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[Film] Forbidden Affairs (1990)

Wenn D’Amato zweimal klingelt: Es scheint ein bißchen nachlässig vom guten alten Aristide Massaccesi bzw. „Joe D’Amato“ zu sein, daß er sich erst 1990 an ein Ripoff des Erotikdramas THE POSTMAN ALWAYS RINGS TWICE wagte, in dem Jack Nicholson und Jessica Lange immerhin schon 1981 nicht nur die Gemüter erhitzten. Ganz fernab vom Zeitgeist war Onkel Joe aber dann doch nicht: FORBIDDEN AFFAIRS, wie der vorliegende Film auf „Deutsch“ heißt (im Original: IL FIORE DELLA PASSIONE, auf Englisch: PASSION’S FLOWER oder einfach PASSION), erinnert nämlich auch an Dennis Hoppers wunderbare Pulp-Story THE HOT SPOT, die 1990 erschien und mit Don Johnson, Virginia Madsen und Jennifer Connelly eine ähnliche Geschichte um Lug, Untreue und Mord erzählte.

In D’Amatos Quickie-Version kommt der ehemalige Sträfling Jeff zurück in seine kleine Heimatstadt, um seinen Bruder Gordon aufzusuchen. Vorher gönnt er sich aber ein kleines Stelldichein mit einer blonden Sexbombe, die ihn nach dem Austausch ein paar vielsagender Blicke an einer Tankstelle aufgabelt – die beiden fahren in den Wald, kommen flugs zur Sache, aber weil Jeff für ihren Geschmack viel zu schnell fertig ist, schenkt sie ihm nur einen bösen Blick und braust wortlos mit dem Auto davon. Unter allen Lesern, die erahnen können, wer sich nur wenig später als fesches Trophäenweib des lieben Bruders Gordon entpuppt, verlosen wir einen Screenshot von Playmate Kristine Rose.

Wie im POSTMANN ist Linda, die untreue Ehefrau von Gordon, nach ein paar anfänglichen Zickigkeiten nur allzu gerne bereit, ihr Verhältnis mit Jeff zu intensivieren – ist sie doch höchst frustriert darüber, daß Gordon die meisten Abende mit Football-Übertragungen oder Pokerrunden verbringt, und muß abends schon des Öfteren Migräne vortäuschen, um ihren Angetrauten abzuwimmeln. Genaugenommen will Linda sogar, daß Jeff Gordon um die Ecke bringt – aber Jeff reagiert da eher zögerlich und bandelt stattdessen mit der weniger mordlüsternen Kellnerin Jamie an – und diese analog zu THE HOT SPOT aufkeimende Dreiecksbeziehung treibt wiederum Linda in die Eifersucht. Gordon selbst ist dabei aber auch nicht gerade ein armes Opfer: Es stellt sich heraus, daß er das Testament des Vaters fälschen ließ, damit Jeff nichts vom Erbe erhält …

Eine schöne Noir-Geschichte also, die sich da im Schatten der Vorbildstories entfaltet – aber leider ohne das stimmungsvolle Zeitkolorit von Rafelsons POSTMANN und ohne die staubige Atmosphäre von Hoppers HOT SPOT (ganz zu schweigen vom Soundtrack des letzteren, der mit Miles Davis und John Lee Hooker aufwarten konnte – während hier banale Synthflächen bemüht werden). Immerhin ist mit Kristine Rose (DAS TESTAMENT DER BEGIERDE) die Femme Fatale prächtig besetzt: platinblond, gelangweilter Modelblick, aber eigentlich ein weiches Gesicht, und dazu einen kurvenreichen Körper. Die anderen drei Protagonisten in dem Reigen schlagen sich durchaus solide – was man von den (nicht genannten) Nebendarstellern dagegen weniger behaupten kann, die eher wie dahergelaufene Statisten wirken, denen flugs ein paar Sätze gegeben wurden, mit denen sie sich dann auch ordentlich abmühen. In einem kleinen Gastauftritt ist übrigens auch Laura Gemser zu sehen – als Prostituierte, die Jeff in einer Bar aufgabelt und die ihn dann gratis verwöhnt, nachdem er ihr gesagt hat, daß er seine Brieftasche vergessen hat. Nein, das gehört nicht zu den realistischsten Momenten des Films.

Mit allen Einschränkungen hat D’Amato hier also eine kaum originelle, aber ansehbare und nicht ungeschickt inszenierte Story abgeliefert, die im Übrigen weitaus weniger explizit ausfällt, als man das angesichts der sonstigen Werke des Mannes erwarten könnte: Abgesehen davon, daß Kristine Rose hier und da mal ihre Kleidung verliert, ist der Erotikgehalt geradezu mainstreamtauglich – D’Amato konzentriert sich eher auf das verführerische Vorspiel und den Noir-Plot als auf die blanken Reize seiner Hauptdarstellerin. Inwieweit man das als Lob- oder als Kritikpunkt versteht, hängt wohl davon ab, was man hier sehen will.

Forbidden Affairs (Italien 1990)
Originaltitel: Il Fiore della Passione
Alternativtitel: Passion / Passion’s Flower
Regie: „Joe D’Amato“ (= Aristide Massaccesi)
Buch: „Daniel Steel“ (= Daniele Stroppa)
Musik: „George Bertuccelli“ (= Giorgio Bertuccelli)
Kamera: „Federiko Slonisko“ (= Aristide Massaccesi)
Darsteller: Kristine Rose, Robert LaBrosse, Kristine Frischhertz, Jack Ciolino, Laura Gemser

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Christian Genzel
Christian Genzel arbeitet als freier Autor und Filmschaffender. Sein erster Spielfilm DIE MUSE, ein Psychothriller mit Thomas Limpinsel und Henriette Müller, erschien 2011. Außerdem drehte Genzel mehrere Kurzfilme, darunter SCHLAFLOS, eine 40-minütige Liebeserklärung an die Musik mit Maximilian Simonischek und Stefan Murr, und den 2017 für den Shocking Short Award nominierten CINEMA DELL' OSCURITÀ. Derzeit arbeitet er an einer Dokumentation über den Filmemacher Howard Ziehm und produziert Bonusmaterial für Film-Neuveröffentlichungen. Christian Genzel schreibt außerdem in den Bereichen Film, TV und Musik, u.a. für die Salzburger Nachrichten, Film & TV Kamera, Ray, Celluloid, GMX, Neon Zombie und den All-Music Guide. Er leitet die Film-Podcasts Lichtspielplatz, Talking Pictures und Pixelkino und hält Vorträge zu verschiedenen Filmthemen.

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