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[Film / Gastbeitrag] Hobo with a Shotgun (2011)

Der ehrenwerte Don Arrigone, der für uns schon frohen Mutes den SCHULMÄDCHEN-REPORT, 6. TEIL rezensiert hat, meldet sich mit einem Gastbeitrag über den Rutger-Hauer-Klopper HOBO WITH A SHOTGUN zurück.

Fans von Rutger Hauer haben es seit den späten Achtzigern nicht mehr leicht. In großen Produktionen wie BATMAN BEGINS oder SIN CITY taucht der sympathische Blondschopf nur noch in Nebenrollen auf, und längst nicht alle Filme, in denen ihm doch die Hauptrolle vergönnt war, erreichen den Unterhaltungswert eines SPLIT SECOND. All jene, die ihm trotz dröger Schinken wie dem berechenbaren FATHERLAND die Treue hielten, wurden 2011 allerdings ein weiteres Mal belohnt: Auch wenn HOBO WITH A SHOTGUN weder Rutgers Karriere retten wird, noch das verdiente Alterswerk ist – Spaß macht er auf jeden Fall.

Der Film beginnt mit der Ankunft unseres namenlosen Obdachlosen in „Hope Town“, wobei dem Publikum bald bewußt wird, daß weder der Name der Stadt noch die anfangs betont fröhliche Farbgebung Programm sind. Denn kaum angekommen, muß der Hobo erleben, wie einige Verbrecher einem Mann eine Halskrause in Form eines Kanaldeckels anlegen, ihn anschließend in den Gulli stoßen, und ihm schließlich an einem Auto befestigten Stacheldraht um den Hals binden. Enden kann dieser höchst konstruierte, aber zugegebenermaßen innovative Gewaltexzess natürlich nur in einer Enthauptung und einer beeindruckenden Blutfontäne, unter der dann auch prompt eine Frau im weißen Bikini tanzt – ein halbherziger Versuch, dem in dieser Hinsicht äußerst zahmen Streifen etwas Sexappeal zu verleihen.

Noch am selben Abend muß unser wohnungsloser Held in leidvoller Erfahrung lernen, daß solche Ereignisse in Hope Town, nun in deutlich düstereren Farbtönen gezeichnet, keineswegs eine Ausnahme darstellen. Zwar gelingt es ihm, die Prostituierte Abby vor Slick, dem Sohn des Verbrecherbosses Drake, zu retten, doch als er den spätpubertären Schuft der Polizei übergibt, entpuppt sich diese als korrupt. Anstelle des Delinquenten wird der Obdachlose bestraft: Unter Mithilfe der Polizei ritzt ihm Slicks Bruder Ivan das Wort „Scum“ in die Brust. Schließlich wird er zum Müll geworfen und als „street trash“ verhöhnt – eine der Anspielungen auf andere Exploitation-Filme bzw. das Genre an sich.

Der Hobo freundet sich nun mit Abby an und erzählt ihr von seinem Traum: Eigentlich will er sich sein Geld durch ehrliche Arbeit verdienen, und zwar indem er Leuten gegen Geld den Rasen mäht. Dafür braucht es bekanntlich entsprechendes Gerät, und bis er sich solches leisten kann, ist er auf Betteln angewiesen. Am nächsten Morgen ist er allerdings von Hope Town, wo schon einmal ein pädophiler Weihnachtsmann ungestraft kleine Kinder entführt, derart angeekelt, daß er sich entschließt, seinen Traum zu verwirklichen, koste es, was es wolle ($49,99). Er verdient sich das fehlende Geld, indem er sich von einem sadistischen Kameramann dabei filmen läßt, wie er auf Glasscherben kaut. Damit beweist HOBO WITH A SHOTGUN, daß er sich durchaus bewußt ist, wie er selbst zu unterhalten versucht, denn außer Rutger vermag bisher nur die Gewalt zu „faszinieren“.

Es kommt, wie es laut Titel kommen muss: Gerade als unser Held sich endlich den Rasenmäher kaufen will, wird der Laden überfallen, und statt zum Gartengerät greift er zum Gewehr, das praktischerweise gleich viel kostet. Ohne groß zu zögern schickt er die Räuber über den Jordan, bevor wir in einer Montage sehen, wie er nun weiter in Hope Town aufräumt. Dank cooler Oneliner und überraschend pointierter Zeitungschlagzeilen wie „Hobo stops begging. Demands change“ stellt diese Sequenz einen der Höhepunkte des Filmes dar.

Der weitere Film steuert dann recht zielstrebig und ohne große Überraschungen, dafür mit viel unnötiger Gewalt, der abschließenden Auseinandersetzung zwischen dem Hobo und Drake entgegen. Für Unterhaltung sorgt lediglich noch die Konfrontation mit dem Duo The Plague, die entfernt an Robocop gemahnen – nur, daß die Bauteile hier eindeutig vom Schrottplatz stammen. Cooler Achtziger-Jahre-Rock bei ihren Auftritten, grelle Beleuchtungseffekte, sowie äußerst innovative Tötungsmethoden gleichen dieses Manko allerdings mehr als nur aus und liefern die Grundlage für einen durchaus unterhaltsamen Showdown.

Es dürfte inzwischen klar geworden sein, daß HOBO WITH A SHOTGUN primär durch Gewaltorgien zu unterhalten versucht, und es erst in zweiter Linie eine Rolle spielt, wie stark sich der Film seiner selbst bewußt ist. Gerade wenn dieser Aspekt dominant wird und die Ereignisse genügend ironisch gebrochen werden, läuft der Film zu seinen (leider zu wenigen) Höchstleistungen auf. Ansonsten ist es eben eine Geschmacksfrage, inwiefern man sich für kreativ inszenierte Blutbäder begeistern kann. Und auch Trashfans haben guten Grund, geteilter Meinung zu sein. Anspielungen auf Exploitationfilme wie SILENT NIGHT DEADLY NIGHT sind ein schöner Zug, doch durch die bewußte Hommage erhebt sich HOBO auch über jegliche Kritik: „Das ist nicht schlecht, das ist Absicht.“



Hobo with a Shotgun (USA 2011)
Regie: Jason Eisener
Drehbuch: John Davies
Kamera: Karim Hussain
Darsteller: Rutger Hauer, Brian Downey, Gregory Smith, Nick Bateman, Molly Dunsworth, Rob Wells

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Don Arrigone
Als Kind ausgesetzt und im Kloster zum Heiligen Massacesi aufgezogen. Zeigte schon in jungen Jahren Interesse an jeglicher Art von Film, insbesondere aber an den Genres Horror und Thriller. Studium der Theologie, Magisterarbeit zur Darstellung der Nonne im italienischen Film des 20. Jahrhunderts. Priesterweihe, und Beitritt zum Geheimorden der Fratri Rossi. Tod während einer nächtlichen Orgie, aufgrund seines sündigen Lebenswandels hinabgefahren in die Hölle. Gefangen im 9. Zirkel der Unterwelt und somit gezwungen, bis zum jüngsten Tag Videothekenfutter zu rezensieren.

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