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[Film / Gastbeitrag] Beowulf (1999)

Der momentan im britischen Exil weilende Don Arrigone meldet sich mit dem folgenden Gastbeitrag bei uns, in dem er die Christopher-Lambert-Version von BEOWULF mit kritischen Worten bedenkt. Ich persönlich fand ja diese Steampunk-angehauchte Monster-Movie-Version des Stoffes durchaus unterhaltsam – aber mich fragt ja keiner. Wohlan, werter Don, berichte uns von der vordersten Filmfront!

Beowulf hat sich in den letzten Jahren zur beliebten Vorlage für Filme entwickelt. Aus Marketinggründen eine nachvollziehbare Entscheidung – das wichtigste angelsächsische Gedicht ist bestimmt nach wie vor ein guter Werbeträger. Filmtechnisch werden dann aber weder kulturelle Anspielungen, noch die poetische, von Stabreimen geprägte Sprache, sondern lediglich das Handlungsgrundgerüst umgesetzt. Damit meine ich konkret, daß es in den Filmen einen Mann namens Beowulf gibt, der zuerst ein Monster namens Grendel verhaut und dann dessen Mutter. Graham Bakers BEOWULF von 1999, mit Christopher Lambert in der Hauptrolle, stellt keine Ausnahme dar.

Dabei kann der Film zu Beginn sogar auf seine einzige Innovation setzen: das Setting. Denn BEOWULF spielt nicht einfach im frühmittelalterlichen Skandinavien, wie es die Vorlage nahelegen würde, sondern in einer fantastischen Mischung aus Steampunk und Mittelalter mit rotierenden Klingen, gewaltigen Krematorien und den obligatorischen Gaslampen. Ein solcher Hintergrund übt einen gewissen Reiz aus, wirkt aber leider weitgehend lächerlich, kann man doch mit einigen Waffen höchstens Pizza schneiden, und letztlich zerbricht das Setting an seinen eigenen Widersprüchen – beispielsweise wenn Lautsprecher ohne Elektrizität funktionieren.

Es folgt, was wohl als die große Hoffnung des Filmes gesehen wurde: Christopher Lambert. Dieser nähert sich als einsamer Reiter Beowulf einer belagerten, verwunschenen Burg, die eigentlich niemand mehr betreten darf. Die Belagerer wollen ihn dann auch tatsächlich nicht durchlassen, setzen aber trotz immenser zahlenmäßiger Übermacht auf Fairness und lassen sich einer nach dem anderen im Zweikampf von Lambert niedermetzeln. Intention war wohl, unseren Helden möglichst mächtig erscheinen zu lassen; tatsächlich halte ich nur die Soldaten für mächtig bescheuert. Es sei erwähnt, daß Lambert, bzw. ein Stuntdouble, hier bereits Salti rückwärts demonstriert – das Kennzeichen eines Kampfes in BEOWULF. Im Vorbeigehen rettet Beowulf dann auch eine Frau mit unechten Brüsten – ein weiteres Thema, das sich durch den ganzen Film zieht – die aber stirbt, bevor sie eine Chance bekommt, „ihr schauspielerisches Talent unter Beweis zu stellen“ (= ihre Möpse zu zeigen).

Beowulf betritt also alleine die Burg, wo ihm erklärt wird, daß diese verflucht ist und von einem geheimnisvollen Monster heimgesucht wird (= Grendel). Dieses ist, wie so häufig seit PREDATOR, mehr oder minder unsichtbar, und kann, mit der Ausnahme von kurzen Nahaufnahmen, nur als flimmerndes Etwas oder zumindest als billig animierter Nebel wahrgenommen werden. Wesentlich sichtbarer sind die Brüste der örtlichen Prinzessin, Kyra (Rhona Mitra), trägt die gute Dame doch die meiste Zeit über nur ein enges Lederkorsett. Dies scheint leider auch ihre männlichen Schauspielkollegen zu irritieren – aber zumindest blicken sie nicht in die Kamera. Einzig Lambert scheint ihren „weiblichen Reizen“ (= Möpsen) zu widerstehen, muß er sich doch darauf konzentrieren, möglichst konzentriert dreinzuschauen, während er, unheilschwanger wie überbetont, schwermütige One-Liner von sich gibt. Selbst ein Satz wie „Kann ich bitte mal das Salz haben?“ würde aus seinem Mund wie die Eröffnung eines grausigen Mordes klingen.

Nachdem Grendel in braver ALIEN-Manier sämtliche Charaktere getötet hat, die blöd genug waren, nachts alleine durch dunkle Gänge zu schleichen, beschließt König Hrothgar, endlich mit dem Monstrum abzurechnen – wenn das so einfach ist, hat er sich damit aber verdammt lange Zeit gelassen; ich hätte einen derart inkompetenten König ja schon lange abgesetzt. Nun, alle Frauen und Kinder werden in eine Art Bunker, genannt Heiligtum, gesperrt, und dreimal dürft ihr raten, wo sich Grendel versteckt hält, während die Soldaten ihn suchen. Ein kurzes Blutbad in heiligen Hallen später kämpft Beowulf gegen Grendel; das heißt, er schlägt, von bescheuertem ’90er-Jahre-Techno unterlegt, Salti rückwärts, bis Grendel ihn verprügelt. Gerettet wird er gerade noch von Hrothgar, mit dem Grendel aus einem unerfindlichen Grund nicht kämpfen will.

Wenig später erfahren wir, dass Hrothgar des Nachtens eine junge Dame erscheint, die ein wenig an Jacqueline aus dem Luxus-Eskortservice nebenan erinnert: platinblond, geschminkt bis zum geht-nicht-mehr und mit unechten Brüsten. Zumindest gelingt es der un(an)gezogenen Unbekannten, „ihr schauspielerisches Potential voll zu entfalten“ (= ihre Möpse Gassi zu führen). Daß das ganze seltsame Geschehen mit dem Fluch zu tun hat, der über dem Schloß liegt, vermutet natürlich niemand – außer allen halbwegs intelligenten Zuschauern.

Es folgen einige Kämpfe, in denen Beowulf natürlich fleißig Salti rückwärts schlägt – wobei ihm seine beknackte Strategie, sich in eine Ecke drängen zu lassen, um dort verprügelt zu werden, bis der Gegner müde wird, leider sogar aufgeht – sowie einige spektakuläre Auflösungen vorhersehbarer Geheimnisse und ein abschließender Endkampf gegen ein Monster, das ich in einem Playstation-1-Shooter sogar cool gefunden hätte. Also nichts Großartiges, Unerwartetes, oder irgendwie Aufregendes. Nicht einmal die handlungstragenden Brüste von Rhona Mitra können noch wirklich begeistern.

BEOWULF, der übrigens von den MORTAL-KOMBAT-Produzenten finanziert wurde, ist somit völlig überflüssig. Für Science-Fiction- oder Fantasy-Fans wird zu wenig aus der Welt gemacht, und Action-Aficionados werden sich selbst bei den Kämpfen langweilen. Von der grottigen, äußerst simplen Handlung will ich erst gar nicht reden. Schauspieltechnisch enttäuscht der Film fast auf ganzer Linie – einzig Götz Otto, dessen Charakter leider völlig vernachlässigbar ist, weiß zu überzeugen. Im Gegenzug liefert Lambert einen der schlechtesten Auftritte seiner Karriere. Fans des Mannes sollten also auch diesen Film vergessen und sich lieber zum hundertsten Mal HIGHLANDER ansehen.



Beowulf (USA/UK 1999)
Regie: Graham Baker
Buch: Mark Leahy, David Chappe
Musik: Jonathan Sloate, Ben Watkins
Kamera: Christopher Faloona
Darsteller: Christopher Lambert, Rhona Mitra, Götz Otto, Oliver Cotton, Vincent Hammond, Layla Roberts

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Don Arrigone
Als Kind ausgesetzt und im Kloster zum Heiligen Massacesi aufgezogen. Zeigte schon in jungen Jahren Interesse an jeglicher Art von Film, insbesondere aber an den Genres Horror und Thriller. Studium der Theologie, Magisterarbeit zur Darstellung der Nonne im italienischen Film des 20. Jahrhunderts. Priesterweihe, und Beitritt zum Geheimorden der Fratri Rossi. Tod während einer nächtlichen Orgie, aufgrund seines sündigen Lebenswandels hinabgefahren in die Hölle. Gefangen im 9. Zirkel der Unterwelt und somit gezwungen, bis zum jüngsten Tag Videothekenfutter zu rezensieren.

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