In der wundervollen Doku CORMAN’S WORLD steht Produzent Roger Corman am Set von DINOSHARK und erklärt die dem Film zugrundeliegende Philosophie: „We feel the monster should kill somebody fairly early, and then at regular intervals through the picture.“ Mir gefällt das: Ich mag es, wenn ein Filmemacher so ein B-Movie nicht unnötig verkompliziert. „The first kill should be quite shocking“, fährt Corman dann fort, „the other kills can be a little bit less shocking as we build up. And then, of course, the climax: everything goes, blood all over the screen“. Jaja, der mittlerweile 86-jährige Filmemacher versteht etwas von cineastischen Erfolgsformeln.
Natürlich ist der DINOSHARK – wie auch der Großteil der anderen zwölfundsiebzigtausend Corman-Produktionen – eine veritable Billigsause, die sich mit kleinem Budget an einen großen Erfolgsfilm anhängt. Der Dinohai hält sich, wie es ja jeder anständige Haifischfutter-Rip-Off-Streifen machen muß, streng an Spielbergs DER WEISSE HAI. Corman hatte schon 1979 in diesem Territorium geangelt, als er den jungen Regisseur Joe Dante auf den ironisch-schwarzhumorigen PIRANHA ansetzte. Für den DINOSHARK ist leider kein solches Naturtalent am Werk, aber immerhin hat Regisseur Kevin O’Neill zuvor an den Effekten für das PIRANHA-Remake gearbeitet.
Der durch die Handlung paddelnde Dinohai stammt übrigens aus dem ewigen Eis, das durch die globale Erwärmung schmilzt und so gleich zu Beginn des Films fiese kleine Kaulquappen ins Wasser setzt. Drei Jahre später taucht ein ausgewachsener Urzeithai dann vor der Küste von Mexiko auf, und unsere beiden Protagonisten Trace (mit Boot und festmontierter Sonnenbrille) und Carol (ohne Boot, dafür blonde Meeresbiologin mit strandtauglichem Vorbau) müssen das Vieh stoppen, bevor gar kein Tourist mehr überbleibt.
Die generelle Struktur des Plots wurde ja im obigen Zitat schon von Corman erläutert, dessen Ablaufbeschreibung sich mit dem tatsächlichen Prozedere hinreichend deckt. Kümmern wir uns also mal nicht allzu genau um den Plot – den wir ja ohnehin schon in Spielbergs Original und in sämtlichen Kopien zur Genüge immer wieder gesehen haben – sondern frühstücken flott die besonderen Merkmale dieses unappetitlichen Ungetiers ab:
1) „Quite shocking“, wie Corman die erste Freßattacke des Hais bezeichnet, ist die Sequenz natürlich nur, wenn man noch nie vorher irgendeinen Haifischfilm gesehen hat. Und selbst dann könnte man zu dem Schluß kommen, daß das alles bei diesem Spielberg-Film vielleicht viel aufregender gemacht sein wird. Immerhin punktet der zweite Haiangriff damit, daß plötzlich ein großes Ungetüm einen Surfer verspachtelt, wo man noch entspannt damit gerechnet hat, sich jetzt lange Surf-Sequenzen mit nicht in der Handlung teilnehmenden Menschen zur Streckung auf Spielfilmlänge ansehen zu müssen. Von wegen! Man sieht lange Surf-Sequenzen mit nicht in der Handlung teilnehmenden Menschen zur Streckung auf Spielfilmlänge, und in der letzten Einstellung springt dann flugs ein Hai durchs Bild.
2) Trace, der von Eric Balfour gespielt wird, trägt in den meisten Szenen eine Sonnenbrille, was wohl seine Coolness steigern soll, aber auf Dauer ein bißchen den Eindruck erweckt, als wolle man ein blaues Auge oder alkoholvernebelten Blick kaschieren. Oder, noch schlimmer – es wirkt gar so, als ob Balfour gar nicht mit vollem Herzen und Einsatz dabei war. Sehr schön anzusehen ist dagegen natürlich Iva Hasperger als Carol, wobei die als Meeresbiologin ungefähr so glaubwürdig wirkt wie Peter Alexander als Drogendealer. Es sei an dieser Stelle noch eine herausragende Szene erwähnt, in der Carol über das Internet nach Informationen zu dem gesichteten Urzeithai sucht und dann, als sie wichtige Informationen findet, aufgeregt ihr Oberteil auszieht.
3) Der Hai besteht manchmal aus Gummi – wenn Nebendarsteller zwischen seinen Zähnen landen und dann im Wasser herumzappeln müssen – und meistens aus CGI. Für letztere Variante drängen sich einige Adjektive auf, aber „überzeugend“ steht dabei nicht an oberster Stelle. „Teuer“ übrigens auch nicht.
4) Wie üblich glaubt mal wieder niemand, daß ein menschenfressender Hai gesichtet wurde. Was in diesem Fall natürlich daran liegen könnte, daß Trace irgendetwas von Dinosauriern faselt und es dabei verabsäumt, eine Kausalität zwischen dem Saurierhai und der zuvor an den Strand gespülten zweigeteilten Frau herzustellen. Irgendwann rafft sich die Polizei dann aber mal auf und versucht, den Hai mit einer Art Wassersperre aufzuhalten – über die der gefräßige Geselle dann einfach hinwegspringt! Die Polizei ballert ins Wasser, trifft aber nicht – was wiederum damit zusammenhängen könnte, daß die Polizisten fast alle geradeaus schießen und nicht schräg nach unten. Bei der mexikanischen Polizei gibt es offenbar noch Trainingsdefizite.
5) In einer besonders schönen Sequenz springt der Hai aus dem Wasser und beißt sich an einem Hubschrauber fest, den er dann nach unten zieht. „You’re gonna need a bigger chopper“, sagt daraufhin Eric Balfour. Das würde noch mehr Punkte bekommen, wenn nicht Bruno Mattei in seinen HAI-Rip-Off THE BEAST – UNHEIMLICHE TIEFE eine ebensolche Abwandlung des berühmtesten Zitats aus dem Originalfilm eingebaut hätte – und das völlig ernst, was es natürlich umso erheiternder macht. Wenigstens zog bei Mattei der Hai den Helikopter nur nach unten, weil er eine Harpune mit Seil verschluckt hat – den Hochsprung mit Helikopter-Kür gibt es nur in DINOSHARK.
6) Oh ja, zum Schluß gerät der Hai ins Touristengebiet, wo gerade eine Wasserschau dargeboten wird und junge Mädchen Volleyball spielen. Weil eines der Mädchen vor Angst nicht aus dem Wasser kommen kann, springt Carol hinein, um sie zu retten – sehr ehrenhaft natürlich, aber es läßt doch Rückschlüsse auf ihre deduktiven Fähigkeiten zu, wenn sie ernsthaft glaubt, daß dem Untier damit nicht nur einfach mehr Futter geboten wird. Weil Carol dann übrigens in Bedrängnis gerät, hüpft ein Freund von Trace auch noch hinterher, um die Mädels herauszuziehen – und erringt im tödlichen Kampf gegen den Hai dann leider nur eine Silbermedaille.
7) Besagter Freund steuert vor seinem ruhmreichen Abgang noch einen genialen Plan bei: Man könnte doch einfach den Hai mit einer wuchtigen Panzerfaust begrüßen. Flugs holt sich der gute Mann dann auch von irgendwelchen Army-Freunden einen ganzen Truck voll schwerem Geschütz. Vermutlich hatten die eh zuviel davon herumstehen. Daß er die Panzerfaust dann aus zwei eher nach Plastik aussehenden Teilen zusammenschrauben muß, läßt allerdings den leisen Verdacht aufkommen, daß ihn seine Army-Kumpels entweder angeschmiert haben, oder daß er die Panzerfaust doch nur aus dem Yps-Heft bekommen hat.
8) Roger Corman höchstselbst spielt übrigens die Nebenrolle des Dr. Reeves, der als Meeresbiologe der einzige ist, der unseren Helden die Existenz des Dinohais abkauft. Nachdem Carol ihm einen vom Hai verschluckten Schiffspeilsender übergibt (der an den Strand gespült wurde), kann Dr. Reeves DNA-Spuren des Tieres an dem Objekt finden. Mit dieser unbekannten DNA – so glauben sowohl Carol als auch Dr. Reeves – kann die Existenz des Urzeithais bewiesen werden. Wieso irgendwelche DNA beweisen soll, daß es sich um einen Saurierhai handelt, ist mir schleierhaft – mit welcher anderen DNA wird denn das bitteschön abgeglichen? – aber vielleicht sind unsere beiden Wissenschaftler ja nicht auf die angesehenste Universität gegangen.
9) Dr. Reeves untersucht die gefundene DNA unterm Mikroskop und betrachtet dabei lange Zeit bunte Seifenbläschen. Dann ruft er Trace und Carol an und erklärt, daß der Haifisch stark gepanzert ist und deswegen nur durch einen Schuß ins Auge umgebracht werden kann. Offenbar beherrscht Reeves ganz bahnbrechende Methoden der DNA-Analyse, wenn die ihm derartige Resultate geben kann! Es sei noch angemerkt, daß Corman genauso gut spielt wie alle anderen Darsteller im Film.
10) Weder Carol noch Dr. Reeves zeigen sich sonderlich besorgt, daß alle anderen Menschen das Urzeittier sofort umbringen möchten. Einfangen und studieren wäre ja auch irgendwie langweilig! Weg mit dem Kroppzeugs! In einer späten Szene äußert Carol kurz Bedenken, stimmt dann aber prompt dem oben ausgeführten Plan mit der US-Army-Raketenwerfern zu.
11) Meine weiteren Notizen zu diesem leidlich unterhaltsamen Billigstreifen wurden leider vom Haifisch gefressen. Der nächste Film, bitte!
Dinoshark (USA 2010)
Regie: Kevin O’Neill
Buch: Frances Doel, Guy Prevost
Darsteller: Eric Balfour, Iva Hasperger, Aarón Diaz, Humberto Busto, Roger Corman, Christina Nicole
FSK: 16
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