschichten um ihn herum sind exakt die Stories, die früher mit ihm als Star ein Kinoevent waren und ohne ihn in der Videothek gelandet wären. Schwarzenegger scheint dem Prozeß etwas gelassener gegenüberzustehen: Die Falten machen diesen Maschinenmenschen richtiggehend menschlich, und mit einem gewissen Schalk im Nacken spaziert er wie ein dezent überholtes Modell durch altbekanntes Terrain. Seine anstehenden Projekte zeigen, daß auch bei ihm vor allem Chronos der Krieg erklärt wird: Es bahnen sich Fortsetzungen zu TERMINATOR, CONAN und TWINS an.
Mit ESCAPE PLAN raufen sich diese beiden Traditionsmarken also zusammen und kämpfen sich durch einen Film, der früher mit Dolph Lundgren und Michael Dudikoff besetzt worden wäre: Es ist eine Gefängnisausbruchssause, die versiert alle anderen Gefängnisausbruchssausen der Filmgeschichte abklappert und dabei gar nicht vorgibt, irgendwie ihr Genre transzendieren zu wollen. Stallone spielt einen Profi namens Ray Breslin, der sich undercover in Gefängnisse einschleusen läßt, um mittels eines Ausbruchs Schwachstellen in ihren Sicherheitssystemen aufzuzeigen. Als er einen Job für einen neuen Hochsicherheitstrakt annimmt, muß er feststellen, daß man ihn aus dem Weg schaffen wollte – also tut er sich mit dem Häftling Rottmayer (Schwarzenegger) zusammen, um dem angeblich ausbruchssicheren Gefängnis zu entfliehen.
Der Film lebt von der vertrauten und immer noch sympathischen Präsenz der beiden Hauptdarsteller – fast zwangsläufig, da er sonst nicht viel hat, wovon er leben könnte: Die Geschichte ist Standardware, die Dialoge könnten aus anderen Filmen zusammengesampelt worden sein, die Twists sind bemüht und ergeben nicht viel Sinn, und die Action ist exakt das, was man sonst in jedem B-Movie geboten kriegt, nur etwas teurer inszeniert. Das funktioniert alles über die Laufzeit von knapp zwei Stunden, weil es über Jahrzehnte hinweg wie eine Maschine erprobt und eingesetzt wurde. Wo früher nicht mehr taufrische Charakterköpfe wie Lee Van Cleef, Donald Pleasence und Ernest Borgnine in Nebenrollen besetzt worden wären, dürfen heute andere talentierte Menschen antreten, die keine Hauptrollen mehr kriegen: Jim Caviezel, Sam Neill und Vincent D’Onofrio.
Stallone und Schwarzenegger schlagen sich gut im Prozedere – vermutlich, weil sie genau das machen, was sie eh schon immer gemacht haben. Somit sind die beiden Altstars hier auch etwas kurios anzusehen: Sie machen das, was sie vor dreißig Jahren gemacht haben, und sehen dabei aber dreißig Jahre älter aus. Stallone nuschelt, Schwarzenegger wirkt wie ein Bär, und sie beschwören, so gut es eben geht, die Glanzzeiten wieder herauf. Einige Jahre lang werden sie das noch machen können, irgendwann werden sie den Kampf nicht mehr antreten können. Und so nett es ist, die beiden in ihrer Berufsjugendlichkeit agieren zu sehen: Ich wünschte mir, sie würden bald mal damit anfangen, erwachsen zu werden.
Escape Plan (USA 2013)
Regie: Mikael Håfström
Buch: Miles Chapman, Jason Keller
Kamera: Brendan Galvin
Musik: Alex Heffes
Darsteller: Sylvester Stallone, Arnold Schwarzenegger, Jim Caviezel, Faran Tahir, Amy Ryan, Sam Neill, Vincent D’Onofrio, Vinnie Jones, Curtis „50 Cent“ Jackson