„A Bill Osco Production“. „Written and Directed by Jackie Kong“. Da knabbert die Maus kein Review kurz: Es muß weit ausgeholt werden, wenn diese Buchstaben in den Credits eines Films auftauchen – vor allem, wenn es sich dabei um den ersten Film handelt, den diese beiden Menschen zusammen gemacht haben: THE BEING, entstanden im Jahre 1980 als EASTER SUNDAY, fertiggestellt 1981, aber erst 1983 unter neuem Titel auf die Öffentlichkeit losgelassen.
Fangen wir also bei William Osco an, der lange Zeit von sich behauptete, dem Osco-Clan zu entspringen, welchem wiederum die amerikaweite Drogeriemarktkette Osco Pharmacy gehört. Osco gründete Ende der Sechziger zusammen mit Howard Ziehm die Firma Graffitti Productions, die zunächst ganz billige Sexfilmchen produzierte, bis sie 1970 den weltersten Porno-Kinofilm auf die Beine stellte: MONA. Weil Pornographie seinerzeit noch nicht legalisiert war, tauchten ihre Namen im Film nicht auf – die Wahrscheinlichkeit, verhaftet zu werden, war weitaus geringer, wenn die Polizei nicht wußte, wer man war.
Ein entspannter Cop auf Monsterstreife: Mortimer Lutz (Bill Osco, mit Marianne Gordon). |
Dem Geldfluß tat es freilich keinen Abbruch, und so warf Graffitti eine Reihe weiterer Pornos auf den Markt, bis man sich an ein geradezu ungeheuerliches Unterfangen wagte: Einen Science-Fiction-Porno mit animierten Monstern und anderen Spezialeffekten, als Persiflage auf alte Serials konzipiert! Beim Dreh dieses Ungetüms mit dem schönen Titel FLESH GORDON überwarfen sich Osco und Ziehm, und Osco zog von dannen und produzierte stattdessen eine Porno-Musical-Variante von ALICE IN WONDERLAND und anderen Exploitationramsch. Er wollte sich dabei nicht nur als Produzent etablieren, sondern auch als veritabler Schauspieler: Im 1973 von ihm produzierten Reißer COP KILLERS übernahm er eine der Hauptrollen – aber der Film ging unter, und so wurde nichts aus der Filmstarkarriere.
In den Achtzigern trat Jackie Kong auf den Plan, die Schwester der mit Regisseur Donald Cammell verheirateten China Kong. Sie wurde Oscos Ehefrau und führte bei vier von ihm produzierten Filmen Regie. Kong wurde am Set „Queen Kong“ genannt – vielleicht in liebevoller Anspielung auf Frank Agramas Trashmutation selbigen Titels, wahrscheinlicher aber doch wegen ihrer angeblich wenig umgänglichen Art – und bewies mit ihren Filmen, daß auch Frauen blutrünstigen Horrorschlock und bezaubernd infantilen Klamauk mit furzenden Zwergen inszenieren können. Von ihren Filmen ist THE BEING definitiv der bravste – ein gering budgetiertes Monster-Movie mit Blut und Schleim und einem leisen Augenzwinkern – und Osco sah ihn als perfekte Gelegenheit, seine eingebremste Schauspielkarriere wiederzubeleben. Dabei zeigt er durchaus Bescheidenheit: Auch wenn er die Hauptrolle des Films spielt, listet er sich selber doch nur an sechster Stelle im Vorspann – unter dem Namen „Rexx Coltrane“ – und wechselt den Namen für den Abspann flugs zu „Johnny Commander“. Es könnte daran liegen, daß er allem Anschein nach nachträglich von einem anderen Schauspieler synchronisiert wurde.
Ruth Buzzi freundet sich mit dem Monster an. |
Erläutern wir ganz kurz die Handlung: Ein Monster tötet Menschen. Na schön, lassen wir uns zu einer ausufernderen Handlungssynopsis hinreißen: Weil in der verschlafenen amerikanischen Kleinstadt Pottsville – bekannt für seine lukrative Kartoffelernte – radioaktiver Müll in den Fluß gepumpt wird, läuft auf einmal ein mutiertes Schleimmonster durch die Nacht und verspeist nicht nur die Erdäpfel. Während das Glibbervieh wahl- und sinnlose Teenager attackiert, haftet sich ein Polizeichef mit dem klangvollen Namen Mortimer Lutz (Bill Osco) an dessen Fersen. Der frisch aus dem WEISSEN HAI importierte Bürgermeister der Stadt (José Ferrer!) will natürlich keine Panik und bangt um die Kartoffelernte, weshalb er sämtliche Berichte über ein menschenmordendes Ungetier als Unfug abtut, aber zum Glück hilft ein durch die Stadt tingelnder Wissenschaftler (Martin Landau!!), der im Geigerzählerbedienen mehr Erfahrungspunkte hat als die anderen Charaktere.
Und jetzt kommt die kleine Überraschung: THE BEING ist gar nicht mal so schlecht. Das bedeutet nun freilich nicht, daß der Film gar so gut wäre, und für eine Wertschätzung seiner Qualitäten müssen gewisse Abstriche gemacht werden. Osco spielt, als hätte er einen Liter Pferdetranquilizer intus, und generiert somit relativ wenig Energie. Die Effekte sind teils eher sparbuchschonend – da versteckt das Monster grünen Wackelpudding in Oscos Bett, und im großen Showdown rollt das Untier, das wir nie ganz sehen, offenbar auf einem Wagen montiert durchs Bild. Und obendrein – es mag überraschend erscheinen, aber es sollte laut ausgesprochen werden – macht das Teil ungefähr so viel Sinn wie Frühstücksfernsehen: Natürlich geht es um gar nichts.
Radioaktives Wasser? Humbug! Prost, Ihr Martin Landau! |
Es darf die Verteidigung anrücken: Für einen billigen B-Blödsinn ist THE BEING durchaus kompetent inszeniert und stimmungsvoll konzipiert. Eine augenzwinkernde Prise Humor und Selbstironie hilft gewaltig: In einem Drive-In-Kino, in dem sich Teenager einen billigen Monsterfilm ansehen, trifft das Schleimtier einen zugekifften Hippie, der die Scheibe herunterkurbelt, um ihm ein herzhaftes „Fuck you“ zu wünschen. Der Wissenschaftler Landau trinkt in einer Fernsehsendung todesmutig ein Glas Flußwasser und zeigt mit dem Geigerzähler, daß selbst seine Armbanduhr mehr Radioaktivität aufweist. Und in der Stadt herrscht mehr Aufregung über die geplante Eröffnung eines Massagesalons als über das Monster. „Das ist der wirkliche Schmutz, den wir von den Straßen fegen müssen“, wettert ein Bewohner über den anstößigen Massagebetrieb.
Die Besetzung steigert den Spaß: Martin Landau und José Ferrer verleihen dem Film mehr Klasse, als die Geschichte eigentlich verdient, aber ersterer spielt mit sämtlichem Enthusiasmus, den zweiterer nicht im Ansatz aufbringen kann. So trantütig Osco selber auch durch den Film schlafwandelt, so eigentümlich sympathisch wirkt sein stoischer Polizist. Sogar Papiertütenkomiker Murray Langston und Ex-Kenny-Rogers-Ehefrau Marianne Gordon sind zu sehen. Weil wir gerade zwei Absätze lang so begeistert sind: Der Film bewegt sich in angenehmem Tempo voran, ist gelegentlich ranzig, gelegentlich komisch, und das Finale ist – das ringen wir uns jetzt auch noch ab – spannend.
Im letzten Film noch ein Cop Killer, diesmal selber ein Cop: Bill Osco in seiner zweiten (und letzten) Hauptrolle. |
Das reicht jetzt aber wieder. Sonst kommt doch noch irgendwer auf die Idee, sich den Film dringend ansehen zu wollen. Das kann man durchaus machen, wenn man sich mit ein paar Bierdosen bewaffnet und 81 Minuten Spaß mit einem schleimigen Monsterfilm haben will. Aber die Veranlagung dazu sollte man dann doch in gehörigem Maße mitbringen.
Mehr Osco auf Wilsons Dachboden:
COP KILLERS (1973)
FLESH GORDON (1974)
THE UNKNOWN COMEDY SHOW (1982)
POLICE PATROL – DIE CHAOTENSTREIFE VOM NACHTREVIER (1984)
URBAN LEGENDS (1994)
CAT FIGHT WRESTLING: Furiose Frauenzimmer in leeren Lagerhallen
The Being (USA 1981)
Arbeitstitel: Easter Sunday
Alternativtitel: Mutant Monster
Regie: Jackie Kong
Buch: Jackie Kong
Produktion: Bill Osco
Musik: Don Preston
Darsteller: Martin Landau, José Ferrer, Dorothy Malone, Ruth Buzzi, Bill Osco
Länge: 81 Minuten